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AktenStadt Rösrath und Anwohner streiten über das Alter einer Straße – um so viel Geld geht es

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Die Gerhart-Hauptmann-Straße soll ersterschlossen werden.

Die Gerhart-Hauptmann-Straße soll ersterschlossen werden.

Könnte eine Straße nicht komplett erschlossen sein, obwohl auf ihr alte Häuser stehen? Die Stadt sagt ja, die Anwohner haben Akten.

Wann müssen Anwohner für den Ausbau einer Straße zahlen? Die Antwort darauf ist komplizierter, als man denken könnte. Das zeigt der Fall der Gerhart-Hauptmann-Straße in Rösrath, über den der Bauausschuss beriet. Zunächst war die Stadtverwaltung völlig sicher, dass die Rechtslage vorschreibe, Anwohnerbeiträge zu erheben. Nach Einwänden der Betroffenen wollte sie die Sachlage im konkreten Fall erneut prüfen. Damit war vor der Ausschuss-Sitzung eigentlich nicht zu rechnen.

Sichtweisen von Stadt Rösrath und Anwohnern gehen auseinander

Was ist geschehen? Ausgangspunkt der unterschiedlichen Sichtweise von Stadt und Anwohnern ist die seit 2024 geänderte Rechtslage in Nordrhein-Westfalen. Der Landtag hat die Abschaffung der Anwohnerbeiträge für den Ausbau kommunaler Straßen beschlossen – mit einer Änderung des Kommunalabgaben-Gesetzes (KAG).

Das betrifft alle Ausbaumaßnahmen, die nach dem 1. Januar 2024 beschlossen wurden oder werden. Das ist bei der Gerhart-Hauptmann-Straße der Fall, der Ausbau-Beschluss steht noch aus. Trotzdem will die Stadt Rösrath die Anwohner an den Kosten beteiligen, denn ihrer Ansicht nach geht es in der Straße nicht um Beiträge zum Ausbau, sondern um Erschließungsbeiträge, also Gebühren für die erstmalige Herstellung einer Straße: Diese werden auch nach der KAG-Änderung weiterhin erhoben – Grundlage ist hier das Bau-Gesetzbuch.

Wurde dieser Straßenabschnitt in Rösrath schon angelegt?

Warum aber sind Erschließungsbeiträge für eine Straße, die seit Jahrzehnten besteht – die ersten Häuser wurden offenbar in den 1930er Jahren gebaut – zu bezahlen? Die betroffenen Anwohner sind der Meinung, dass es sich um eine bereits angelegte Straße handelt.

Die Stadt Rösrath, die sich von einer spezialisierten Anwaltskanzlei beraten ließ, vertritt dagegen die Ansicht, dass die Straße in dem auszubauenden Abschnitt zwischen Gerottener Weg und der Mitte des Grundstücks Gerhart-Hauptmann-Straße 16 „noch nicht erstmalig hergestellt“ sei, sie entspreche „nicht den durch die Erschließungssatzung der Stadt Rösrath festgelegten Merkmalen der erstmaligen Herstellung“.

Trotz sehr alter Häuser ist ein Teil der Straße noch nicht erschlossen

Vor diesem Hintergrund bedauerten Verwaltung und Ausschussmitglieder die Belastung der Anwohner. SPD-Ratsherr und Baufachmann Jürgen Bachmann sagte im Ausschuss: „Die Rechtslage ist eindeutig.“ Es gebe „keinen Ermessensspielraum“. Bachmann: „Es tut uns leid.“ Reinhold Henseler (CDU) erklärte, angesichts der „sehr alten Gebäude“ in der Straße hätten die Anwohner verständlicherweise „nicht auf der Rechnung, dass da noch Erschließungskosten zu leisten sind“. Das sei aber leider der Fall.

Fachbereichsleiterin Kerstin Frey von der Stadtverwaltung erklärte, der wichtigste Punkt sei die Entwässerung. Eine voll ausgebaute Straße müsse eine Entwässerung aufweisen, sie existiere aber nicht. Die Konsequenz: „Hier haben wir keine ordentliche Erschließungsanlage“, so Frey. Der Ausbau sei also eine „erstmalige Erschließung“. Bachmann räumte ein, das sei „verdammt schwer zu vermitteln“.

Eine Wende in der Diskussion brachte Anwohner Olaf Oberhäuser, der Unterlagen aus der Zeit des Baus der Gebäude, von 1934 bis 1941, vorlegte. Danach wurden offenbar schon in den 1930er Jahren Beiträge bezahlt. Das beeindruckte auch Bachmann. Der Ausschuss war sich schnell einig, das Thema zu vertagen – mit dem Auftrag an die Verwaltung, die vorgelegten Unterlagen zu prüfen. Dabei soll sie erneut juristischen Rat einholen.