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Kommentar zur CDU BrühlKandidatur-Coup mit dem Hochschul-Professor könnte aufgehen

Lesezeit 3 Minuten
Auf dem Foto ist Marc Prokop vor Schloss Augustusburg in Brühl zu sehen.

Marc Prokop wurde zum Bürgermeisterkandidaten der Brühler CDU gewählt.

Die üblichen Verdächtigen wurden gehandelt: der Parteichef, der Fraktionschef. Geworden ist es ein anderer: Marc Prokop könnte Bürgermeister können.

Manche Begriffe können furchtbar abgedroschen wirken, weil sie inflationär verwendet werden. Aber im Fall des CDU-Bürgermeisterkandidaten Marc Prokop in Brühl kann man doch getrost von einem Coup sprechen, den die Christdemokraten da gelandet haben. Denn zum einen hatte den Professor der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät an der Technischen Hochschule Köln niemand auf der Rechnung – war der 55-Jährige bisher parteipolitisch wenig in Erscheinung getreten. Was per se kein Nachteil sein muss.

Wer auf das Personaltableau der im Stadtrat zwar größten, aber oppositionellen CDU blickte, musste zu dem naheliegenden Befund kommen, dass es bei der Kommunalwahl 2025 auf den Fraktionsvorsitzenden Holger Köllejan oder Parteichef André Hess hinauslaufen würde. Einem ungeschriebenen Gesetz folgend, steigt ein Parteivorsitzender in die Bütt, wenn es partout keine anderen geeigneten Kandidaten gibt, und eine Zeit lang hielt sich hartnäckig das Gerücht, dass es auf Hess hinauslaufen würde– auch weil man ihm Ambitionen nachsagte.

CDU hat es geschafft, Prokops Kandidatur dichtzuhalten

Bei Köllejan wäre es so ein 50:50-Ding gewesen. Er war 2020 in der Stichwahl gegen Amtsinhaber Dieter Freytag (SPD) chancenlos geblieben und musste sich mit nur 34,6 Prozent der Stimmen deutlich geschlagen geben. Diese Hypothek hätte einerseits gegen eine erneute Kandidatur sprechen können, oder anderseits hätte seine Partei ihm eine zweite Chance geben können – ähnlich einer Fußballmannschaft, die ein Spiel sang- und klanglos verloren hat, die aber die Gelegenheit erhalten soll, sich zu rehabilitieren.

Ein Coup ist die Nominierung Prokops auch deshalb, weil es der CDU in der Schlossstadt gelungen ist, dass Marc Prokops Name in den vergangenen Wochen und Monaten nicht durchgesickert ist. Mag der Kreis der Eingeweihten in der Findungskommission überschaubar gewesen sein, lehrt die Erfahrung, dass es irgendwo immer einen gibt, der von Mitteilungsbedürfnis beseelt ist. Doch die Christdemokraten in Brühl haben dichtgehalten.

Prokop könnte über ein ordentliches Maß an Unabhängigkeit verfügen

Von Prokops Nominierung geht ein wichtiges Signal für die kommunalpolitische Landschaft aus: Es müssen nicht immer diejenigen nach Ämtern streben, die Stallgeruch vorweisen können. Prokop hatte keine führende Position in de Partei, saß nie im Stadtrat – gerade dies könnte für ihn für den Fall seiner Wahl im September 2025 ein Vorteil sein. Mit unverstelltem Blick kann er auf die Prozesse und Rituale im Rat blicken; ihn verbinden keine – oder nur geringe – Geschichten mit den Ratsmitgliedern, sowohl seiner eigenen Fraktion als auch Vertretern der anderen Fraktionen. Das würde Prokop ein ordentliches Maß an Unabhängigkeit verschaffen.

Noch etwas ist zu berücksichtigen: Es passiert nicht allzu oft, dass Frauen oder Männer, die in ihrem Beruf erfolgreich sind, ein Bürgermeisteramt anstreben. Das hat auch etwas mit den Verdienstaussichten zu tun. Zwar ist die Leitung einer Stadtverwaltung in einer Gemeinde mit mehr als 20 000 Einwohnern mit rund 9000 Euro im Monat ordentlich bezahlt; aber für Juristen, Manager oder erfolgreiche Selbstständige ist das ein besseres Taschengeld.

Marc Prokop ist auf dem Foto bei einer Karnevalsveranstaltung zu sehen.

Marc Prokop (r.) ist im Brauchtum bei den Fidelen Falkenjägern verwurzelt. Das muss im Wahlkampf kein Nachteil sein.

Ich erinnere mich an den Oberbürgermeister, der sich darüber beklagte, dass der Sparkassen-Vorstand dreimal so viel verdiene wie er.

Komplett unrecht hatte er nicht. Gleichwohl erfreut er sich bester Gesundheit und stand er zehn Jahre an der Spitze seiner Stadt.

Dahin muss Marc Prokop erst noch kommen.