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Einzige BackstubeBrühler „Brotbäckchen“ hat nach Neueröffnung in der Innenstadt große Pläne

Lesezeit 4 Minuten
Zu sehen ist eine Frau, die Brotteig formt.

An der Brühler Carl-Schurz-Straße wird wieder eifrig gebacken.

Ein neues Ladenlokal mit direkt angeschlossener Backstube bietet Betreiberin Milena Drefke neue Möglichkeiten.

Die neue Wirkungsstätte trennen nur wenige Meter von der alten. Für Inhaberin Milena Drefke ist der Umzug ihres Backwaren-Geschäfts „Brotbäckchen“ von der Carl-Schurz-Straße 5 zur Hausnummer 19 dennoch ein gewaltiger Sprung. „Im neuen Ladenlokal habe ich ganz andere Möglichkeiten“, macht sie deutlich.

In Zukunft will sie dort Backkurse anbieten und ein kleines Café betreiben, im Hier und Jetzt ist es aber vor allem die direkt angeschlossene Backstube, die die alltägliche Arbeit auf ein neues Level hebt. Die Zeit ist vorüber, in der in Pingsdorf gebacken und in der Innenstadt verkauft wurde.

Brühl: In der Backstube setzt man auf Handarbeit und einen langen Reifungsprozess des Sauerteigs

Die Wege sind kürzer, das Zusammenspiel ist einfacher, und der Kunde kann nun auch noch beim Backen zuschauen und einen Eindruck gewinnen, wie viel Handarbeit es bedarf, ehe der Teig im Ofen landet. Denn genau dieser Einsatz zeichnet das Konzept von Brotbäckchen aus und macht den Unterschied zu den meisten Bäckereien. Statt auf Backmischungen zurückzugreifen und zugelieferte Rohlinge aufzubacken, setzt man vor allem auf Sauerteigbrot ohne Hefe.

Zu sehen ist Milena Drefke.

Milena Drefke ist mit ihrem Geschäft „Brotbäckchen“ umgezogen.

Der Teig muss lange reifen. „Dafür braucht es Know-how, das man sich erarbeiten muss“, erklärt Drefke. Das Plus besteht ihres Erachtens in gutem Geschmack und Qualität. Das hat seinen Preis. Auch, weil ausschließlich biologisch erzeugte Zutaten verwendet werden. „Preislich können wir nicht mit den großen Bäckereiketten mithalten, die auch eine ganz andere Menge produzieren“, weiß auch die 45-Jährige.

Der rund 700 Gramm schwere Laib Hotzenplotz-Brot kostet beispielsweise 6,20 Euro, das Vollkornbrot Rumpelstilzchen mit seinen 750 Gramm 7,80 Euro. Drefke will aber den Großbäckereien auch gar keine Konkurrenz machen. Ihr geht es um Qualität und die Bewahrung handwerklichen Wissens.

Alles begann mit einem Online-Shop und Lieferservice

Dabei ist sie gar keine waschechte Bäckerin. Als Autodidaktin musste sie erst lange Gespräche mit der Handwerkskammer führen und schließlich in einer mehrstündigen Sachkundeprüfung ihr Wissen nachweisen, um Brot verkaufen zu dürfen. Ihre Ausnahmegenehmigung gilt nur für Brot, das mindestens 250 Gramm auf die Waage bringt. Die leichteren Brötchen fehlen daher im Sortiment.

Die Resonanz ist dennoch beachtlich. Im April 2021 begann sie mit einem Online-Shop und fuhr das bestellte Brot in Brühl aus. Im Dezember 2022 eröffnete sie den ersten Laden. Zudem beliefert sie Illi’s Café in Erftstadt-Lechenich. In Brühl haben rund 150 Kunden ein Brotbäckchen-Abonnement und werden regelmäßig beliefert.

Zu sehen ist eine Frau, die ein großes Brett mit Backwaren hält.

Frische Ware wird ausschließlich unter Verwendung biologisch erzeugter Zutaten produziert.

Im Dezember hat sie diesen Service auf die nördlichen Bornheimer Stadtteile ausgeweitet. Noch deutlich mehr Kunden zählt sie im Laden, der ein Stück Backtradition in die Innenstadt zurückgebracht hat. Schließlich unterhält Brotbäckchen die einzige Backstube der Stadt. Sechs Sorten Brot gehören zum Standardsortiment, am Wochenende sind es meist zehn bis zwölf.

Vielleicht gibt es bald auch Brötchen. Denn eine der inzwischen zwölf Mitarbeiterinnen macht im kommenden Jahr ihren Meister. Dann sind die Beschränkungen passé. Auch Drefke könnte nach ihrem 47. Geburtstag ohne Gesellenbrief einen Antrag auf Meisterprüfung stellen. „Ich weiß noch nicht, ob ich das tun werde“, sagt sie.

Die Zeichen stehen unabhängig davon auf Wachstum. Am neuen Standort soll im kommenden Sommer ein Café eröffnen. Die ersten Backkurse, die sie von April an anbieten wird, sind bereits ausgebucht. Im Sommer soll es weitere geben – freitags, wenn die Backstube abends ungenutzt ist. Damit schließt sich ein Kreis. Denn mit der Idee, Kurse anzuleiten, fing einst alles an.

Brotbäckchen öffnet dienstags bis freitags von 10 bis 17 Uhr und samstags von 9 bis 13 Uhr. Weitere Informationen gibt es hier.


Familiengeführte Betriebe in Rhein-Erft

Die Zahl klassischer, handwerklich arbeitender Familienbetriebe ist in seiner Branche seit vielen Jahren rückläufig, betont Guido Boveleth, Obermeister der Bäckerei-Innung Köln/Rhein-Erft. Oftmals fänden Betreiber, die aus Altersgründen ausscheiden, keinen Nachfolger, sagt er. Ein weiteres Problem bestehe darin, qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen.

„In der Backstube wird meist nachts gearbeitet, im Verkauf gehört zumeist auch Sonntagsarbeit dazu. Das gefällt vielen nicht“, so Boveleth, dessen Bäckerei sich am Gottesacker 2 in Bedburg befindet. Er glaubt jedoch an die Bedeutung des Handwerks und den klassischen Weg zum eigenen Betrieb über die Meisterprüfung. „Es braucht viel Know-how, um qualitativ gute Arbeit zu leisten“, betont er.

Familiengeführte Betriebe gibt es laut dem Obermeister im Rhein-Erft-Kreis noch in Bedburg mit der Bäckerei Küpper, Offenbachstraße 10, und der Bäckerei Wolf, Friedrich-Ebert-Straße 27, der Bäckerei Roger Henneböhl, Franz-Esser-Straße 12, in Bergheim-Niederaußem sowie Bäckerei Immerath, Mittelstraße 64, und Bäckerei Betzing, Kerpener Straße 67, in Elsdorf.

Weitere sind in Erftstadt die Bäckerei Schiffer, Holzdamm 5 in Liblar und Bonner Straße 31 in Lechenich, und Pe’s Backstube, Kriegergasse 60, in Friesheim, die Bäckerei Welter, Von-Geyr-Ring 76, in Hürth sowie die Bäckerei & Konditorei Kayser, Venloer Straße 95, in Pulheim. (wok)