Ihren Geschlechtereintrag im Pass wollen bisher weniger als 50 Menschen in den Rathäusern in Rhein-Bergs Süden ändern.
SelbstbestimmungsgesetzWeniger als 50 Menschen im Süden von Rhein-Berg wollen Pass ändern
Von der lokalen Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt ändert sich kommende Woche eine wesentliche Regelung im deutschen Recht: Ab 1. November dürfen volljährige Personen selbst entscheiden, wie sie im Personenstandsregister „auf dem Amt“ geführt werden. Das mehrheitlich vom Bundestag verabschiedete „Selbstbestimmungsgesetz“ regelt, dass Personen ihren Geschlechtseintrag und Vornamen per Erklärung im Personenstandsregister ändern lassen können – ohne Gutachten, ärztliche Beratungen oder richterliche Beschlüsse.
Schon seit dem 1. August können sich Interessierte anmelden, um dann nach einer dreimonatigen Wartefrist ihre Erklärung ähnlich dem Ja-Wort der Ehe auf dem zuständigen Amt zu sprechen.
Ob Großstadt oder Gemeinde: Quoten im niedrigen Promillebereich
Durch die Neuregelung fürchten die hiesigen Standesämter aber keineswegs, an die Grenzen ihren Leistungsfähigkeit zu geraten. Das Interesse Wechselwilliger liegt überall im niedrigen Promillebereich der Gesamtbevölkerung, ergab eine Umfrage dieser Redaktion zu Wochenbeginn in den fünf Rathäusern des Südkreises.
Dabei hat die kleinste der fünf Südkreis-Kommunen, Odenthal, anteilig durchaus nicht die geringste Zahl Wechselwilliger. „Wir haben aktuell fünf Anmeldungen“, sagt Standesbeamtin Sylvia Schmidt. Bei einer Einwohnerzahl von 15 616 Personen (nach dem jüngsten Zensus) entspricht das einer Quote von 0,32 Promille.
Fünf Anmeldungen in Odenthal, 30 in Bergisch Gladbach
Zum Vergleich: Köln (1,02 Millionen Einwohner) kommt bei 360 Anmeldungen auch nur auf 0,35 Promille, Münster (304 000 Einwohner) mit 110 Personen auf 0,36 und Essen (571 000 Einwohner) mit 160 Personen sogar nur auf 0,28 Promille. Bei ihren fünf aktuell Anmeldungen hält es die Odenthaler Standesbeamtin indes noch nicht für ausgemacht, ob alle den Schritt auch wirklich gehen – die nächsten Wochen werden es zeigen.
In absoluten Zahlen auf Platz 1, umgerechnet auf den Anteil an der lokalen Bevölkerung aber auf Platz 2 steht im Südkreis Bergisch Gladbach. Hier sind laut Pressesprecher Patrick Ortmanns „bislang 30 Anmeldungen eingegangen. Der Andrang ist demnach nicht so groß, dass Extraschichten oder Ähnliches nötig sind.“ 30 Anmeldungen entsprechen umgerechnet auf die 110.898 Gladbacher 0,27 Promille.
Gar keine Anmeldung in Kürten
Nach dem Bevölkerungsanteil auf Platz 3 folgt Overath. Sprecherin Sissy Fielstettte: „Bei uns hat es bislang sieben Anmeldungen gegeben“ – das entspricht 0,26 Promille. Danach folgt Rösrath. Sprecher Marcel Roßmann: „In Rösrath sind bisher fünf Anmeldungen auf Geschlechtsänderung eingegangen.“ Sonderschichten gibt es auch hier nicht, die Fälle können „nach entsprechender Terminvereinbarung im laufenden Betrieb durch die Mitarbeiterinnen des Standesamtes bearbeitet werden“. Die Quote: 0,18 Promille.
Den niedrigsten Wert hat die Gemeinde Kürten. Willi Hembach, allgemeiner Vertreter von Bürgermeister Willi Heider, gibt Auskunft: „Wir haben bisher gar keine Anmeldungen“ - was eine Quote von 0,0 Promille bedeutet.
Minimale Zahl Betroffener, lauter politischer Streit
Angesichts der real so sehr geringen Zahl transgeschlechtlicher, intergeschlechtlicher oder nicht-binärer Menschen, die de jure ab dem 1. November, de facto wegen des Feiertages erst ab dem 4. November ihren Geschlechtseintrag ändern lassen wollen, überrascht die Vehemenz, mit der um das neue „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag“ gerungen worden ist – ein Gesetz, das als Ziel angibt, das „Recht jeder Person auf Achtung und respektvolle Behandlung in Bezug auf die Geschlechtsidentität zu verwirklichen“.
Bei uns im Süden des Rheinisch-Bergischen Kreises wollen aktuell gerade mal 47 von 200 000 Einwohnern (0,23 Promille) davon Gebrauch machen.