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Grausames FamiliendramaErftstadt trauert um getötete Kinder

Lesezeit 8 Minuten

Nachdem der Familienvater seine Kinder getötet hat, war es als Falschfahrer auf der A 61 unterwegs.

Erftstadt – Erftstadt trauert um zwei Kinder im Alter von zwei und vier Jahren, die am Freitagabend nach Erkenntnissen der Kölner Staatsanwaltschaft von ihrem 42-jährigen Vater durch Hammerschläge getötet wurden. Vor dem Haus im Stadtteil Kierdorf, wo die schreckliche Tat geschah, haben Menschen Kerzen, Blumen, Spielsachen und ein Schild mit der Aufschrift "Warum?" aufgestellt, um der beiden Mädchen zu gedenken.

Erftstadts Erster Beigeordneter und Verwaltungschef Volker Erner, der den Tatort aufsuchte, zeigte sich ergriffen von der Bluttat. "Das ist eine fürchterliche Tragödie. Unvorstellbar. Ich finde keine Worte dafür", sagte der Familienvater.

Die Tat geschah, nachdem die 38-jährige Mutter das Haus, in dem sie seit der Trennung von dem 42-jährigen Ehemann mit ihre Töchtern lebte, verlassen hatte, um zur Arbeit zu gehen, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Der 42-Jährige, der eine eigene Wohnung hat, sollte derweil auf die beiden gemeinsamen Kinder aufpassen.

Nach Auskunft der Polizei habe der 42-jährige Bundeswehrsoldat, der in Nörvenich stationiert ist, zuerst seine Töchter getötet und sei dann mit seinem Auto weggefahren. Gegen 20 Uhr am Freitagabend wurde die Feuerwehr zu einem schweren Verkehrsunfall auf der Autobahn 61 in Richtung Koblenz gerufen. Den 30 Feuerwehrmännern um den Swisttaler Gemeindebrandinspektor Stefan Schumacher, die zum Unfallort in Höhe des Rastplatzes Peppenhoven gerufen worden waren, bot sich ein grausames Bild. Der 42-jährige Geisterfahrer lag bereits tot auf der Straße. Zuvor hatte der Mann nach Angaben der Kölner Polizei mit seinem BMW im Bereich des Rastplatzes gewendet und war als Falschfahrer weiter gefahren. Die Polizei hat keinen Zweifel daran, dass der Mann Selbstmord begehen wollte: "Bewusst und gewollt" sei er anschließend in einen 40-Tonner gerast.

Gab es schon vorher einen Suizidversuch?

Der Mann, der nicht angeschnallt war, war sofort tot, der Lasterfahrer wurde leicht verletzt. Mehrere nachfolgende Autos konnten die Unfallstelle noch passieren, bevor ein Audi-Fahrer gegen das Unfallfahrzeug des Geisterfahrers prallte und in seinem Wagen eingeklemmt wurde. Die Feuerwehr musste das Dach des Autos abtrennen, um den schwer verletzten Mann bergen zu können.

Bis 5 Uhr war die Feuerwehr im Einsatz. Die A 61 in Fahrtrichtung Koblenz musste bis zum Samstagmorgen um 7.40 Uhr ab dem Autobahnkreuz Bliesheim gesperrt werden.

Als die 38-jährige Ehefrau am Abend gegen 22 Uhr ins Haus zurückgekehrt sei, habe sie die beiden toten Kinder entdeckt, berichtete Oberstaatsanwalt Alf Willwacher. Sie stehe unter Schock und werde psychologisch betreut. Hinweise auf das Tatmotiv liegen derzeit nicht vor. Das Tatwerkzeug wurde in dem Haus sichergestellt, so Willwacher. Nach Informationen der Rundschau soll der 42-Jährige in der Vergangenheit bereits einen Suizidversuch unternommen haben.

Mai 2012: Im schwäbischen Aldingen überlässt eine Mutter ihre drei Kinder wochenlang weitgehend sich selbst, bis die Kleinste kurz vor ihrem zweiten Geburtstag verhungert. Der acht Jahre alte Bruder musste seine beiden ein- und zweijährigen Geschwister versorgen.

