KabarettfestivalFrische Gedanken und alter Männerhumor in Rösrath
Rösrath – Es war bereits das zehnte Rösrather Kabarettfestival, das der Kulturverein Schloss Eulenbroich auf die Beine gestellt hat – eine Bereicherung für das Kulturangebot in der ganzen Region und eine beachtliche Leistung aller Beteiligten. Auch beim zehnten Mal ist es – trotz nicht ganz einfacher Umstände – gelungen, interessante neue Gesichter aus der Kabarettszene zu gewinnen. Und die Beiträge, zumindest im Finale, waren alle auf angemessenem Niveau – für ein Nachwuchsfestival, versteht sich.
Auch eine Überraschung hat das Festival gebracht: Mit Martin Quodbach aus Köln wurde ein Künstler, der wirklich neu ist auf der Kabarettbühne, vom Publikum zum Festivalsieger gekürt. Damit setzte er sich gegen drei andere Beiträge im Finale durch – von Künstlerinnen und Künstlern, die schon deutlich mehr Bühnenerfahrung mitbrachten. Quodbachs Themen sind altbekannt, dazu gehören der satirische Blick auf die Beziehungen von Frauen und Männern oder auf den Lehrerberuf.
Unterhaltung mit eingängigen Texten
Doch ihm gelangen Lieder, die das mit eingängigen Texten auf amüsante Weise verarbeiten. Ein Beispiel: „Wir streiten uns so gern auf der Lehrerkonferenz – was wär’ das Leben fad ohne Meinungsdifferenz!“ Einfach, aber lustig, und mit Gitarrenbegleitung sympathisch vorgetragen. Einen etwas anderen Ansatz brachte Quodbachs Lied von der Eintagsfliege, da mischte sich Melancholie in die gute Laune: Als Eintagsfliege könnte er „leben, als gäb’ es kein Morgen“, heißt es im Text. Dafür griff Quodbach mit dem Lied vom Mann am Grill wieder ganz tief in die Register des Männerhumors. „Er ist der Held der Welt und grillt“, hat er getextet. Das ist prägnant, sicher treffend, aber bestimmt nicht originell.
Dass das für den Festivalsieg reichte, war nicht ohne weiteres nachvollziehbar – angesichts der starken Konkurrenz. So beeindruckte Lara Ermer aus Frankfurt mit einem wirklich erfrischenden Auftritt, bei dem sie scheinbar frei von der Leber weg redete und sich beim Publikum auch keineswegs anbiederte. Im Gegensatz zu Quodbach bestätigte sie nicht traditionelle Rollen, sondern mokierte sich zum Beispiel über Familienrituale oder den Dialekt ihrer fränkischen Heimat – Letzterer funktioniere als „Verhütungsmethode“. Auch krasse Online-Kommentare zu früheren Auftritten nahm sie auf die Schippe, zum Beispiel die Attacke eines Manns, der sich an ihrem Thema Menstruation störte und die Konsequenz zog: „Ich steche dich ab!“ Angesichts seiner Abwehr gegen Blut fand Ermer das nicht logisch. Schließlich wandte sie sich gegen verallgemeinernde Aussagen wie „wir Männer“ oder „wir Frauen“. Dabei entwickelte sie eine ganz eigene feministische Perspektive. Das reichte wenigstens für Platz zwei.
Gelungen, aber unterbewertet
Überzeugend war auch der Auftritt von Sabine Domogala aus Bonn als „Lebens- und Motivationstrainerin“. Für ihre Paarberatung setzte sie auf einen „Schmerztracker“ genannten simplen Hammer. Dieser mobilisiere Empfindungen. Auch bei Kanzler Olaf Scholz habe er gewirkt – und ihn nach langem Schweigen „zurück zur Sprache geführt“. Auch andere Politiker habe sie mit dem „Schmerztracker“ erfolgreich behandelt, so Domogala, die mit ihrem Beitrag für gute Unterhaltung sorgte. Für das Arbeitsleben empfahl sie, abends als Erster nach Hause zu gehen, das signalisiere der weiter arbeitenden Kollegin: „Ich glaube an dich“. Mit Platz vier blieb Domogalas Auftritt deutlich unterbewertet.
Schauspielerisch gelungen, aber inhaltlich nicht immer nachvollziehbar, war der Beitrag des Bonner Duos Blömer/Tillack unter dem Motto „Mehr Utopie wagen“, analog zu Willy Brandts berühmter Devise „mehr Demokratie wagen“. Dabei karikierten die beiden Künstler unter anderem eine penetrante Umwelterziehung der heutigen Kinder: „Wir alten Umweltversager“ würden damit dem Nachwuchs „einimpfen“, umzugehen „mit den Problemen, die wir so gemacht haben“. Bernd Blömer in der Rolle als Kind „Ernesto“ mit Piepsstimme reagierte aber recht aufmüpfig, worauf Dirk Tillack in der Erwachsenenrolle beschwichtigend und damit höchst unglaubwürdige reagierte. Platz drei.
Charme des Lokalen
Eine neue Erfahrung für den Rezensenten, der immerhin schon zum achten Mal ein Rösrather Kabarettfestival besuchte, war, dass er die Entscheidung des Publikums nicht unbedingt teilte – das war sonst anders. Zu würdigen ist indessen die Moderation von Alwin-Georg Maibach für den Kulturverein und von Sponsor Jürgen Rembold: Das hatte den Charme des Lokalen, den ein Profi-Moderator nicht hätte einbringen können.
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Insgesamt bleibt das Festival beim Publikum bislang unterbewertet: Da strömen Hunderte nach Paffrath zu „Kabarett an der IGP“ oder in den Bergischen Löwen, auf erfrischende neue Gesichter lassen sich dagegen relativ wenige Kabarettfans ein.