Der Rat entscheidet am 10. Oktober über den Kauf des Geländes und den Pachtvertrag für eine zentrale Landesunterkunft für 300 Geflüchtete.
Debatte um GeflüchteteBürger rufen zu Demo gegen geplanten ZUE-Standort in Frechen auf
„Nicht mit uns! Wir rufen zur Demo auf! Wir brauchen Eure Hilfe“ –mit einer klaren Botschaft hat sich eine Gruppe Königsdorfer in den sozialen Medien an die Öffentlichkeit gewandt, um Mitstreiter für ihr Anliegen zu finden.
Sie protestieren aus verschiedenen Gründen gegen den Plan der Stadt, für rund zwei Millionen Euro das Gelände des Gartenbaubetriebs Zirener an der Alten Aachener Straße zu erwerben und dem Land zehn Prozent der Fläche für eine zentrale Unterkunft (ZUE) für bis zu 300 Geflüchtete zu verpachten. Die Zeit ist knapp, schon am Donnerstag (10. Oktober) entscheidet der Rat über den Kauf- und den Pachtvertrag.
Bürger halten die Standortwahl für nicht durchdacht
„Wir, die direkten Anwohner der Baumschule stehen auf und wehren uns für die Art und Weise unserer Politik im Bezug des Baus der Flüchtlingsunterkunft im Naturschutzgebiet, im Wasserschutzgebiet und Naherholungsgebiet im Kottenforst Ville“, heißt es in dem Aufruf. Gleich mehrere Vorwürfe werden formuliert: Die Zurückhaltung von Informationen der Planung und den Bürgern keine Zeit zum Reagieren zu geben sowie die Zerstörung von Lebensraum schützenswerter Tierarten. Eine nicht durchdachte Standortwahl, da keine Infrastruktur vorhanden sei. Eine viel zu positive Berichterstattung der Stadt gemeinsam mit dieser Redaktion und anderen Medien.
„Wir als Königsdorfer und die Nutzer des Waldes werden übergangen! Kommt aus Eurer Wohlfühlzone, und steht für unsere Rechte ein!“, lautet der Schlusssatz der Organisatoren. Die für rund 500 Teilnehmer ordnungsgemäß angemeldete Demo soll am Donnerstag, 10. Oktober, 17 Uhr, vor dem Rathaus stattfinden. Um 18 Uhr startet die entscheidende Ratssitzung.
Die Organisatoren legen Wert darauf, dass sich ihr Anliegen nicht gegen Geflüchtete richtet, sondern darauf abzielt, eine angemessene Lösung für alle Beteiligten zu finden. Die Anwohner seien besorgt über die mangelhafte infrastrukturelle Anbindung des geplanten Standorts und die potenziellen Auswirkungen auf die Nachbarschaft. Ihr Ziel ist die Verschiebung der Ratsentscheidung, um die Sorgen der Bürger ernst zu nehmen und alternative Standorte zu prüfen.
Ausdrücklich distanzieren sie sich von entsprechenden Aufrufen der AfD. Diese hatte an einem Stand auf dem Marktplatz am vergangenen Freitag (4. Oktober) Stimmung gegen die ZUE gemacht.
Ein weiterer eindringlicher Appell erreichte die Ratsmitglieder und Bürgermeisterin Susanne Stupp am Samstagmittag per E-Mail. Im Namen „einer Gruppe sehr vieler engagierter Frechener und Königsdorfer Bürgerinnen und Bürger“ wurde ein ausführliches Schreiben mit Erläuterungen, Vorschlägen, Kritik und Konsensangeboten versendet.
Die Botschaft: „Wir bitten herzlich darum, wir erwarten und fordern Sie auf, die beiden Abstimmungen auf der Ratssitzung am 10.10.2024 im Hinblick auf den Ankauf des Geländes und die Verpachtung dieses Geländes sowie den Betrieb der ZUE zu verschieben und mit uns in den offenen Austausch zu treten. So hat beispielsweise unser Austausch ergeben, dass auch andere Grundstücke in ausreichender Größe und einer geeigneteren Lage nunmehr verfügbar sind.“
Es sei ein von allen als ein tolles, demokratisches, konstruktives, gemeinschaftsförderndes und kraftvolles Erlebnis empfunden worden, wie schnell sich zusammen gefunden, effiziente Arbeitsgruppen gebildet und Kommunikationsplattformen aufgebaut worden sei, um aus der Kraft der Gemeinschaft in einem demokratischen Prozess zu handeln: „Unser Handeln und die vielen ehrlichen Worte sind ein demokratischer Muster-Prozess, der Respekt verdient und gehört werden sollte. “
Die Gruppe beteuert ihr Verständnis für Geflüchtete: „Ebenso eindrucksvoll ist aber auch das gemeinsame, von einem tiefen von Nächstenliebe geprägte und verwurzelte Verständnis für flüchtende Menschen. Diese Menschen, die sich aus verschiedenen Gründen auf einen oftmals beschwerlichen und gefährlichen Weg machen, brauchen unsere Unterstützung, vor allem auf dem Weg der Integration.“
Dennoch hätten die Mitglieder der Gruppe den Eindruck, seitens der Verwaltung und den gewählten Bürgervertretern übergangen worden zu sein: „Auch wenn seitens der Politik zum Teil gesagt wurde, dass sie selber erst am Dienstag dieser Woche die Informationen erhalten hätten, haben wir von einem anderen Teil erfahren, dass dieses Vorhaben schon seit Monaten der Politik bekannt und von Ihnen diskutiert wird“.
Der Rat hatte bereits in seiner Sitzung am 2. Juli im nicht öffentlichen Teil einstimmig die Verwaltung beauftragt, in Verhandlungen zum Erwerb des Königsdorfer Grundstückes einzutreten.
Sie kritisieren weiter: „Die notwendige öffentliche Diskussion zu einem so massiven Vorhaben an diesem Standort ist schlichtweg an uns vorbei gegangen. Wir fragen uns, ob unter anderem die naturschutzrechtlichen Belange ausreichend geprüft und abgewogen wurden und anhand welcher Kriterien; auch dazu fehlen uns sämtliche Informationen.“
Ein für Mittwoch angebotener Austausch seitens einiger Ratsmitglieder und auch die Möglichkeit, in der Ratssitzung eine begrenzte Anzahl von Fragen zu stellen, sei richtig, aber bei weitem nicht genug und viel zu spät, um sich in angemessenem Umfang einzubringen. „Zu zahlreich sind die Fragen, zu spärlich die Informationen im Vorfeld und zu komplex die gemeinsam zu findenden Lösungen, als dass so kurzfristig alles in einem gemeinsamen demokratischen Diskurs unter Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger geklärt werden könnte und sollte.“, heißt es weiter.
„Wir treten Ihnen offen und mit der Bereitschaft, einen demokratischen Diskurs zu führen und unsere Gemeinschaft einzubringen, gegenüber und laden Sie ein, mit uns mit ausreichender Zeit gemeinsam Fragen zu klären, Sorgen aufzunehmen und Lösungen zu finden. So lassen sich auch vor allem etwaige Widersprüche und Klagen der unmittelbar betroffenen Anwohnerinnen und Anwohnern und Naturschutzverbänden gegen dieses Vorhaben in langwierigen Verwaltungs- und Gerichtsprozessen vermeiden - diese Personen und Verbände werden von uns vollumfänglich unterstützt.“ – so wird in der E-Mail appelliert, mit der Aufforderung, die Abstimmungen zu verschieben.