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Hobby zum BerufGeflüchtete Ukrainerin kocht bei „Freddies“ in Hürth als Quereinsteigerin

Lesezeit 3 Minuten
Fred Pakoßnik und Anna Kulakova in der Küche

Eine Spezialität aus der Ukraine sind gefüllte Teigtaschen, die Anna Kulakova und Fred Pakoßnik inzwischen öfter für die Gäste im Freddies zubereiten.

Anna Kulakova ist im März aus der Ukraine geflüchtet. Jetzt bietet sich ihr die Chance, ihr Hobby zum Beruf zu machen – das Kochen.

Kochen, das war für Anna Kulakova (32) früher immer ein Ausgleich zu ihrem Beruf, ein Hobby, dem sie mit viel Liebe, Kreativität und Sorgfalt nachging. Nie hätte sie jedoch gedacht, dass sie fernab ihrer Heimat, der Ukraine, in Hürth-Gleuel einmal den Beruf der Köchin erlernen würde. Doch genau das soll passieren.

Aktuell jedenfalls setzen sie und der Gastronom Fred Pakoßnik alles daran, damit der Traum der Ausbildung Wirklichkeit wird. Nach Studium und Master in Touristik-Management hatte Anna Kulakova eine Boutique für Brautmoden in ihrer Heimat eröffnet. „Ich hatte Brautkleider und Hochzeitsanzüge im Angebot“, erzählt sie.

Anna Kulakova dachte: „Dieser Krieg kann nicht lange dauern“

Doch eine so gehobene Ausstattung für Hochzeiten könnten sich in Kriegszeiten die Menschen in ihrer Heimat gar nicht mehr leisten. Ihre Boutique sei inzwischen geschlossen, leergeräumt und verwaist. Mit ihren Schwestern, ihren beiden Kindern und ihrer Mutter ist sie am 10. März 2022 nach Deutschland geflüchtet.

„Eigentlich dachten wir alle, dass wir nur ein paar Tage bleiben müssen“, erinnert sie sich. „Dieser Krieg kann nicht lange dauern“, war sie fest überzeugt. Deswegen hätte sie auch nur ein paar Kleidungsstücke für ihre Kinder und sich eingepackt und die wichtigsten Papiere.

Anna Kulakova lebte mit ihrer Familie etwa 70 Kilometer von Kiew entfernt. Dort arbeiten jetzt ihr Ehemann, die Ehemänner ihrer Schwestern und ihr Vater in der territorialen Verteidigung. Es vergehe kein Tag, an dem sie sich nicht um sie sorge. „Es ist wirklich hart, dass wir nicht zusammen sind, und es tut weh, sie dort im Krieg zu wissen“, sagt sie: „Keiner weiß, wie lange dieser Krieg dauern kann.“

Ihre Kinder gehen jetzt erst einmal in die deutsche Schule, sie selbst besucht drei Tage in der Woche den Deutschkursus. „Deutsch ist eine schwere Sprache“, hat sie festgestellt. Dann widmet sie sich wieder dem Dessert – der Kiew-Torte im Glas, die sie selber kreiert hat.

Fred Pakoßnik entdeckte zufällig Annas Talent

Seit April 2022 arbeitet Anna Kulakova in Freddies Gastronomie im Clubheim des Tennis-Clubs Rot-Weiß Gleuel an der Barbarastraße 60. „Über eine befreundete Ukrainerin habe ich von Anna erfahren“, berichtet Inhaber Fred Pakoßnik. Sie habe damals Arbeit gesucht.

Zunächst habe er ihr eine Putzstelle angeboten. Erst als er krank zu Hause lag und ihm seine neue Putzfrau einige selbst zubereiteten ukrainische Spezialitäten vorbeibrachte, bemerkte der Gastronom ihr eigentliches Talent. „Sie hat mir „Varenyky z miaso to shkvarochkamy“ zubereitet, das sind handgemachte, mit Schweinefleisch und Speckbutter gefüllte Teigtaschen“, berichtet Fred Pakoßnik. Da habe er ihr handwerkliches Geschick erkannt und ihr Gefühl für das feine Abschmecken.

Im Freddies gibt es bereits ukrainische Gourmetwochen

Direkt hat er sie zur Küchenhilfe befördert. Inzwischen laufen alle Vorbereitungen, damit Anna Kulakova demnächst eine Ausbildung zur Köchin in seinem Lokal beginnen kann. „Das wäre ein Traum“, schwärmt sie. Im Freddies ist sie jetzt unter anderem für die Nachspeisen zuständig. Auch ukrainische Gourmetwochen gab es schon.

„Dauerhaft wollen wir künftig auch immer mindestens ein ukrainisches Gericht auf der Speisekarte etablieren“, berichtet Fred Pakoßnik. „Die ukrainische Küche hatten wir hier ja vor dem Krieg gar nicht wirklich auf dem Schirm.“ Ihm persönlich habe Anna Kulakova da ein ganz neues Fenster geöffnet. „Und für meine Küchenhilfe ist es auch toll, die kulinarische Vielfalt ihrer Heimat hier zeigen zu können“, ergänzt er.