Der Löschzug blickt auf eine bewegte Historie mit allerlei kuriosen Begegnungen aber auch heldenhaften Taten zurück.
125-jähriges JubiläumLöschzug Oberaußem in Bergheim bringt Sonderedition von Likör raus
Josef Commers hatte Motivationsmängel bei den Pflichtwehren erkannt. So entschied der Bergheimer Bürgermeister, seit 1877 auch für das Amt Paffendorf mit Glesch, Nieder- und Oberaußem zuständig, im Jahr 1900, dass in Oberaußem eine Freiwillige Wehr gegründet werde. Im nächsten Jahr feiert der Löschzug sein 125-jähriges Bestehen.
Rund 100 Männer waren auf Aufforderung Commers' am Kirmesdienstag im September im Saal Wintz erschienen, um als aktive Feuerwehrleute die Wehr zu gründen. Hermann Heinen wurde erster Brandmeister, vertreten durch Gerhard Wintz. Zum Schriftführer und Kassenwart wurde Josef Dürbaum gewählt. 1901 wurde die Musikkapelle Gottfried Hintzen unter Vertrag genommen, zu den sonntäglichen Übungsstunden der Feuerwehr „fünf Mann Musik zu stellen“.
Zwei Jahre später gab es laut Feuerwehr-Chronik Ärger: Beim Löschen eines Brandes beim Grubenarbeiter Geuer forderte dessen Nachbar Gottfried Hochhausen „20 Mark Schadenersatz für die Beschädigung seines Gartens bei dem Brand bei Geuer“.
Zehn Mark wollte die Rheinische Provinzial-Feuer-Sozietät zahlen, die Gemeinde sollte die andere Hälfte beisteuern. „Der Gemeinderat glaubt, daß die Gemeinde genug tue, wenn sie das Löschen besorge und für hinreichende Löschgeräte pp. sorge,“ beschied das Gremium laut Chronik. Später hat die Gemeindekasse dennoch zehn Euro an Hochhausen ausgezahlt.
Da viele Kameraden an die Front mussten, wurde 1944 eine Wehrmannschaft aus zehn 18- bis 20-jährigen Frauen gegründet, die trotz der Fliegerangriffe unter anderem Anfang 1945 einen Brand im Kraftwerk Fortuna löschten und dafür von Oberbrandmeister Heinrich Wolf gelobt wurden: „Die Helferinnen hielten stand!“
Im Jahr 1951 wurde an der Büsdorfer Straße ein neues Feuerwehrhaus errichtet, im selben Jahr erhielt die Wehr ihr erstes Auto, ein gebrauchtes LF 15. Das erste nagelneue Feuerwehrauto bekamen die Oberaußemer 1974 mit einem LF 16, drei Jahre später und erneut 2002 wurde das Feuerwehrgerätehaus, in dem heute zwei Löschfahrzeuge, ein Kommandowagen und ein Gerätewagen stehen, erweitert.
Der Löschzug zählt zurzeit 48 Aktive, 13 Ehrenfeuerwehrleute und 18 Jugendliche um Wehrchef Jörg Bodewig. Gefeiert wird im nächsten Jahr mit Tag der offenen Tür im Juni und Kommers im September. Und natürlich mit dem Dreigestirn aus Reihen der Feuerwehr. Prinzenführer Marc Schumacher hatte die Idee, im Festjahr den Oberaußemer Kräuterlikör Mittler mit einem besonderen Etikett zu versehen. Carl Flimm, bei dem der Mittler seit zwei Jahren produziert wird, war fasziniert von der Idee und sagte spontan zu.
Auf einer geschwungenen Banderole über der St.-Vinzentius-Kirche steht in der Sonderedition zu lesen: 125 Jahr Löschzug Oberaußem“. Auch kleine Probierfläschchen mit dem Aufdruck wurden abgefüllt und sind ab sofort und exklusiv beim Rewe-Markt in Ober-/Niederaußem erhältlich.
Bergheim: Tradition seit mehr als 200 Jahren
Seit weit mehr als 200 Jahren wurde in der Brennerei Esser an der Hauptstraße, heute Bergheimer Straße, Kräuterlikör hergestellt. In den 50er Jahren ging der 2004 gestorbene Jakob Esser ins Bergische Land und begann dort neu. Einen Streit im dortigen Männergesangverein wusste er in den 70er Jahren mit Hilfe seines „Halbbitter nach altem Oberaussemer Rezept“, den er fortan „Mittler“ nannte, zu schlichten.
Später übernahm Jakobs Sohn Ernst-Peter Esser die Brennerei. Vor zweieinhalb Jahren ging Ernst-Peter Esser in Ruhestand. Die Abfüllung übernahm die Brühler Brennerei Flimm. „Für uns ist das kein großes Geschäft, aber es ist eine schöne Sache, die Tradition zu erhalten“, sagt Carl Flimm, Sohn des Gründers Otto Flimm. Auch Bernd Gützlaff vom Stadtteilforum ist begeistert. „Das ist ein Stück Oberaußem“, sagt er. Den „Mittler“, der als Kultgetränk auf Getränkekarten im Ort nicht fehlen darf, gibt es nur in Oberaußem.