Ganze Generationen wuchsen in Brühl mit Süßem aus dem Kiosk von Ines Ferrauti auf, nun ist sie unerwartet in ihrer Wohnung gestorben.
TodesfallTrauer um den guten Geist eines Brühler Büdchens

In den späteren Jahren gab es im Kiosk von Ines Ferrauti auch eine Postagentur.
Copyright: Familie Ferrauti
Es gibt viele Menschen in Brühl, die Ines Ferrauti als die freundliche Frau hinter der Theke ihres Ladenlokals an der Hauptstraße 20 kannten. Am 26. Februar starb Ines Ferrauti überraschend im Alter von 75 Jahren in ihrer Wohnung. Die Nachricht ihres plötzlichen Todes löste in Vochem und weit darüber hinaus Bestürzung und Anteilnahme aus.
In der Facebookgruppe „50321 Brühl“ tragen viele Menschen ihre ganz persönlichen Erinnerungen an die Brühler Institution zusammen. Mario Napp schrieb: „Wie oft wir bei ihr waren! Vor der Grundschule erstmal 'ne Tüte Süßes kaufen.“ „Ich war damals als Kind immer in ihrem Kiosk an der Hauptstraße, lange ist's her gewesen. Sie war immer eine sehr nette und hilfsbereite Frau gewesen, möge sie in Frieden ruhen“, schrieb Dennis Kelter.
Brühl: Wertschätzende Anteilnahme
Die wertschätzende Anteilnahme vieler Menschen auf Social Media habe sie überrascht, sagt ihre Tochter Janine Klinder: „Wie schade, dass sie das nicht sehen kann. Ich weiß gar nicht, ob meiner Mutter ihre Wirkung bewusst gewesen ist. Ich finde es sehr, sehr schön.“ Zu einer Zeit, als die Hauptstraße im Stadtteil noch als Einkaufsstraße galt, hatten die damals 41-jährige Ines Ferrauti und ihr Ehemann Gilbert im Jahr 1990 das Ladenlokal übernommen und ein Geschäft für den täglichen Bedarf aufgebaut, Lebensmittel mal ausgenommen.
Vorher hatte die Mutter zweier Kinder im Büro des Familienbetriebs Ferrauti gearbeitet, ein Tabakwarengroßhandel, der auch die Automaten in der Schlossstadt bestückte. Tabakwaren, Getränke, Zeitschriften und Süßigkeiten gehörten zum Kerngeschäft ihres Ladens, erinnert sich ihre Tochter. Die damals 16-Jährige half zusammen mit der Angestellten Gisela Bodenheim im Verkauf aus.

Die Tochter Janine Klinder ist hier hinter der Ladentheke zu sehen.
Copyright: Familie Ferrauti
Tino Ferrauti arbeitete ebenfalls mit, vor allem in der späteren Postagentur war er anzutreffen. „Die Zeiten im Laden waren die engsten, die ich mit meiner Mutter verlebt habe, eine superschöne Zeit. Ich habe mich sehr wohlgefühlt“, beschreibt Janine Klinder ihre Erinnerungen an den Kiosk. Wohl fühlten sich auch die Kunden. An Werktagen öffnete Ines Ferrauti den Kiosk schon frühmorgens um 5.30 Uhr.
Der Geruch von frischen Brötchen erfüllte dann das Ladenlokal. Sie hielt belegte Brötchen bereit, die Kunden auf dem Weg zur Arbeit, zu Schule oder auf dem zum Haltepunkt der Linie 18 zum schnellen Frühstück mitnahmen, oft zusammen mit einer Zeitung. Ältere Menschen, denen sie schon mal den Getränkekasten nach Hause brachte, begrüßte Ines Ferrauti genauso herzlich wie Kinder. Für zehn Pfennig gab es Süßigkeiten aus den Haribo-Kisten neben der Theke.
Sie mochte Kinder
Die Kinder wollten ihr Geld gut anlegen, sie suchten lange aus und Ines Ferrauti beriet sie dabei freundlich und geduldig. „Sie mochte Kinder“, erinnert sich ihre Tochter. Spielsachen für ein Fünfmarkstück, die legendären Wundertüten und Panini-Sammelbilder führte sie im Sortiment, fragte ihre kleinen Kunden auch nach besonderen Wünschen und stellte Weihnachtskataloge mit Kinderspielzeug zusammen.
Zu vielen erwachsenen Kundinnen und Kundinnen baute die Geschäftsführerin ein Vertrauensverhältnis auf. Da sei der schnelle Einkauf oft Nebensache gewesen, wenn Kunden ihr Herz ausschütteten, nicht zuletzt, weil sie sich gewiss sein konnten, dass ihre Worte im Laden blieben, Ines Ferrauti habe ihre Stammkunden gut gekannt, schilderte Janine Klinder.
Viele durften bei ihr anschreiben lassen, am Ende des Monats wurde abgerechnet. Ines Ferrauti bedankte sich bei ihren Stammkunden mit Kalendern zu Weihnachten, Piccolos zu Silvester und Überraschungseiern zu Ostern. Der Laden sei nie geschlossen gewesen, an Wochenenden habe das Ehepaar Ferrauti an der Mosel beim Camping und mit einem kleinen Motorboot Entspannung gesucht, erinnert sich die Tochter.
Mit 56 habe Ines Ferrauti kürzer treten wollen, außerdem habe sich die Einkaufskultur auf der Hauptstraße gravierend verändert, der Handel habe sich Richtung Thüringer Platz verlagert, die Familie schloss den Laden. Mit einer Trauerfeier will die Familie am heutigen Freitag um 12.30 Uhr auf dem Friedhof Pingsdorf Abschied nehmen.