Erftstädter Einzelhändler in Sorge„Der Politik fehlt eine Vision, wie es weitergeht“
Erftstadt-Lechenich – Die Zeiten sind hart, sehr hart. „Aber die Einzelhändler in Lechenich geben nicht auf, sie kämpfen für ihre Zukunft und dafür, dass auch nach der Corona-Krise der Ort lebens- und liebenswert zum Leben und Einkaufen bleibt.“ Diese deutlichen Worte kommen von Andrea Riese, stellvertretende Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft Handel und Gewerbe (Ahag), die rund 100 Mitglieder hat.
„Jeder sucht nach einer Lösung für sich. Ideen und Kreativität sind gefragt“, sagt Riese. Die Unternehmerin führt selbst zwei Geschäfte an der Bonner Straße. Um weiterhin Ware anbieten und verkaufen zu können, lassen die Einzelhändler sich einiges einfallen. Manche stellen Tische vor die Ladentür und bringen Kunden die Ware zur Ansicht. Auch gibt es Läden, in denen Artikel (Bekleidung und Schuhe beispielsweise) im Schaufenster mit Nummern versehen sind. Diese werden dann vom Kunden aufgeschrieben und er kann sich das dann nach Hause zur Ansicht bringen lassen.
Rhein-Erft: Der Einfluss der Krise auf das Kaufverhalten
„Das »Modetaxi« habe sich bewährt“, berichtet Riese. Es gebe auch die Möglichkeit, dass Kunden die von ihnen gewünschte Ware fotografieren, dieses per SMS an den Einzelhändler schicken und sich dann das Gewünschte reservieren oder liefern lassen. Zudem lassen viele Ladenbesitzer Karten drucken, die an Bürger verteilt werden. Darauf stehen Informationen über Möglichkeiten der Kontaktaufnahme und Verkaufswege für die Ware. Von den Gastronomen haben nach Beobachtung der Ahag nahezu alle Anbieter einen Lieferservice eingerichtet.
Die Kunden zeigten sehr deutlich, dass sie der Geschäftswelt, den Gastronomen und Handwerkern in der Krise helfen wollten, berichtet Ahag-Vorsitzender Joachim Dost. Er führt das gleichnamige Unternehmen für Hörgeräte und Tinnitus-Systeme, das als Handwerksbetrieb eine Versorgungspflicht hat und somit geöffnet bleibt. Zwar sei häufig die Rede davon, dass nach Ende der Krise sich das Kaufverhalten der Menschen insgesamt ändere und mehr im Internet bestellt werde. „Ich bin jedoch überzeugt, dass das Gewohnte sich auch wieder ein spielt“, ist Dost überzeugt. Die Bürger wollten nicht nur Ware kaufen, sondern legten auch Wert auf sozialen Kontakt beim Shoppen.
Joachim Dost: „Der Politik fehlt eine Vision, wie es weitergeht“
Um sich ein möglichst klares Bild über die Lage im Ort zu machen, hält die Ahag Videokonferenzen mit Mitgliedern ab. Zunächst war der Einzelhandel an der Reihe, weitere Gespräche gibt es mit Gastronomen und Dienstleistern, wie auch Handwerkern. „Wir wissen jetzt, was Krise bedeutet. Aber niemand weiß, was danach kommt“, gibt Dost zu bedenken. Er denkt dabei auch an die Unternehmer, die im Lockdown überhaupt keine Einnahmen erzielten. Die Friseure etwa. „Der Politik fehlt eine Vision, wie es weitergeht. Es gibt kein Ausstiegsszenario aus der Krise“, beklagt Dost.
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Wirtschaft funktioniere nicht wie ein Lichtschalter, den man bei Bedarf ausschaltet und später wieder einschaltet. Die Bundespolitik lasse Geschäftsleute, Unternehmer einfach im Stich. Die viel besprochenen Coronahilfen würden in Raten gezahlt. „Man muss selbst sehen, wie man sich durch die Krise kämpft“, betont Andrea Riese. Dankbar seien die Einzelhändler für eine sehr konstruktive Kooperation mit dem Ordnungsamt. „Sie erklären genau, was geht, und was nicht. Die Stadt suche immer nach einer Lösung, wo immer es geht“, betonen Dost und Riese .