Ein Jahr nach der FlutWie Rösrath den Hochwasserschutz an der Sülz verbessern will
Rösrath – Ein Jahr nach dem Starkregen und der verheerenden Überschwemmung vom 14./15. Juli 2021 haben viele Betroffene immer noch mit den Folgen der Katastrophe zu tun. Gleichzeitig ist die Diskussion über Vorsorge gegen solche Extremereignisse in Gang gekommen – besonders in Rösrath, der Stadt, die das Hochwasser im Rheinisch-Bergischen Kreis besonders getroffen hat. Dort wurden Schutzmaßnahmen auf den Weg gebracht und die Kommune prüft weitere Möglichkeiten.
Am weitesten gediehen ist das Vorhaben, am Sülzbogen Retentionsflächen zu schaffen. Das planungsrechtliche Verfahren läuft, der Stadtrat hat es einstimmig auf den Weg gebracht. „Da sind wir mit Hochdruck dran“, sagt Dezernent Christoph Herrmann. Er hofft, ein neuer Flächennutzungsplan könnte im nächsten Jahr rechtskräftig werden.
Verzicht auf Bebauung hochwassergefährdeter Fläche
Außerdem hat die Stadt Rösrath auf die Bebauung einer hochwassergefährdeten Fläche in der Ortsmitte Hoffnungsthal verzichtet. Sie setzt damit ein Signal beim Umgang mit Grundstücken in Sülznähe, die bei der Überschwemmung im letzten Jahr überflutet waren. Die Fläche ist in städtischem Eigentum und liegt zwischen Hauptstraße, Bahnhofstraße, Poltesgarten und Sülzufer. Anvisiert war, das Gelände in drei Grundstücke aufzuteilen und zu verkaufen. Die Stadt konnte mit einem Erlös von insgesamt rund 400 000 Euro rechnen.
14./15. Juli 2021
Tag der Erinnerung
zur Flutkatastrophe vom 14./15. Juli 2021 findet am Jahrestag der Überschwemmung statt: Interessierte treffen sich am Donnerstag, 14. Juli, um 17.30 Uhr auf dem Rathausplatz in Hoffnungsthal. Veranstalterin ist die Initiative Engagierte Stadt Rösrath, die unter dem Dach der Bürgerstiftung Rösrath arbeitet. Zu Wort kommen Betroffene der Katastrophe wie Künstlerin Ulrike Oeter und Helfer wie zum Beispiel Busunternehmer Sascha Meurer. Auch Bürgermeisterin Bondina Schulze und Kirchenvertreter sollen sprechen. „Als Engagierte Stadt möchten wir den Betroffenen zeigen, dass wir auch heute noch an sie denken und zugleich die vielen Helfer würdigen“, erklärt Ehrenamtskoordinatorin Eva Richter.
Nach dem Gedenken auf dem Rathausplatz folgt um 19 Uhr eine ökumenische Gedenkandacht in der Versöhnungskirche, Hauptstraße 16. Dazu laden die Kirchengemeinden ein. Ein geselliges Beisammensein schließt sich an. (tr)
Beschäftigt hat sich die Stadt auf Initiative der Kommunalpolitik mit den im Vorjahr überschwemmten Flächen, für die rechtskräftige Bebauungspläne bestehen. Im Planungsausschuss gab sie einen Überblick. Sie listete insgesamt 15 betroffene Gebiete auf, in denen ein Bebauungsplan gilt und damit Baurecht besteht. Die meisten dieser Flächen sind überwiegend bebaut, es gibt aber auch noch unbebaute Grundstücke, auf denen auch künftig Bauprojekte möglich sind. Denn eine Aufhebung der Bebauungspläne und somit der bestehenden Baurechte ist nicht möglich – jedenfalls nicht ohne Entschädigung der Betroffenen, das machte Dezernent Herrmann klar.
Durch Vorsorge Folgen von Starkregen vermindern
Mehr Handlungsmöglichkeiten dagegen versprechen sich Politik und Verwaltung von einem „Audit Hochwasser“, das die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) anbietet. Nach der Sommerpause soll ein Auftrag vergeben werden. Die Fachleute sollen zwei Tage vor Ort sein, um die lokale Situation zu begutachten. Sie sollen Stärken und Schwächen feststellen, alle wichtigen Daten zum Hochwasser analysieren und am Ende Maßnahmen vorschlagen.
