Football gilt als harter Sport. Die Raccoons spielen eine Variante, die ohne Körperkontakt auskommt. Weniger fordernd macht es das nicht.
FreizeitsportBedburger Raccoons spielen Flag Football – „getackelt“ wird mit Gummiflaggen
Kein Schritt ist zufällig. Als Quarterback Patrik Kleefisch auf Englisch „Hut“ ruft, sprintet Marvin Bongartz los. Drei Schritte geradeaus, vier nach links. Bongartz blickt über die Schulter, der Ball landet in seinen Händen. Beim Flag Football geht es wie beim American Football um taktische Spielzüge und schnelle Reflexe. Doch im Gegensatz zu dem brachialen Vorbild gibt es keinen Körperkontakt. Anstrengend und fordernd ist Flag Football trotzdem.
Angekommen auf dem Sportplatz begrüßen mich alle Bedburger Raccoons per Handschlag. Die Mannschaft ist klein. Jeder kennt jeden. „Wir sind aus einem Freundeskreis, der gerne Flag Football spielen wollte“, sagt Spieler Julius Streup. Das war 2016. 2018 schloss sich der Freundeskreis dem Bedburger Ballsportverein an. Und heute stehen sie wie jeden Donnerstag und Sonntag auf dem Platz. Bongartz wirft ein paar Pässe. Andere laufen sich schonmal warm.
Erst Fitness, dann Football
Flag Football ist eine kontaktarme Variante des American Football. Die Spielerinnen und Spieler tragen einen Gürtel mit Gummiflaggen. Zieht ein Konkurrent eine Flagge heraus, gilt der Spieler als „getackelt“ — sein Zug ist vorbei. Ziel der Mannschaft ist es, in vier Zügen bis zur Mittellinie, in acht bis in die Endzone zu kommen. Erreicht ein Spieler mit Ball diese, spricht man von einem Touchdown. Field Goals wie beim American Football gibt es nicht. Und auch die Mannschaften sind mit meistens fünf Spielern kleiner.
Das Training startet. Aber nicht mit Football, sondern mit Kniebeugen, Ausfallschritten, Sprüngen. Ich stehe auf einem Bein und fange Tennisbälle mit beiden Armen. Das alles erinnert eher an einen Zirkel im Fitnessstudio. Die Übungen hat Streup nicht zufällig ausgewählt. „Wir legen einen Fokus auf Schnellkraft“, erläutert er. „Keine Sorge, das machen wir nicht jede Woche. Wenn wir uns auf Wettbewerbe vorbereiten, stehen solche Zirkel öfter auf dem Programm.“ Die Spieler seufzen. Die Übungen ziehen sie aber ohne Beschwerde durch.
Die Saison läuft gut für die Bedburger
Die Raccoons spielen ihre dritte Saison in der Deutschen Flag Football Liga. Sie ist unterteilt in die Divisionen Nord, West, Süd und Ost. Weil die Bezirke deutlich größer als etwa beim Fußball sind, zählen Mannschaften aus Köln, Düsseldorf und Dortmund zu den Gegnern der Raccoons. „Auf Turnieren ist es immer lustig, zwischen all den großen Städtenamen Bedburg zu hören“, sagt Quarterback Kleefisch. Diese Saison läuft bisher gut für die Raccoons. Alle sieben Spiele haben sie gewonnen.
Kleefisch übernimmt in der zweiten Hälfte des Trainings die Rolle des Coachs. Jetzt stehen Pässe auf dem Programm. Genauer: Kleefisch baut Routen. Das sind die Wege, die der Receiver zurücklegt, wenn der Quarterback den Ball wirft. Kleefisch beginnt mit einem Post. Ich sprinte ein Stück geradeaus und drehe dann nach innen Richtung Spielfeldmitte ab — eigentlich in Richtung der Goal Posts, die es beim Flag Football aber nicht gibt.
Komplizierte Laufrouten
Den Ball beim Post zu fangen ist für mich nicht schwer. Es ist fast ein bisschen wie beim Völkerball in der Schule. Komplizierter wird es bei den Routen danach, die im Zickzack über das Feld führen. Dabei landet selbst bei den erfahrenen Spielern der Ball das eine oder andere Mal auf dem Boden.
„Als Quarterback musst du dir deine Mitspieler und den Gegner zurechtlegen. Es gibt Spielzüge für jeden Zweck“, erläutert Kleefisch. Was er meint, zeigen mir die Raccoons bei einem kleinen Match: Ein flinker Receiver gewinnt mit dem richtigen Spielzug viel Raum für sein Team. Und darum geht es schließlich beim Flag Football.
Jeder kann Flag Football spielen
Flag Football sei eine Football-Variante für diejenigen, die leicht in den Sport einsteigen wollen, sagt Streup. Aus Sicht von Marvin Bongartz hat Flag Football noch einen weiteren Vorteil: „Egal ob dick, dünn, groß, klein, Mann, Frau — für jeden gibt es eine passende Position.“ Das erklärt auch die Vielseitigkeit der Mannschaft: Einige Raccoons knacken die Marken von 1,90 Meter und 100 Kilogramm. Sarah Schmitz und und Martin Weiß haben als Paar den Sport für sich entdeckt. Und Janis Robertz läuft mit seinen gerade mal 14 Jahren den erfahrenen und älteren Teammitgliedern davon.
Ein paar Schrammen gibt es beim Flag Football übrigens auch ohne Körperkontakt. Weil die Spieler so begeistert von ihrer Sportart sind, dass sie sich gern auch mal beim Fangen des Balls auf den Boden werfen.
Ultimate Frisbee, Fußballgolf, Parcours — im Rhein-Erft-Kreis gibt es eine ganze Reihe skurriler Sportarten. In unserer Freizeitsportserie stellen wir einige von ihnen vor. Den Auftakt macht Flag Football, eine American-Football-Variante ohne Körperkontakt.
Auf dem Sportplatz in Bedburg, Herderstraße 2, spielen die Raccoons jeden Donnerstag, 19 bis 21 Uhr, und Sonntag, 11.30 bis 13.30 Uhr. Wer Lust auf Football ohne Körperkontakt hat, kann einfach zum Training kommen. Die zurzeit etwa 22 Mitglieder starke Mannschaft sucht immer nach neuen Mitspielern.
Mitmachen können sowohl Männer als auch Frauen. Das Training ist für fast jedes Fitnesslevel geeignet. Eine Grundfitness ist aber erforderlich. Trainingsequipment wie Flaggen und Ball stellt der Verein.
Die Bedburger Raccoons gibt es auch auf Instagram und Facebook. Kontaktanfragen beantwortet der Bedburger Ballspielverein. Weitere Informationen über Flag Football gibt es auf der Internetseite des American Football Verbands Deuschland. (maf)