Spiegelzelt in AltenbergPremiere unter einem Himmel aus Samt
Altenberg – Draußen ist es regengrau; wer jedoch die Türen des Windfangs passiert hat, fühlt sich wie in einer anderen Welt. Nostalgische Holzsäulen tragen eine Decke aus rotem Samt. Lichter glitzern in Tischgruppen-Séparées. Mit Abstand platzierte Stühle geben den Blick frei auf eine in stimmungsvolles Licht getauchte Bühne. Mehr als 1200 Spiegel erweitern den Raum in verspielte Weiten.
Ellen und Walter Tietz staunen. Die beiden Rösrather gehören zu den Gewinnern der in dieser Zeitung verlosten Premieren-Karten für das Kleinkunst-Programm im Altenberger Spiegelzelt. Mit dem versucht der Altenberger Gastronom und Hotelier Markus Wißkirchen auch einen Neustart der Kultur nach der Corona-Zeit zu fördern. Mit einem ambitionierten Programm, dass er zusammen mit Sonja Tewinkel auf die Beine gestellt hat. Die Odenthalerin hat langjährige Erfahrung als Kulturmanagerin unter anderem in der Remscheider Klosterkirche und ist wie Wißkirchen im Odenthaler Gemeinderat aktiv, wenngleich für eine andere Partei. Aber das spielt hier keine Rolle. An diesem Abend fiebern beide der Premiere entgegen.
Zu der ist das Bonner „Springmaus“-Ensemble nach Altenberg gekommen. Gut, ein paar mehr Gäste hätten schon noch ins Zelt gepasst. Aber Markus Wißkirchen ist optimistisch. „Das wird noch“, sagt er mit Blick auf die kommenden Abende mit weiteren kulturellen Leckerbissen (siehe „Weiteres Kleinkunst- und Circus-Dinner-Programm“) und verspricht: „So wie gespielt werden darf, wird keine Veranstaltung ausfallen.“
„Wir haben im Frühjahr staatliche Hilfe bekommen und sind so über die Corona-Zeit gekommen, jetzt will ich auch etwas davon zurückgeben und für den Neustart der Kultur einsetzen“, sagt er. Während die Künstler der „Springmaus“ noch im historischen Zirkuswagen sitzen, den Manfred Sistig aus Schildgen aus seinem historischen Bestand kurz zuvor noch neben das Spiegelzelt gestellt hat, geht Markus Wißkirchen auf die Bühne. Er erzählt von dem harten und längsten Lockdown, der vor fast genau einem Jahr alles stilllegte, erinnert sich an die Zeit, als er wieder „to go“ an Wanderer ausschenken durfte, wie die Menschen wiederkamen, sich freuten und wie die Idee entstand, mit einem Spiegelzelt-Programm in diesem „echt verrückten Jahr“ noch etwas Besonderes nach Altenberg zu holen.
Weiteres Kleinkunst- und Circus-Dinner-Programm
Samstag, 6. November:
15 Uhr Musik für die Kleinsten mit dem Projekt „Krümelmucke“, bei dem mitmachen, singen und tanzen ausdrücklich erlaubt ist.
19 Uhr Springmaus-Ensemble, Programm „Alles bleibt anders“
Sonntag, 7. November:
19 Uhr A-cappella-Formation „Basta“ , Programm „In Farbe“.
Donnerstag, 11. November:
Karneval der Odenthaler Vereine
Freitag, 12. November:
20 Uhr „Die Glühwürmchen“, musikalischer Ausflug in die 1920er Jahre mit Humor, Hanns Buschmann als historischer Wintergarten-Star Otto Reutter.
Samstag, 13. November
19 Uhr „German Gents“, ein aus Sängern des Staats- und Domchors Berlin und Studenten der Universität der Künste Berlin hervorgegangenes Vokalensemble
Sonntag, 14. November:
18 Uhr Margie Kinsky und Bill Mockridge mit dem Programm „Hurra, wir lieben noch“
Mittwoch, 17. November:
19 Uhr Premiere Dinnershow „Amuse Geule“ mit dem Kölner Cirque Buffon. Bis zum 9. Januar gibt es jede Woche von mittwochs bis samstags jeweils um 19 Uhr eine Show mit Vier-Gänge-Menü und zirzensischen Darbietungen (Karten ab 86 Euro). Sonntags wird ebenfalls eine Dinnershow angeboten, allerdings bereits um 18 Uhr, sowie nachmittags um 14 Uhr eine einstündige Show des Cirque Bouffon ohne Menü (Karten ab 42,60 Euro), dafür aber mit ermäßigten Karten für Kinder zum halben Preis. Besondere Angebote locken zudem an den Weihnachtstagen und Silvester.
