Vielleicht könnte eine Straßenbahn sogar ohne Oberleitung neben dem Rad-Gehweg auf der alten Bahntrasse zwischen Opladen und Lennep fahren.
MachbarkeitsstudieKreis prüft neue Straßenbahn auf Balkantrasse durch Rhein-Berg
Jahrelang hieß die Frage für die Balkanbahntrasse quer durch den Rheinisch-Bergischen Kreis: Rad oder Schiene? Eine Frage, die zuletzt mit dem Bau eines Rad-Geh-Wegs auf der Trasse der 1983 bis 1997 stillgelegten Eisenbahnstrecke vorläufig beantwortet wurde.
Vorläufig, weil die Devise nun lautet: Rad und Schiene. Laut Kurzstudie des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) wäre die 28 Kilometer lange, einst zweigleisig ausgebaute Trasse prädestiniert dafür, dass auf ihr eine eingleisige Bahnstrecke reaktiviert würde und gleichzeitig daneben ein Rad-Geh-Weg erhalten bliebe. Das teilte die Kreisverwaltung jetzt im Verkehrsausschuss des Kreistags mit. Der hatte auf Antrag von CDU und Grünen die Kreisverwaltung bereits 2021 beauftragt, eine Reaktivierung der früheren Balkantrasse als Bahnstrecke zu prüfen.
Rheinisch-Bergischer Kreis, Leverkusen und Remscheid beauftragen Studie
„Vor allem aufgrund des geringeren Flächenbedarfs bietet eine Ausführung als Straßenbahn dabei deutlich größere Umsetzungschancen“, so die Kreisverwaltung nach der entsprechenden VDV-Kurzstudie.
Daher will der Kreis nun noch in diesem Jahr gemeinsam mit den Städten Leverkusen und Remscheid sowie unter Beteiligung des Zweckverbands Go.Rheinland (vormals: Zweckverband Nahverkehr Rheinland) eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben, die eine Kombination aus eingleisiger Straßenbahn und Rad-Geh-Weg auf der historischen Balkantrasse prüfen soll.
Dabei sollen neben einer elektrisch mit Oberleitung betriebenen Straßenbahn auch alternative Antriebe wie Wasserstoff oder ein batteriebetriebener Elektroantrieb untersucht werden. Der Verzicht auf eine Oberleitung könnte gegebenenfalls Durchfahrthöhenprobleme unter bestehenden Brücken vermeiden helfen.
Nicht dass das Thema Reaktivierung der Balkantrasse in den vergangenen Jahrzehnten nicht schon verschiedentlich politisch diskutiert worden wäre – so greifbar aber schien eine Lösung noch nie. „Das ist die positivste Besprechung dieses Themas, seitdem ich hier tätig bin“, sagt der langjährige Verkehrspolitiker und SPD-Fraktionschef Gerhard Zorn.
„Das hört sich ja so realisierbar an, dass man fast damit rechnen kann, dass es gelingt“, sagt auch Ursula Ehren (Grüne) und räumt dabei ein, dass die schwarz-grüne Koalition 2022, als sie den Antrag gestellt habe, zwar von der Idee beseelt“gewesen sei, aber „gewisse Zweifel an der Realisierbarkeit“ gehabt hatten.
Das Thema sei „für den Nordkreis von enormer Wichtigkeit“, so Thorsten Schmalt (CDU): „Wir können nur hoffen, dass die, die heute als Kinder zur Grundschule gehen, die Chance haben, damit später zur Ausbildung zu fahren.“ Und auch Henning Rehse (Freie Wähler) bezeichnete die Reaktivierung als „spannendes Projekt“.
Nach Vergabe der Machbarkeitsstudie rechnen die Planer mit einer Zeitspanne von zwölf bis 15 Monaten, bis Ergebnisse der Untersuchung vorliegen. Die Anrainerstädte Burscheid und Wermelskirchen sollen ins weitere Vorgehen eng eingebunden werden, der VDV soll beratend zur Seite stehen.
Die Balkantrasse
1876 bis 1881 wurde die Eisenbahnstrecke von Remscheid-Lennep bis Opladen abschnittsweise nach und nach eröffnet. Bis 1910 wurde die Strecke mit einem zweiten Gleis versehen. Ab 1945 war die Strecke nach Zerstörungen im Krieg nicht mehr durchgängig zweigleisig und wurde ab 1958 insgesamt eingleisig zurückgebaut. 1983 bis 1997 wurde die Strecke abschnittsweise stillgelegt. 2012 bis 2014 wurde ein Rad-Geh-Weg auf der Trasse errichtet. Der Name „Balkantrasse“ rührt von der früheren Eisenbahn her. Diese wurde „Balkanexpress“ genannt, da sie durch vergleichsweise wenig bewohntes Gebiet führte. (wg)