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DiskriminierungOdenthaler Schulzentrum will Vielfalt voranbringen und Regenbogenflagge zeigen

Lesezeit 3 Minuten
Der Autor Lutz van Dijk steht mit einem Mikrofon in der Hand vor Schülerinnen und Schülern.

Der Autor Lutz van Dijk im Gespräch mit Schülerinnen und Schülern des Schulzentrums Odenthal.

Am Schulzentrum in Odenthal wird seit 13 Jahren darauf geachtet, dass niemand diskriminiert wird. Bald soll am Eingang die Regenbogenflagge gezeigt werden.

„Ich hoffe sehr, dass ihr, wenn ihr einmal im Leben wirklich gefragt seid, nicht wegschaut, sondern den Mund aufmacht und helft.“ Mit diesem eindringlichen Appell wandte sich der Autor Lutz van Dijk an sein Publikum, Schüler und Schülerinnen des Schulzentrums Odenthal. Hier wurde am Dienstag die Schule der Vielfalt gefeiert, ein Projekt, dem das Gymnasium seit 13 Jahren verpflichtet ist, „damals die dritte Schule weltweit“, so Björn Kiefer, Lehrer am Gymnasium.

Die Feier zum Zehnjährigen verhinderte 2020 Corona, nun holte man dies nach und bekam zudem zusätzliche Unterstützung von der Ganztagsrealschule. Die war nämlich noch gar nicht gegründet, als das Projekt „Schule der Vielfalt“ nebenan seinen Anfang nahm. „Doch das Schild hing immer schon da“, erklärte Petra Hotopp, Schulleiterin der Realschule, die in die Räume der vormaligen Hauptschule einzog.

Odenthaler Schulen unterschreiben Selbstverpflichtungserklärung

Jetzt unterschrieben die Schulleitungen des Gymnasiums und der Realschule sowie die Schüler- und die Schulpflegschaftsvertretung in einer Feierstunde mit Musik und Kunstaktionen die Selbstverpflichtungserklärung, das Thema Vielfalt in ihren Einrichtungen voranzubringen.

Das Anti-Diskriminierungs-Programm „Schule der Vielfalt“ setzt sich dafür ein, dass an Schulen ein Klima des gegenseitigen Respekts und der Toleranz herrscht, unterschiedliche Lebensformen akzeptiert und respektiert werden und mehr gegen Homo- und Transphobie getan wird. Denn immer noch gilt „schwul“ als Schimpfwort.

Homofeindlichkeit soll in Odenthal die rote Karte gezeigt werden

Um das Ziel zu erreichen und Homofeindlichkeit „die rote Karte“ zu zeigen, ist am Schulzentrum einiges geplant. „Es wird Fortbildungen für das Kollegium geben“, sagte Björn Kiefer, „denn Lehrkräfte übersehen immer noch häufig herabsetzende Kommentare oder Schimpfwörter“.

Zur Sensibilisierung für die Thematik gehöre der achtsame Umgang mit Sprache. Rollenklischees könnten selbst in mathematischen Textausgaben aufgebrochen werden, die Regenbogen AG, die offen sei für alle, soll Schutzraum sein. Am Internationalen Tag gegen Homophobie sind Aktionen geplant, es gebe in der Schulbibliothek „Coming-out-Literatur“ und auch eine „Promi-Galerie berühmter queerer Menschen“.

„Mutig aufzutreten, ist eine besondere Leistung“

„Dass ihr mutig auftretet, ist eine ganz besondere Leistung“, lobte van Dijk die Regenbogen AG am Gymnasium. Der 1955 geborene Historiker, Pädagoge und Autor mit deutsch-niederländischen Wurzeln kämpft schon sein ganzes Leben lang gegen Diskriminierung und Rassismus und greift diese Themen auch in seinen Veröffentlichungen auf.

Mit den Büchern „Verdammt starke Liebe“ und „Kampala – Hamburg. Roman einer Flucht“ im Gepäck kam er nach Odenthal, um den Jugendlichen zu zeigen, wie gefährdet die Freiheit stets ist und war. Und wie schnell Menschen, nur weil sie anders lieben, kriminalisiert werden können.

Regenbogenflagge soll Vielfalt am Odenthaler Schulzentrum zeigen

„Als ich 14 Jahre alt war, da war ich nach damaliger Gesetzgebung ein Krimineller“, sagte van Dijk mit Blick auf den erst 1994 in Deutschland abgeschafften Paragraf 175 Strafgesetzbuch, der die strafrechtliche Verfolgung von schwulen und bisexuellen Männern vorsah. Die Jugendlichen in Odenthal nahm er mit auf eine spannende Reise durch die Geschichte, die Kulturen und Lebenswege - immer mit der Botschaft, dass Vielfalt nicht Bedrohung, sondern Bereicherung darstellt.

Diese Vielfalt soll am Schulzentrum Odenthal künftig auch von außen sichtbar sein: An der Eingangsfassade soll die Pride-Flag prangen, eine Regenbogenflagge, die auch queere und trans Menschen repräsentiert.


Lutz van Dijk

Der Deutsch-Niederländer wurde 1955 in West-Berlin geboren. Mit 18 Jahren ging er in die USA, arbeitete später als Sonderschullehrer in Hamburg und war Mitarbeiter des Anne-Frank-Hauses in Amsterdam. Seit 2001 lebt er in Kapstadt, wo er sich als Mitbegründer der Stiftung Hoksia mit seinem Mann um von Aids betroffene Kinder und Jugendliche in einem Township kümmert.

Seine Bücher, die sich mit den Nöten von Minderheiten beschäftigen, wurden in viele Sprachen übersetzt und erhielten zahlreiche internationale Auszeichnungen, u.a. den Deutschen Jugendliteraturpreis für „Die Geschichte der Juden“. Van Dijk war Mitinitiator einer erfolgreichen Petition für eine Gedenkstunde im Bundestag für Homosexuelle, die Opfer der NS-Diktatur wurden. (spe)