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Menschen im BergischenFlug ins andere System – Heinz Hundlers DDR-Abenteuer

Lesezeit 3 Minuten

Das Fliegen war für Heinz Hundler eine Leidenschaft. Er suchte Herausforderungen.

Rösrath – „Mein Mann wollte immer was anderes machen“, erinnert sich Waltraud Hundler aus Rösrath-Hoffnungsthal an ihren 2006 verstorbenen Ehemann Heinz. Dessen Leidenschaft war das Fliegen als Hobbypilot. Und er scheute sich nicht vor Herausforderungen, so plante er Ende der 80er Jahre auch einen Flug per Privatflugzeug in die DDR. Das war ungewöhnlich, erwies sich aber als machbar.

Heinz Hundler, der in der Interessengemeinschaft der Motorflieger Bonn-Hangelar (IGMF) aktiv war, erhielt die Genehmigung, sich mit zwei IGMF-Vereinskollegen im Mai 1988 auf den Weg zu machen – mit Karsten Riehl und Herbert Frintrup.

Waltraud Hundler und Karsten Riehl erinnern sich.

Drei Tage waren die drei Hobbyflieger aus dem Rheinland in der DDR, doch sie sammelten tiefe Eindrücke. Waltraud Hundler erinnert sich, ihr Mann habe anschließend von der Unzufriedenheit der DDR-Bevölkerung berichtet – rund ein Jahr vor dem Mauerfall, der 2019 mittlerweile 30 Jahre zurückliegt. „Er sagte: Da drüben sind alle so unzufrieden, ich glaube, da tut sich bald was“, erzählt sie. Seine Erinnerungen trägt auch Karsten Riehl bei, der zu Hause bei Waltraud Hundler die Fotos und Dokumente, die von dem DDR-Flug zeugen, betrachtet. Sein Vereinskollege Hundler saß beim Hinflug nach Leipzig am Steuer, während Riehl und Frintrup ihn bei der Navigation unterstützten – auf dem Rückflug steuerte Riehl. Dieser berichtet von einigen bürokratischen Vorgaben – so verlangten die DDR-Behörden, dass die Hobbyflieger zunächst über die Tschechoslowakei fliegen sollten, ehe sie in den Luftraum der DDR durften. „Das war vorgegeben, sonst hätten wir nicht einreisen dürfen“, erzählt Riehl.

Das habe einen „Riesen-Umweg“ bedeutet, dafür habe der Sprit nicht gereicht, daher mussten die drei abenteuerlustigen Rheinländer eine Zwischenlandung im nordbayrischen Hof einlegen, um dort neu zu tanken. Nachdem sie von dort in den tschechischen Luftraum geflogen waren, habe sich das Wetter verschlechtert. „Wir kamen der DDR-Grenze immer näher, und das Wetter wurde immer beschissener“, erinnert sich Riehl. Beim Flug nach Sichtflugregeln seien sie aber „auf gutes Wetter angewiesen“ gewesen. Sie hätten daher beantragt, von der Flughöhe abweichen zu dürfen – diese war ebenso wie die Uhrzeit des Überflugs der DDR-Grenze genau vorgegeben. Doch die DDR-Behörden hätten ein Abweichen abgelehnt: „Es war stur.“ So habe Hundler auf eine Wetterbesserung gehofft, die tatsächlich eintrat. Und so gelangte das Trio nach einem abenteuerlichen Flug nach Leipzig. Dort hatten sie das Gefühl, dass sie „ziemlich stark vom Geheimdienst überwacht wurden“, erinnert sich Riehl. In der Bar ihres Hotels sei ihnen aufgefallen, dass Frauen den Kontakt mit ihnen suchten. Auch dabei vermuteten sie, dass die Staatssicherheit im Spiel war, und zeigten sich reserviert. Doch ansonsten gestaltete sich der Aufenthalt reibungslos, auch beim Besuch bei Bekannten in Dresden, die die drei Hobbyflieger eingeladen hatten.

Heinz Hundler mit Karsten Riehl (r.) in Dresden.

Dass ihr Mann den Beruf des Stukkateurmeisters wählte und nicht Profi-Pilot wurde, sei aus Rücksicht auf seinen Vater geschehen, erzählt Waltraud Hundler: Sohn Heinz habe den väterlichen Betrieb übernommen. So sei das Fliegen für ihn zum Hobby geworden. Und eine Möglichkeit, die Lust auf Neues auszuleben. So flog Heinz Hundler 1989, ein Jahr nach seinem ersten DDR-Abenteuer, ein zweites Mal über die immer noch schwer zu überwindende innerdeutsche Grenze.