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KommentarDebatte um ZUE in Frechen sendet gefährliche Signale

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Lesezeit 3 Minuten
Auf Plakaten machen Bürgerinnen und Bürger ihrem Unmut gegen die Unterkunft für Geflüchtete Ausdruck verliehen.

Bürger haben gegen die Entscheidung, in Königsdorf eine Unterkunft für Geflüchtete zu errichten, Unterschriften gesammelt und vor der Ratssitzung protestiert.

Was sagt es über die Gesellschaft aus, wenn Bürger verhindern wollen, in Nachbarschaft zu Geflüchteten zu leben? Die Willkommenskultur ist dahin.

Die Räume eines Schützenvereins: Bürger diskutieren über die Einrichtung einer Zentralen Unterbringungseinrichtung für Geflüchtete (ZUE). Nein, sie seien nicht grundsätzlich dagegen, dass Menschen, die Zuflucht suchen, vorübergehend in ihrer Stadt eine Bleibe finden. Und natürlich seien sie nicht rechts, wenn sie Kritik an den Plänen äußerten, und von der AfD distanzierten sie sich deutlich.

Aber: Müsse es denn tatsächlich der ausgewählte Standort sein? Hat die Stadt denn wirklich alle alternativ zur Verfügung stehenden Flächen geprüft? Und vor allem: Warum haben die Bürger, die unmittelbaren Nachbarn der geplanten Unterkunft, als Letzte von den Plänen erfahren?

Mit der Merkelschen Willkommenskultur ist es nicht mehr weit her

Wenige Monate ist dies her. Der Ort: Düsseldorf-Eller. Im benachbarten Stadtteil Eller will die Landeshauptstadt eine ZUE in einem ehemaligen Hotel einrichten. 400 Plätze. Verantwortlich für dieses Projekt: die Bezirksregierung Düsseldorf.

Die Parallelen zu den Ereignissen der letzten 14 Tage in Frechen, vor allem im 12.000 Einwohner zählenden Stadtteil Königsdorf, sind unübersehbar. Am Ende haben sich hier wie dort die Verantwortlichen aus Stadtverwaltung, übergeordneten Behörden und die Politik durchgesetzt. Wobei der Umstand des „sich Durchsetzens“ schon signalisiert, dass es mit der Merkelschen Willkommenskultur nicht mehr weit her ist – wobei sich natürlich damals gezeigt hat und es sich auch heute wieder zeigt, dass der Zuwanderung Grenzen gesetzt werden müssen. Andernfalls würden seit einigen Wochen an unseren Grenzen nicht wieder bewaffnete Beamtinnen und Beamten patrouillieren.

Eine lange Liste mit Unterschriften übergaben Gegner der ZUE in Königsdorf vor der Ratssitzung.

Eine lange Liste mit Unterschriften übergaben Gegner der ZUE in Königsdorf vor der Ratssitzung.

Dass beispielsweise der mutmaßliche Mehrfachmörder von Solingen in einer Unterkunft lebte und längst hätte abgeschoben werden müssen sowie andere Gewalttaten von Geflüchteten, macht es Verwaltung und Politik zunehmend schwerer, in der Bevölkerung ein Klima aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, das nicht von Misstrauen, Furcht und Ablehnung geprägt ist. Daher sind die Reaktionen verständlich – ob in Frechen oder in Düsseldorf.

Bedenklich ist jedoch, wenn Stadtoberhäuptern sowie politischen Vertretern jegliche Kompetenz abgesprochen wird oder aber behauptet wird, diese würden „die Menschen eh für doof verkaufen“. Bleiben wir in Frechen: Susanne Stupp ist dort seit 2015 Bürgermeisterin. Ihr zur Seite steht eine erfahrene Führungsriege. Ihnen vorzuwerfen, sie hätten es sich bei der Standortwahl für die ZUE leicht gemacht, wird der Sache nicht gerecht. Nach allem, was bekannt ist, haben sie Vor- und Nachteile umfassend abgewogen.

Eine schwierige wie verantwortungsvolle Entscheidung

Auch dass Kritiker der Standortwahl Volksvertreterinnen und -vertretern die Kompetenz und das Recht absprechen, eine solche Entscheidung zu treffen, zeugt von einem fragwürdigen Demokratieverständnis. Die 52 Frauen und Männer durften und mussten – legitimiert durch das Ergebnis der Kommunalwahl 2020 – eine gleichermaßen schwierige wie verantwortungsvolle Entscheidung treffen.

Diese Vertreterinnen und Vertreter der Frechener Bürgerschaft im Bild auf einer Zeitungsseite zu zeigen, hatte zwei Aspekte zum Ziel: Denen ein Gesicht zu geben, die zum Wohle der Frechener Stadtgesellschaft ihre Freizeit opfern und sich politisch engagieren. Und zudem deutlich zu machen, dass Politik – immer noch – im Stadtrat gemacht wird und nicht von Personen, die sich in sozialen Netzwerken hinter Spaßnamen verbergen.

Wenn auch nur eine Ratsfrau oder ein Ratsherr sich dafür rechtfertigen muss, dass er dafür stimmt, Menschen in seiner Stadt aufzunehmen, die ihre Heimat, ihr Hab und Gut und vielleicht sogar ihre Würde verloren haben – dann läuft in dieser Gesellschaft etwas gehörig in die falsche Richtung.