GroßtagespflegeBedburger Familieninstitut Sinneswelten muss schließen

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Drei Frauen sitzen an einem Tisch mit einer Gruppe von Kleinkindern.

Bedburg Beate Babin (l.) muss ihr Familieninstitut Sinneswelten schließen. Ihre Mitarbeiterinnen Tanja Peiffer (Mitte) und Nadine Barakat übernehmen eine von drei Großtagespflegegruppen.

Corona, eine Überschwemmung und die Lohnentwicklung zwingen Leiterin Beate Babin zur Aufgabe.

Leicht fällt es ihr nicht, und daraus macht Beate Babin keinen Hehl. Die 64-Jährige schließt ihr im Jahr 2006 gegründetes Familieninstitut „Sinneswelten“. Zahlreiche Umstände erlaubten es ihr nicht mehr, die Anlaufstelle für Eltern und Kinder weiterzubetreiben. „Es geht einfach nicht mehr“, sagt Beate Babin.

Der Entschluss trifft vor allem die Kinder, die die Großtagespflege in dem Haus an der Otto-Hahn-Straße besuchen. 27 Kinder zwischen null und drei Jahren belegen hier drei Gruppen, die von einer Erzieherin, vier Kinderpflegerinnen und zwei Tagespflegepersonen betreut werden.

Eine Tagespflegegruppe bleibt erhalten

„Ich musste 18 Familien kündigen“, sagt Babin. Zumindest eine Gruppe aber bleibt mit neuen Verträgen erhalten, da sich die Sinneswelten-Mitarbeiterinnen Tanja Peiffer und Nadine Barakat selbstständig machen. Allerdings entfallen auch sämtliche Familienkurse. 

Die beiden Gruppen werden bereits zum Sommer aufgelöst, das Familieninstitut schließt zum Jahresende. Auch der Trägerverein soll aufgelöst werden. Alle Mitgliedschaften werden zum 31. Dezember automatisch gekündigt, sagt Beate Babin.

Das Familieninstitut hat eine lange Geschichte hinter sich. Vor 18 Jahren von der Erzieherin Babin mit zwei PeKiP-Kursen im eigenen Zuhause gegründet, entwickelten sich die „Sinneswelten“ schnell weiter. Bald wurden mehr Kurse angeboten, Spiel- und Tanzgruppen, Babymassage oder auch Schwangerschaftsrückbildung.

Das Institut bezog Räume in Bedburg-Rath und eröffnete 2013 die erste Großtagespflegegruppe in Bedburg. Bis 2020 kamen zwei weitere Gruppen hinzu. „Der Bedarf war und ist riesig“, sagt Beate Babin. Und dann folgten die Probleme. Erst Corona, dann der Ukrainekrieg, der die Preise explodieren ließ. „Eine Außentreppe, die wir als zweiten Fluchtweg bauen ließen, kostete plötzlich nicht mehr 17.000, sondern 56.000 Euro“, berichtet Beate Babin.

Zwei Großtagespflegegruppen waren über Nacht zerstört.
Beate Babin, Geschäftsführerin

Und beim Starkregen im Juni 2022 wurde das gesamte Untergeschoss des Familieninstituts überflutet. „Zwei Großtagespflegegruppen waren über Nacht zerstört“, sagt Babin. „Ein Schaden von über 300.000 Euro musste reguliert und die Räumlichkeiten instandgesetzt werden. Auch das haben wir irgendwie geschafft und selbst während der Renovierungen konnte die Betreuung der Kinder sichergestellt werden.“ In dieser schwierigen Zeit habe das Institut viel Zuspruch erfahren.

Der Hauptgrund für die Schließung ist ein anderer. „Durch die Tariferhöhung im öffentlichen Dienst sind wir schlichtweg nicht mehr wettbewerbsfähig, da die Stundensätze für die Kindertagespflege nicht im gleichen Maße erhöht wurden“, sagt Babin. „Wir können daher nur Gehälter anbieten, die erheblich niedriger sind als die Gehälter, die zum Beispiel in städtischen Kindergärten gezahlt werden. Das hat uns das Genick gebrochen.“

Sie könne niemandem verübeln, in dieser Situation eine neue Stelle anzunehmen. „Die Wahrheit ist aber: ohne Betreuungspersonal keine Betreuung.“ Durch Kurse allein lasse sich solch ein Institut nicht finanzieren. Sie sei aber froh, dass sie 18 Jahre nach ihrem Motto habe arbeiten dürfen: „Kinder sind Persönlichkeiten, die wir eine Zeit lang begleiten dürfen.“

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