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EhejubiläumZum 70. Hochzeitstag will 94-Jähriger aus Brühl für seine Gäste Orgel spielen

Lesezeit 3 Minuten
Zu sehen sind Elise und Hendrik Härtel.

Seit einigen Monaten leben die Härtels im Brühler Haus Wetterstein. Sie feiern Gnadenhochzeit.

Seit 70 Jahren sind Elise und Hendrik Härtel verheiratet. Der Ehemann blickt auf eine teils dramatische Kindheit zurück.

Seit 70 Jahren sind Elise und Hendrik Härtel verheiratet. Beide leben seit Dezember vergangenen Jahres im Brühler Haus Wetterstein und fühlen sich dort sehr gut aufgehoben. Die Gnadenhochzeit wird im dortigen Festsaal gefeiert, mit der Familie und der unmittelbaren Nachbarschaft ihres Flures.

Der rüstige 94-jährige Jubelbräutigam will dabei selbst auf seiner E-Orgel spielen, um die Gäste zu unterhalten. Beide lernten sich 1950 in der Kölner Domstraße 36 kennen. „Sie lebte im Hinterhaus und ich im Vorderhaus. Es war Liebe auf den ersten Blick“, erzählt Härtel. Vier Jahre später wurde in der Andreaskirche geheiratet. „Dass ich evangelisch und meine Braut katholisch war, war kein Problem.“

Das Ehepaar baute sich in Köln-Meschenich ein Haus

In Köln-Meschenich, noch bevor die Hochhäuser des Kölnbergs errichtet wurden, baute sich das Ehepaar ein Haus, wohl behütet von Hausfrau Elise, die 1956 einen Sohn und fünf Jahre später eine Tochter zur Welt brachte.

Hendrik Härtel arbeitete als Beamter bei der Bundespost und sang leidenschaftlich im Meschenicher Männergesangverein bis zu dessen Auflösung. Zwischenzeitlich musste er den väterlichen Großhandel für Teppiche und Hausrat übernehmen. „Das Unternehmen lief natürlich auf den Namen meiner Frau. Als Beamter durfte ich ja keine andere Arbeit annehmen“, erinnert er sich.

Als junger Mensch hatte Hendrik Härtel ein dramatisches Leben. Die Mutter war Holländerin und der Vater Kölner, der in Amsterdam als Importeur mit Juden zusammenarbeitete. Und so kam es, dass die Eltern gemeinsam mit dem neunjährigen Hendrik 1939 von den Nazis verhaftet und im KZ Düsseldorf-Mettmann interniert wurden. „Da mein Vater perfekt Holländisch und Indonesisch sprach, wurde er als Dolmetscher gebraucht, und wir kamen frei. Wir wohnten in Köln, doch nach einem verheerenden Bombenangriff zogen wir nach Lüneburg zu Verwandten“, erzählt Härtel.

Leider kamen ihre Möbel dort nie an, weil sie nach einem Brand auf dem Verschickebahnhof komplett zerstört worden waren. Dieses Unglück blieb aber nicht ungehört. Aus Mitleid mit der Familie schenkte ihr die Stadt Lüneburg eine Freifahrt mit der Bahn nach Amsterdam, wo man bis 1947 lebte.

Zu sehen sind Elise und Hendrik Härtel bei ihrer Hochzeit vor 70 Jahren.

In der Andreaskirche in Köln gaben sich Elise und Hendrik Härtel vor 70 Jahren das Jawort.

Als Holland Indonesien in die Unabhängigkeit entließ, brauchten rund 20 000 Holländer Wohnungen in ihrem Land. Leidtragende waren die dort lebenden Deutschen. Hendrik Härtel und seine Eltern mussten sogar ins Gefängnis, um dann nur mit der Kleidung am Leib aus dem Land vertrieben zu werden.

Nach diesen turbulenten Zeiten verliefen die folgenden Jahre endlich in ruhigen Bahnen. Die Kinder der Härtels wurden größer, erlernten anständige Berufe, heirateten und bekamen selbst Nachwuchs, alles Jungen. Elise und Hendrik Härtel genossen viele Reisen. Ziele waren Spanien, Tunesien, die Türkei, Griechenland und natürlich Holland, wo die Großeltern lebten. Heute kümmert sich der 94-jährige Ehemann liebevoll um seine vier Jahre jüngere erkrankte Frau.