August 2010: Der 19 Jahre alte Lion aus dem nordsächsischen Eilenburg stirbt nach schweren Misshandlungen. Die Mutter wird zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt, ihr Ex-Freund zu einer Jugendstrafe von vier Jahren.

Juli 2010: Die neunjährige Anna aus Bad Honnef (Nordrhein-Westfalen) wird mit zahlreichen Hämatomen bewusstlos in der Badewanne gefunden und stirbt im Krankenhaus. Die Pflegemutter wird wegen Mordes zu einer lebenslangen Haft verurteilt.

März 2010: Die zweijährige Lea wird im oberpfälzischen Tirschenreuth tot aufgefunden. Die Richter am Landgericht Weiden verurteilen die Mutter wegen schwerer Misshandlung, Verletzung der Fürsorgepflicht und gefährlicher Körperverletzung zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis.

März 2009: Als die neun Monate alte Lara Mia tot in einer Wohnung in Hamburg gefunden wird, wiegt sie nur noch 4,8 Kilogramm. Die Mutter wird wegen versuchten Totschlags durch Unterlassung und gefährlicher Körperverletzung zu drei Jahren Jugendstrafe verurteilt.

August 2013: In einer Wohnung in Ratingen hat ein 33-Jähriger seine Tochter und sich umgebracht. Das Kind war bei ihm zu Besuch. In seinem Abschiedsbrief gab er an unheilbar krank zu sein.

August 2013: Eine 38-jährige Frau hat in Wien-Ottakring ihre zwei Töchter im Alter von sechs und neun Jahren getötet. Die Frau sprang dann aus dem Fenster ihrer Wohnung im vierten Stock, ihre Arme waren voller Narben. In einem Abschiedsbrief hatte sie "Krankheit" gekritzelt.

August 2012: Im Allgäu tötet ein Familienvater seine vier und zehn Jahre alten Söhne, dann erhängt sich der 44-Jährige an einem Bagger.

August 2012: In Dortmund versucht ein Vater, seine Kinder und sich selbst in einem Kanal zu ertränken. Ein Mädchen stirbt.

August 2012: Im rheinischen Neuss erschießt ein 35-Jähriger seine Frau und seine beiden Kinder.

August 2012: In Berlin tötet ein Mann seine Frau und zwei Söhne, bevor er sich selbst umbringt. Ein Kind überlebt. Die Ermittler sprechen von einem „erweiterten Suizid“.

2006-2012: Direkt nach der Geburt hat sie fünf ihrer sieben Kinder getötet. Die Kinder wurden erstickt oder mit einer Schere getötet. Zwei der Kinder soll sie erstickt, zwei weitere mit einer Schere getötet haben. Einem fünften Baby habe sie Blätter in den Mund gestopft. Der erste tote Säugling, ein Mädchen, wurde im März 2006 in einer Papiersortieranlage gefunden, die Leiche eines kleinen Jungen ein Jahr später in einer Plastiktüte auf einem Parkplatz ebenfalls in Schleswig-Holstein.

Dann seien drei weitere Kinder geboren worden, zwei im Wald und eines in der Badewanne in der Husumer Wohnung der Familie, hieß es. Diese Leichen versteckte die Frau im Keller des Hauses.

Immer wieder kommt es vor, dass Eltern ihre eigenen Kinder töten. Einige Fälle:

Februar 2013: Zwei kleine Mädchen in Aschaffenburg wurden vermutlich von der eigenen Mutter ertränkt. Die 32-Jährige konnte zunächst nicht vernommen werden, weil sie schwer verletzt im Krankenhaus liegt. Der Vater fand die leblosen Kinder als er am Donnerstag von der Arbeit nach Hause kam.

November 2012: Ein Vater tötet im westfälischen Lengerich seine zwei Kinder mit einem Messer. Anschließend wirft sich der 34-Jährige vor einen Zug. Die Tat gestand er zuvor seinem Vater per SMS.

