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KriminalitätsstatistikJede zweite Straftat in Rhein-Berg wird aufgeklärt

Lesezeit 3 Minuten
Auf einem Wärmebild sind Polizisten bei der Festnahme eines Tatverdächtigen als helle Figuren zu sehen.

Festnahme von mutmaßlichen Geldautomatensprengern nach einer Verfolgungsfahrt in einem Wald bei Odenthal-Osenau. Aufgenommen wurde die Szene mit einer Wärmebildkamera aus einem Polizeihubschrauber.

Deutlich gestiegen ist in Rhein-Berg vergangenes Jahr die Zahl der Gewalttaten. Allein 1625 Körperverletzungsdelikte wurden angezeigt.

Nach der Geldautomatensprengung im märkischen Kierspe nach Rhein-Berg zu flüchten, sei aus Sicht der Täter „ein Fehler“ gewesen, kommentierte Landrat Stephan Santelmann bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik 2022 augenzwinkernd den jüngsten Fahndungserfolg mit der Festnahme von drei Tatverdächtigen in Odenthal. „Wir hatten eine sehr gut aufgestellt Verfolgungskette.“

Jeder zweite Wohnungseinbruchdiebstahl wird nicht vollendet.
Marc André Linden, Leiter Direktion Kriminalität bei der Kreispolizei Rhein-Berg

Zwar ist die spektakuläre Festnahme erst Anfang Februar erfolgt und daher nicht in die Jahresbilanz 2022 eingeflossen, doch auch in anderen Bereichen sind nach Einschätzung der Verantwortlichen trotz steigender Zahlen von Straftaten (wir berichteten) nachhaltige Erfolge von Polizeiarbeit zu erkennen:

Wohnungseinbruch: Zwar ist die Zahl der Wohnungseinbrüche pro 100.000 Einwohner gegenüber dem Vorjahr in Rhein-Berg um fünf auf 118 gestiegen, sie liegt aber damit wieder unter dem Wert im Land. Und: „Erfreulich ist, dass die Tätergruppen immer häufiger an Sicherungstechnik scheitern“, so Landrat Santelmann. „Jeder zweite Wohnungseinbruchdiebstahl wird nicht vollendet“, ergänzt Kripo-Leiter Marc André Linden.

Neben zentralen Beratungsangeboten gehen Präventionsexperten der Polizei auch verstärkt auf Streife in Wohngebieten, um Bewohner aktiv auf „Schwachstellen“ wie gekippte Fenster oder leicht zu erkletternde Balkone hinzuweisen.

Zwei Polizeibeamte beraten einen Hausbewohner, der am Tor zu seinem Grundstück steht.

Auch auf Patrouille gehen Polizeibeamte, um Bürgerinnen und Bürgern Tipps gegen Einbrecher zu geben. Jeder zweite Einbrecher scheitert mittlerweile.

Die Häufigkeit von Einbrüchen (hochgerechnet auf 100 000 Bewohner) ist in Odenthal vergangenes Jahr um die Hälfte auf 53 gesunken, während sie sich in Leichlingen auf 215 Einbrüche hochgerechnet auf 100 000 Einwohner mehr als verdoppelt hat.

Gewaltkriminalität: Deutlich gestiegen ist in Rhein-Berg vergangenes Jahr die Zahl der Gewalttaten. Allein 1625 Körperverletzungsdelikte wurden angezeigt (Vorjahr: 1500). Vor allem die Fälle gefährlicher und schwerer Körperverletzung habe um 22 Prozent zugenommen, so der Leiter der Direktion Kriminalität.

Zu diesen Straftaten zählt einerseits Körperverletzung mit einem Tatmittel, also einem als Waffe genutzten Gegenstand, aber auch der Umstand, wenn mehrere Personen an der Verletzung einer anderen Person beteiligt sind (schwere Körperverletzung). Allerdings liege hier auch die Aufklärungsquote bei über 87 Prozent.

Polizeibeamte bei einem Einsatz an ihrem Streifenwagen.

Jede zweite Straftat in Rhein-Berg wird aufgeklärt.

Zum Vergleich: Über alle 13 505 Straftaten gerechnet lag die Aufklärungsquote im vergangenen Jahr bei 53,61 Prozent (Vorjahr: 55,43 Prozent). Damit wurde nur gut jede zweite Straftat aufgeklärt. Besonders gering ist die Aufklärungsquote bei Diebstählen aus oder an Kraftfahrzeugen (4,78 Prozent), aber auch beim Wohnungseinbruchsdiebstahl (14,93 Prozent).

Raubstraftaten: Die Zahl dieser Straftaten ging 2022 leicht von 81 auf 77 zurück. Schwerpunkt bleibt allerdings Bergisch Gladbach, wo die Zahl der Raubstraftaten insgesamt sogar noch anstieg (von 42 auf 55 Fälle), obgleich auch hier die Zahl der Straßenraubdelikte auf elf etwa halbierte. Straßenraub sei in der Regel ein Delikt der Jugendkriminalität, erläuterte Kripo-Chef Linden. Bei den anderen Raubdelikte hätten die Täter unter anderem Kioske, Tankstellen oder Spielhallen überfallen.

Sexuelle Gewalt und Kinderpornografie: Sowohl die erfassten Kindesmissbrauchsfälle sind im vergangenen Jahr nochmals von 37 im Vorjahr auf nun 41 gestiegen, als auch die Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie. Hier stieg die Zahl der erfassten Straftaten von 94 auf 108. Allerdings, so Kripo-Chef Linden, habe es in diesem Bereich in den vergangenen Jahren auch eine deutliche Verstärkung gegeben.

Durch die verstärkte Ermittlungsarbeit holen wir viele Delikte vom Dunkelfeld ins Hellfeld.

Nach dem 2019 in Bergisch Gladbach zuerst enttarnten bundesweiten Missbrauchsnetzes wurde zunächst die bei der Kölner Polizei angesiedelte Besondere Aufbauorganisation (BAO) Berg mit zeitweise mehreren hundert Ermittlerinnen und Ermittlern eingerichtet.

Nach dem Missbrauchsfall in Wermelskirchen vergangenes Jahr entstand die BAO Liste, und bei der Kreispolizei selbst angesiedelt ist die Ermittlungsgruppe (EG) Direkt. „Dadurch holen wir viele Delikte vom Dunkelfeld ins Hellfeld“, erläutert Kripo-Chef Linden die gestiegenen Fallzahlen.