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Hürther organisieren Online-ChorEx-Wise-Guys-Mitglied leitet virtuelle Probe

Lesezeit 3 Minuten

Die meisten der zugeschalteten Sängerinnen und Sänger zeigten sich dem Chorleiter Hüneke auch über ihre Webcam.

Hürth-Hermülheim – Eigentlich hatte Eddi Hüneke am Samstagnachmittag in der Hürther Friedenskirche einen Chorworkshop durchführen wollen. Rund 100 Anmeldungen habe er für „Eddi plus Chor“erhalten, berichtete das Gründungsmitglied der A-cappella-Band „Wise Guys“, bei einem Gespräch im Garten seines Hauses in Hermülheim.

Es sei ja aber „alles anders“ gekommen. Deshalb habe er nicht nur einen Ersatztermin für den Probennachmittag und das anschließende Konzert für den 29. August in der Friedenskirche vereinbart, sondern im Keller seines Hauses alle Vorbereitungen für eine virtuelle Chorprobe getroffen. Es solle ein „Ausgleich in dieser langweiligen Zeit“ sein.

Freilich eine Probe mit experimentellem Charakter, denn „Chorarbeit online“ sei ein schwieriges Unterfangen, räumte Hüneke ein. Beim für das Singen so wichtigen Timing kämpfe jeder der beteiligten Rechner mit einer anderen Latenz, also Zeitverzögerung.

Hürther singen vor der Webcam

Die technischen Schwierigkeiten habe bereits ein erstes Experiment mit einem kleinen Chor aus Kürten zu Beginn des Shutdowns aufgezeigt, schilderte Hüneke. Es habe viele Rückkopplungen gegeben, als alle ihre Mikrofone freigeschaltet hätten.

Aus seinem Keller leitete Eddi Hüneke die virtuelle Chorprobe.

Wie sie trotzdem irgendwie miteinander singen konnten, erfuhren an diesem Nachmittag etwa 25 Teilnehmer, die sich in die virtuelle Probe eingewählt hatten. Einige machten zu zweit vor dem PC mit, viele nutzten die Webcam. Hüneke sah sie die mehr oder weniger scharf gezeichneten Gesichter auf dem Bildschirm seines Laptops, an das er die Tastatur seines Keyboards angeschlossen hatte.

„Hallo Bernd, Kathi, Pia, Maria – da kommen plötzlich ganz viele“, bemerkte Hüneke. „Ah, ich hör’ was, wunderbar“, meldete sich eine Frau zu Wort. Bevor die Gesangsstunde los ging, beantworteten die Teilnehmer aus Hürth, Düsseldorf und Köln rasch noch einen eingeblendeten Fragenkatalog. Die wohl wichtigste Information für den Chorleiter: Es waren viele Sopran-, einige Altstimmen, allerdings nur wenige Bassisten und gar kein Tenor online. „Na, eben das übliche Bild in Chören“, konstatierte Hüneke.

Zeitlich versetztes Singen ist trickreich

Wie scheußlich es sich anhört, wenn alle bei offenen Mikrofonen die Liedzeilen „Doch dieser Engel ist da, um dich zu schützen und zu halten“ aus einem alten Wise-Guys-Song singen, demonstrierte Hüneke, indem er den zeitlich versetzten Gesamtklang kurz freischaltete. Und so meckerte auch keines seiner „Versuchskaninchen“, als er verkündete: „Ich muss euch stumm schalten, das klingt gemein.“ Das heiße aber auch: „Keiner kann euch hören, keiner braucht sich zu schämen.“

Stummschalten, nur mit diesem Trick kann die Illusion eines gemeinsamen Singens funktionieren, hatte Hüneke herausgefunden. Einstmals hatte er für ein anderes Chorprojekt eine vierstimmige Gesangsspur von „Ein Engel“ aufgenommen, die jeder der Probenteilnehmer für sich hören konnte. Zusätzlich hörten die Teilnehmer Hünekens Gesang und sein Keyboard, wenn er die Töne für den Engel-Refrain Stimmlage für Stimmlage durchging. Der Chorleiter selbst hörte die Sänger nicht.

Für kurze Fragen konnten die Teilnehmer einen Direktkontakt zu Hüneke nutzen. Da meldete sich Uwe zu Wort: „Meine Frau neben mir ist zu laut.“ Hüneke scherzte: „Da ist ein Regler am Ohr, um sie leiser zu stellen.“

Fragen an den Künstler

Alexander fragte nach dem Takt für den ersten Refrain, Beate war der Rhythmus nicht ganz klar. „Ich bin überfordert“, fasste sich eine Frau mit beiden Händen an den Kopf. „Es macht gerade richtig Spaß“ meldete eine andere zurück.

Das Rhythmusgefühl eines jeden einzelnen konnte Hüneke durch Zuschalten eines Metronoms schulen. „Ich übe gerne mit Metronom, ein Superinstrument, um rhythmisch präziser zu werden“, warb er für den vielfach ungeliebten Rhythmusgeber.

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Schließlich spendeten sich die Teilnehmer nach dem Durchsingen des Liedes gegenseitig Applaus und bekräftigten: „Es hat doch Spaß gemacht“. Und Chorleiter Eddi Hüneke zog zum Ende der „historischen Stunde“ doch ein ehrliches Fazit: Es sei nämlich „total bescheuert“ sich nur zu „erahnen“, statt sich in einem Raum „zu hören und zu sehen“.