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Show von Ingo Appelt„Ihr seid ja ein richtig sexistisches Dreckspack hier in Bedburg“

Lesezeit 3 Minuten

Ingo Appelt freute sich, wieder auf der Bühne zu stehen.

Bedburg – „Na ja, wenn meine Kinder Geburtstag feiern, kommen mehr Leute.“ Etwas missmutig ließ Ingo Appelt den Blick über die gut 100 „Bettnässer“ schweifen, die es sich am Sonntagabend im Freibad unter dem regenfesten Zeltdach auf Bierbänken und Sitzsäcken gemütlich gemacht hatten, um sich vom ihm das Zwerchfell kraulen zu lassen.

So ist er halt, der Ingo: Erstmal ein bisschen nörgeln und dann richtig Gas geben: Satte zweieinhalb Stunden „Sabbeln wie ein Wasserfall“ waren angesagt; der aus zahlreichen TV-Shows bekannte Komiker machte unbezahlte Überstunden: „Denn ehrlich gesagt: Ich bin so froh, überhaupt wieder auf der Bühne arbeiten zu können. Ich bin süchtig danach, und es ist eigentlich egal, wie viel Publikum dabei ist. Hauptsache, wir haben Spaß.“

Bedburg: Proleten-Humor, der nicht verletzt

Wer auf Proleten-Humor der verbal etwas derberen, aber niemals persönlich verletzenden oder diskriminierenden Art steht, kam zum Abschluss des „Bedburger Sommer-Open-Air“ jedenfalls voll auf seine Kosten. Appelt, gelernter Maschinenschlosser, Ruhrpott-Kind und Wahl-Berliner, mag es ja bekanntlich seit je her hart, aber herzlich.

„Staatstrainer“ Ingo Appelt beglückte die Comedy-Fans im Bedburger Freibad.

„Der Staatstrainer“ heißt sein aktuelles, wie gewohnt mit großem Improvisationsanteil ausgestattetes Programm. „Betreutes Hassen mit Ingo Appelt“, lautet der Untertitel. Und es enthält alles, was seine Fans mögen – beispielsweise wieder eine Reihe köstlicher, längst zu Appelts Markenzeichen gewordenen Parodien auf Udo Lindenberg, Helmut Kohl, Angela Merkel, Til Schweiger, Herbert Grönemeyer oder auch Karl Lauterbach, der sich immer mehr zur Greta Thunberg der SPD entwickele: „Alle beide haben ja völlig Recht. Aber beide gehen einem leider auch tierisch auf die Nerven.“

Spott für Kandidaten von CDU, SPD und Grünen

Den unverzichtbaren Spott zur Bundestagswahl verteilte der 54-Jährige wohldosiert auf alle drei Spitzenkräfte von CDU, SPD und Grünen, obwohl er selbst seit 35 Jahren in der SPD ist: „Da hat mich damals mein Ausbilder hingeschickt. Der hatte wohl Angst, dass ich sonst nach links abdriften könnte.“

Schon jetzt trauert Appelt der scheidenden Kanzlerin mit den heruntergezogenen Mundwinkeln ein wenig nach. „Ihren Spruch in der Flüchtlingskrise, dass Deutschland ein freundliches Gesicht zeigen wolle, fand ich richtig gut. Deshalb habe zu Hause jetzt sogar ein Bild von Angie an der Wand. Wenn ich mal ihr freundliches Gesicht sehen will, stelle ich das Foto einfach auf den Kopf.“

Mehr ADAC- als Parteimitglieder

Dass alle großen Parteien zusammen nur rund 1,5 Millionen, der ADAC aber 21 Millionen Mitglieder hat, bereitet dem staatsbürgerlich denkenden Komiker durchaus grundsätzliche Sorgen: „Warum ist das so? Nun, beim ADAC kriege ich für meinen Beitrag wenigstens Abschleppdienst und Reiserücktrittsversicherung. Als Parteimitglied kriegst du sie heute nur noch von allen Seiten auf den Sack. Was bekommen Eltern denn zu hören, wenn der Sohn in die Politik und die Tochter auf den Strich geht? Aus dem Mädel ist wenigstens was geworden!“

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Im späteren Verlauf des Abends, als die Kinder schon im Bett waren, wandte sich Appelt nach der Politik dann einem weiteren Lieblingsthema: der Beziehung zwischen Männern, die nicht reden, und Frauen, die nicht schweigen können. Sex spielte dabei eine nicht ganz untergeordnete Rolle. Grinsend stellte der Komödiant fest, dass seine unter die Gürtellinie gehenden, oft mit reichlich männlicher Selbstironie gespickten Pointen beim Freibad-Publikum besonders gut ankamen: „Ihr seid ja ein richtig sexistisches Dreckspack hier in Bedburg.“

„Ihr seid ja ein richtig sexistisches Dreckspack hier in Bedburg“

Dabei muss man festhalten, dass Appelts Witze über Sexualität und Homosexualität zuweilen zwar deftig, aber weder frauenfeindlich noch homophob sind, sondern oft sogar das genaue Gegenteil. Und diesen Spagat muss man als Komiker auch erst mal hinbekommen.

Aber er ist sich halt ziemlich sicher, dass eine weiblichere und schwulere Welt wohl freundlicher und friedlicher wäre. So konnte Appelts „Betreutes Hassen“ letztendlich guten Gewissens genossen werden als ziemlich kurzweilige Erwachsenen-Therapie gegen Intoleranz, Ausgrenzung, Hass, Dogmatismus und Radikalisierung – mit Humor als der besten Medizin.