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VerkehrsplanungHerzblut und Informationsdurst

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Kurz nach dem Heidbergfest, füllten sich die Reihen beim Sängerheim schon wieder.

Burscheid – Birkenblätter rascheln im Wind und zwischen Halmen und Blumen schafft sich die Distel Raum. Unweit der Autobahn 1 und trotzdem malerisch liegt die 2,5 Hektar große Wiese in Dürscheid-Hahnensiefen, um die sich seit Anfang Mai ein Sturm des Protests der Dürscheider, aber auch immer mehr Burscheider insgesamt entfacht.

50 Parkplätze sowie Toiletten

Die Verkehrsplaner der Bundesbehörde Deges (Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und Bau GmbH) sehen hier einen PWC- Anlage, einen Parkplatz für 50 Lkw-Parkplätze und Toiletten. Edwin Elias, Sprecher der Bürgerinitiative, die unter Hochdruck Fakten sammelt und auf Festen und Infoveranstaltungen bisher 680 Unterschriften gegen den Bau des Autobahn-Rastplatzes sammelte, nahm jetzt auf dem Newsletter der Deges zur Kenntnis, dass diese mittlerweile von einer Standortentscheidung spricht. Bislang sei nur von einer Empfehlung die Rede gewesen.

Transparenz vermisst.

Transparenz vermissen auch Politik und Verwaltung. Bürgermeister Stefan Caplan sieht derzeit mehr Fragen als Antworten. 41 Folien der Deges haben alle Fraktionen genau studiert und bis auf das BfB sich gegen den Bau ausgesprochen. „Wir verlieren Zeit, wenn im Hintergrund die Vorplanungen gestartet werden, dann werden wir von den Ergebnisse schnell überrollt“, befürchtet Elias. In Richtung der Fraktionschefs, die sich auf dem Gelände des Sängerheims nun mit den Bürgern austauschte, fragte er: „Wie lässt sich die Vorplanung stoppen?“

Bundes- und Landespolitiker einbeziehen

Joachim Wirths von der FDP riet der Initiative: „Verschießen sie ihr Pulver nicht zu früh, sie haben den Gegner noch nicht auf dem Schlachtfeld.“ Wirths kennt sich aus mit Planfeststellungsverfahren, arbeitete er doch selbst im Autobahnbau unter anderem am Rastplatz Wuppertal. „Planfeststellungsverfahren scheitern an der Abarbeitung der Formalien, wenn zum Beispiel die Zauneidechse totgeschwiegen wird“, wusste Wirths. Stefan Caplan zog den Zahn, dass Burscheid bei den Bundesbehörden womöglich eine Mitsprache hätte. Daher empfahl er: „Krallen sie sich die Landes- und Bundestagsabgeordneten, wir unterstützen sie.“ Herzblut sei das Beste, was die Gegner mitbringen könnten. Dem disziplinierten und gut organisierten Protest zollte das Stadtoberhaupt Respekt. Angefressen wirkten die Dürscheider über die Position des BfB, dass sich der gemeinsamen Erklärung der Fraktionen nicht angeschlossen hat und ein Agieren nach dem Sankt-Florians-Prinzip kritisiert, demnach die Probleme auf andere abgewälzt werden sollen. Dagegen sprachen sich Bürger und Politiker vehement aus. Die Erfordernis weitere Rastplätze für die Nomaden des Betons sei unstrittig. Doch die Verhältnismäßigkeit fehle bei einer kleinen, überteuerten Anlage, die nur ein zehntel des Bedarfs decke und weitab der Umschlagplätze im Kölner Norden liege.

Autohof im Kölner Norden gefordert

Klaus Becker, Fraktionschef der SPD, arbeitet in einer großen Kölner Spedition. Bereits vor 25 Jahren hätten die Betriebsräte dort einen Autohof gefordert. Ein Gesetz, das fordere, dass PWC-Anlagen von der Autobahn direkt zu erreichen sein müssten, ist seiner Auffassung nach nicht mehr zeitgemäß, sei ohne Logik. Sabine Wurmbach von den Grünen forderte: „Wir müssen Druck machen, dass solche Gesetze geändert werden.“ Wirths warf zudem ein, dass die Abwicklung des Güterverkehrs in Köln kaum noch zu regeln sei, ein Autohof könne entschärfen. Zumal wenn der Rhein Niedrigwasser habe, müsse zusätzliche Fracht auf Lkw geladen werden. Einen kleinen Platz im Bergischen ins Grüne zu setzen, bringe da gar nichts. Gerd Pieper (UWG) erklärte: „Wir müssen die Bundes- und Landtagsabgeordneten ins Boot holen. Bisher haben die sich alle geduckt. Was mir nicht einleuchtet ist, dass der Bund nicht mit Köln verhandelt. Das ist doch der Verkehrsknotenpunkt.“