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GeflüchteteObergrenze für Container-Standort in Rösrath bleibt unverändert

Lesezeit 4 Minuten
In Containern am Standort Kammerbroich in Rösrath werden unverändert maximal 72 Geflüchtete untergebracht.

In Containern am Standort Kammerbroich in Rösrath werden unverändert maximal 72 Geflüchtete untergebracht.

Am Container-Standort Kammerbroich in Rösrath kommen maximal 72 Geflüchtete unter. Sporthallen werden nicht genutzt.

Nur teilweise Klarheit hat der Stadtrat bei dem aktuellen Streitthema, der Unterbringung von Geflüchteten, geschaffen. Geklärt ist, was nicht geht: Der Stadtrat hat einstimmig, bei wenigen Enthaltungen, beschlossen, Geflüchtete nicht in Sporteinrichtungen der Stadt, insbesondere Turnhallen, unterzubringen.

Noch eindeutiger, einstimmig ohne Enthaltung, war der Beschluss, am Standort Kammerbroich nur die geplanten 72 Personen in Containern einzuquartieren – und definitiv keine weiteren Personen. Für die von der Stadtverwaltung vorgeschlagene Aufstellung von zusätzlichen Containern am Kammerbroich – für weitere Personen – gab es keine einzige Ja-Stimme.

Rösrath: 250 Bürger verfolgten Sondersitzung des Stadtrats

Über 250 interessierte Bürgerinnen und Bürger verfolgten die Diskussion in der kurzfristig einberufenen Sondersitzung des Stadtrats – insbesondere Mitglieder von Sportvereinen, die von einer Belegung von Turnhallen betroffen gewesen wären, aber auch Aktive aus der Bürgerinitiative Heidefreunde, die besonders die Debatte über die Container am Kammerbroich kritisch begleitet.

Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger demonstrierten vor der Stadtratssitzung in Rösrath.

Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger demonstrierten vor der Stadtratssitzung in Rösrath.

Die versammelten Bürgerinnen und Bürger erlebten, dass die von der Verwaltung vorgelegten und insbesondere von Bürgermeisterin Bondina Schulze (Grüne) vertretenen Vorschläge – zusätzliche Container am Kammerbroich und Unterbringung von Geflüchteten in Turnhallen – im Stadtrat komplett abgelehnt wurden. „Noch nie ist ein Bürgermeister mit seiner Beschlussvorlage so krachend gescheitert“, stellte Fors-Park-Fraktionschef Yannick Steinbach nach der Sitzung fest.

Offen bleibt allerdings, wo die Geflüchteten stattdessen unterkommen sollen. Darüber beriet der Stadtrat in nicht-öffentlicher Sitzung – im Anschluss an die öffentliche Debatte mit 250 Interessierten. Wie verlautet, wurde dabei nichts beschlossen. „Die Bemühungen zur Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten laufen konsequent weiter“, teilt die Stadt dazu mit.

Alternativen zu Container in Rösrath sind noch nicht konkret

Welche Standorte für die Aufstellung zusätzlicher Wohncontainer nun im Gespräch sind, bleibt unbekannt. Deutlich wird aber, dass die nun zu findenden Alternativen noch nicht sehr konkret sind. Vielmehr ruft die Stadt erneut dazu auf, ihr Wohnraum für Geflüchtete anzubieten.

Ungeklärt ist auch, wie groß der Druck, Geflüchtete kurzfristig unterzubringen, ist. Der Erste Beigeordnete Martin Stolte beleuchtete immerhin die Entwicklung in diesem Jahr: Aktuell seien 620 Menschen in Unterkünften untergebracht, 121 davon seien im laufenden Jahr nach Rösrath gekommen. Es gebe eine „Dynamik“ der Zuweisung von Geflüchteten durch das Land NRW, „die nicht wirklich planbar ist“. Wie viele weitere Personen in welchem Zeitraum zu erwarten sind, wurde damit nicht transparent.

Dass die Turnhalle am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium nach dem Willen des Stadtrats – im Gegensatz zur kurzfristigen Ankündigung der Verwaltung – nicht für Geflüchtete genutzt wird, bleibt aber offenbar ohne unmittelbare Konsequenzen für die Geflüchtetensituation. Schulen und Sportvereine können sich freuen.

Heftige Kritik an der Stadtverwaltung

Vor diesem Hintergrund kam bei Stadtratsmitgliedern der Eindruck auf, die von der Verwaltung angekündigte Belegung der Turnhalle mit Geflüchteten habe sie nur unter Druck setzen sollen: Um sie dazu zu bringen, eben doch mehr als die 72 bereits akzeptierten Geflüchtete am Kammerbroich zu genehmigen. Obwohl die Politik eben dies einhellig ablehnte, wie schon vor der Stadtratssitzung erkennbar wurde, schlug es die Verwaltung in ihrer schriftlichen Vorlage vor – das sorgte im Stadtrat für heftige Kritik an der Verwaltung. „In der Vorlage steht absolut nichts drin, was wir für unsere Entscheidung gebrauchen könnten“, sagte FDP-Fraktionschef Erik Pregler.

Dass Bürgermeisterin Schulze die von der Verwaltung gewünschten und vom Stadtrat nun abgelehnten zusätzlichen Container am Kammerbroich zunächst mit einer Dringlichkeitsentscheidung durchsetzen wollte, bei der zunächst nur ein einziger Fraktionschef hätte zustimmen müssen, fand ebenfalls erneut ein kritisches Echo. Solche Frage dürfe „nicht im stillen Kämmerlein“ entschieden werden, sondern gehöre in den Stadtrat, betonte CDU-Fraktionschef Marc Schönberger.

Andrea Büscher (FDP) sagte, „das Instrument der Dringlichkeitsentscheidung“ dürfe „nicht missbräuchlich benutzt werden“. Yannick Steinbach (Fors-Park) zeigte sich zufrieden, dass es zu der von SPD, Fors-Park und FDP beantragten Sondersitzung des Stadtrats kam – anstelle der von Schulze gewollten Dringlichkeitsentscheidung.

Angesichts der über 250 interessierten Bürgerinnen und Bürger sei die öffentliche Stadtratssitzung offenkundig „das richtige Verfahren“, so Steinbach. Für die Grünen, die wie die anderen Fraktionen maximal 72 Personen am Kammerbroich akzeptierten und Turnhallen nicht für Geflüchtete nutzen wollten, drang Fraktionschef Markus Plagge auf weitere Vorschläge der Verwaltung: Nötig sei „Planung, Planung und nochmals Planung“, so Plagge. „Wir müssen mehrere Szenarien planen.“


Container-Standort in Rösrath: Sicht von Betroffenen

Zu Wort kamen auch die Bürgerinitiative Heidefreunde und der Verein für Gesundheit und Sport (VGS), die Stadtratssitzung wurde dafür offiziell unterbrochen. Frank Krückeberg von den Heidefreunden plädierte erneut dafür, Geflüchtete in kleineren Einrichtungen mit 25 oder 30 Personen unterzubringen. Mehr als die geplanten 72 Personen am Kammerbroich seien keinesfalls verträglich. Paul Langohr vom VGS wies darauf hin, dass sein Verein Hauptnutzer der Turnhalle am Gymnasium sei und eine Belegung der Halle mit Geflüchteten für den VGS existenzbedrohlich wäre. Eine Auflösung des VGS wäre „äußerst bitter“.