Juni 2012: Weil seine Frau sich von ihm trennen will, rastet ein 37 Jahre alter Mann im niedersächsischen Ilsede aus: Er schneidet seinen vier Kindern die Kehle durch. Die drei Jungs im Alter von fünf bis neun Jahren schliefen zur Tatzeit, seine zwölfjährige Tochter aber war wach. Er wird zu 15 Jahren Haft wegen Mordes verurteilt. Die Ehefrau erfährt vom Tod ihrer Kinder durch eine SMS des Vaters.

April 2012: Eine 20 Jahre alte Frau erstickt im brandenburgischen Erkner ihre vierjährige Tochter mit einem Kissen. Die Mutter leidet an wahnhaften Vorstellungen und war zum Tatzeitpunkt vermutlich schuldunfähig.

Januar 2012: Ein Familienvater tötet in Langenfeld bei Düsseldorf seine Frau und die beiden Kinder. Der Sohn war fünf Jahre alt, die Tochter neun Monate. Dann legt er in der Wohnung Feuer und stirbt.

August 2011: Die Polizei findet in einem ausgebrannten Auto die verkohlten Leichen von zwei dänischen Mädchen im Alter von neun und zehn Jahren. Die Obduktion ergibt, dass sie bei lebendigem Leib verbrannten. Der Vater wird verhaftet. Als Motiv werden familiäre Streitigkeiten um das Sorgerecht vermutet. Der Däne wird wegen zweifachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Februar 2011: Nach einem Hausbrand in Rückeroth im Westerwald werden vier Tote gefunden. Die Obduktion ergibt, dass die 44 Jahre alte Mutter sowie die 14-jährige Tochter und der zehnjährige Sohn getötet wurden. Der 53-jährige Vater brachte seine Familie um, bevor er das Haus ansteckte und selbst umkam.

Januar 2008: Ein 44 Jahre alter Mann aus Lauda-Königshofen in Baden-Württemberg erschießt seine 42-jährige Frau sowie die neunjährige Tochter und den 15 Jahre alten Sohn. Anschließend nimmt er sich das Leben. Grund soll eine psychische Erkrankung sein.

April 2005: Ein 41-Jähriger löscht vor seinem Selbstmord im südbadischen Rheinfelden seine Familie aus. Er erschießt seine 30 Jahre alte Ehefrau, die vier und sieben Jahre alten Kinder sowie seine 74 und 79 Jahre alten Eltern. Die Frau war mit den Kindern ausgezogen und wollte die Scheidung.

Im Laufe der Ermittlungen hatte sich erst am späten Freitagabend herausgestellt, dass es sich bei dem Geisterfahrer um den Familienvater aus Kierdorf handelt. Am frühen Samstagmorgen wurden die Leichname der beiden Kinder aus dem Haus nach Köln in die Rechtsmedizin gebracht. "Dort sollen sie obduziert werden, um die genaue Todesursache zu klären", erklärte Willwacher.

Angesichts der grausamen Tat zeigten sich viele Kierdorfer geschockt. Die Familie sei im Dorfleben kaum bekannt gewesen. "In Kierdorf sind sie eher ein unbeschriebenes Blatt", sagen Alteingesessene. Im Vereinsleben des Stadtteils sei die Familie nicht integriert gewesen. Kierdorfer, die die Familie kannten, beschreiben sie als "unscheinbar". Vor rund drei Jahren ist die Familie in das Haus gezogen, in jüngster Zeit lebte das Ehepaar getrennt. Der Vater kam nach Informationen der Rundschau aus Erftstadt-Liblar, dort soll er aufgewachsen und zur Schule gegangen sein. "So etwas in der eigenen Nachbarschaft zu erleben, das ist ein Horror", so ein Kierdorfer. Die Polizisten, die die getöteten Kinder in Augenschein nehmen mussten, waren von dem grausamen Anblick geschockt.