Karten für alle Veranstaltungen im Spiegelzelt , Am Rösberg, in Odenthal-Altenberg, in den Vorverkaufsstellen von Kölnticket, telefonisch unter (02 21) 28 01, im Internet sowie an der Abendkasse.
Die 3G-Regel gilt für alle Veranstaltungen. Besucher müssen also vorweisen, dass sie geimpft, genesen oder aktuell negativ auf Corona getestet sind. (wg)
www.hotel-wisskirchen.de/das-spiegelzelt-in-altenberg-2021
Anfang August habe ihm noch niemand sagen können, ob er so etwas in diesem Jahr noch machen könne, erinnert sich Wißkirchen, Ende August habe er dann schließlich erfreut die Auskunft erhalten: „Kannst du machen, aber wie, das ist noch unklar.“ Wißkirchen startete durch, orderte ein Zelt der belgischen Spiegelzeltverleiher-Familie Klessens und begann Künstler zu fragen.
Die Artisten des „Cirque Bouffon“, der am 17. November mit den regelmäßigen Dinner-Shows im Altenberger Spiegelzelt beginnt, stünden seit zwei Jahren zum ersten Mal wieder auf der Bühne, erzählt Wißkirchen und dankt allen Helfern und Unterstützern des Projekts Spiegelzelt. In dem ist es übrigens dank Fußbodenheizung angenehm warm – trotz einstelliger Temperaturen vor der Tür. „Wir sind bis minus 10 Grad gerüstet“, sagt Wißkirchen und gibt die Bühne frei für die Premieren-Künstler.
„Wir sind froh, euch endlich wieder Auge in Auge zu sehen“, sagt Gilly Alfeo strahlend zum Publikum, als er mit seinen „Springmaus“-Kollegen auf die Bühne steigt und umgehend ins Improvisieren einsteigt. Das Thema Arbeitswelt ist für manche noch gar nicht aus dem Homeoffice wieder aufgetaucht. Doch die Ideen, die die Künstler auf der Bühne in ihre Dialoge, gespielten Szenen und Stand-up-Comedy einbauen sollen, sprudeln nur so. Ob Ärger am Kaffeeautomat oder die gute Laune der Kollegen als Blues – nichts ist zu abgedreht, als dass die Vier auf der Bühne daraus nicht eine skurrile Geschichte zaubern könnten. So mancher im Saal biegt sich vor Lachen.
Schnell entwickeln sich der Altenberger Märchenwald („Hätte ich mal besser da eine Stelle angefangen“), vierlagiges Klopapier und die Aussprache des Bergisch Gladbacher Stadtteils Schildgen („Schildschen oder Schildken?“) zu „Running Gags“, die immer wieder in den Szenen auftauchen.
Urkomisch auch die Versuche von Alfeo, eine Podiumsrunde in Gebärdensprache zu übersetzen, wobei die Kollegen mit Sätzen, die zu artistischen Verrenkungen führen („Ich würde mich auf den Kopf stellen, wenn . . .“), nicht geizen.
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Auch Ellen und Walter Tietz sind begeistert. „Ich kenne die Springmaus noch aus Studienzeiten in Bonn“, sagt sie: „Immer wieder einmalig.“
Zahlreiche Premieren-Gäste klopfen Initiator Wißkirchen am Ende der Show dankend auf die Schulter. „Das tut so gut wieder nach all dieser Corona-Zeit“, sagt eine Besucherin. Und manchen anderen wundert’s, dass nicht schon bei der Premiere das Zelt proppenvoll war.
Was die „Springmaus“ angeht, gibt’s bereits an diesem Samstag eine weitere Gelegenheit: Dann steht das Bonner Ensemble mit seinem Programm „Alles bleibt anders“ auf der Bühne des Spiegelzelts – und das ist noch lange nicht der letzte kulturelle Leckerbissen in der faszinierenden nostalgischen Spielstätte.