Kommunen überprüfen
Pläne für den Hochwasserschutz
In allen Kommunen des Kreises hatten die Menschen mit den Folgen der Flut zu kämpfen. Im Nachgang wurde zwischen Politik und Verwaltung diskutiert, was man tun kann, um ähnliche Katastrophen zu verhindern, beziehungsweise die Folgen besser im Griff zu haben.
Bergisch Gladbach Am Tag des Hochwassers war an mehreren Stellen im Stadtgebiet Land unter, besonders stark betroffen waren Anwohner der Odenthaler Straße. Hier war in Höhe der Hebborner Kreuzung ein Regenrückhaltebecken voll- und wenig später übergelaufen. Die Stadt sagte eine Prüfung des Beckens zu, eine Überflutung hätte aber auch bei einer anderen Dimensionierung des Beckens nicht verhindert werden können. Für das Projekt Strunde hoch zwei prüft der Strundeverband den Verlauf der Strunde in Gierath. (cbt)
Overath Auch auf den Höhen muss die künftige Bebauung im Hinblick auf den Hochwasserschutz überprüft werden, da die weitere Flächenversiegelung das Hochwasserrisiko in den Tallagen erhöhen könnte. Das geplante Gewerbegebiet in Untereschbach steht also zur Disposition, auch bereits bebaute Flächen an der Agger in Vilkerath sollen als Retentionsflächen ausgewiesen werden. Die Gremien beraten über weitere Schutzmaßnahmen. (jer)
Odenthal Mit der IG Dhünn-Hochwasser hat sich ein Gremium flutgeschädigter Anwohner gebildet. Eine „Expertenrunde Starkregenereignis“ soll ausschussübergreifend politische Entscheidungen auf ihre Folgen für den Hochwasserschutz prüfen. Eine 13 500 Quadratmeter große Fläche am Klärwerk Osenau wurde als Gewerbefläche gestrichen, da sie im Überschwemmungsgebiet der Dhünn liegt. Beim Neubau der Grundschule Odenthal, die Opfer des Wassers wurde, sollen Kriterien des Hochwasserschutzes beachtet werden. Ein Gemeinschaftsantrag der Fraktionen fordert vom Wupperverband die Prüfung baulicher Maßnahmen gegen Überflutungen. (spe)
Kürten Im März hat der Bau- und Planungsausschuss die Einrichtung eines Lenkungsausschusses Hochwasser beschlossen. Federführend soll das Gremium von Bürgermeister Willi Heider (parteilos) geleitet werden. Als Mitglieder in diesem Ausschuss sind die an die Sülz angrenzenden „Unterliegerkommunen“ von Kürten vorgesehen. Für den von der Flut besonders stark betroffenen Ortsteil Dürscheid (Hochwasser des Dürschbachs) haben die Gemeinde und der für den Bachlauf zuständige Aggerverband ein umfassendes Maßnahmenpaket erarbeitet. Unter anderem wird darin eine Ausweitung des Durchlasses an der Wipperfürther Straße geprüft. (cbt)
Auch in internen Arbeitsgruppen beschäftige sich die Stadt mit notwendigen Vorkehrungen, so Herrmann. Zum einen gehe es um das „Abstellen von Schwachstellen“, an denen durch Vorsorge die Folgen von Starkregen und Hochwasser gemildert werden könnten. Im Blick hat die Stadt dabei vor allem Bäche, aber auch weitere Retentionsmöglichen auf öffentlichen oder privaten Flächen. Zum anderen geht es bei internen Arbeitsgruppen um das Vorgehen in einem Krisenfall – um Evakuierung und Unterbringung von Betroffenen und die Frage, was sich dabei noch verbessern lässt.
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Mehrere Gespräche über Schutzmaßnahmen hat es laut Stadtverwaltung inzwischen mit dem Aggerverband gegeben. Die Idee, mit den anderen Kommunen entlang der Sülz über Vorsorge zu sprechen, ist demnach aber noch nicht umgesetzt. Hintergrund ist, dass Fachleute vor allem am Oberlauf des Flusses noch am meisten Potenzial für zusätzliche Retentionsräume sehen: Die Kommunen am Unterlauf, darunter Rösrath, könnten für einen Ausgleich sorgen und sich insbesondere an den Kosten beteiligen. Der Aggerverband könnte dies initiieren – ein Hindernis ist laut Herrmann aber, dass Hochwasserschutz bisher „offiziell noch nicht zu den Aufgaben des Aggerverbands“ gehöre.