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InfotagDie Wupsi sucht neue Busfahrerinnen – Unsere Autorin macht den Selbstversuch

Lesezeit 5 Minuten
Eine Frau sitzt an dem Lenkrad eines Busses.

Autorin Alina Bremer sitzt das erste Mal hinter dem Steuer eines Busses.

Da viele Frauen den Beruf der Busfahrerin nicht in Betracht ziehen, möchte die Wupsi sie ermutigen, den Job einfach mal auszuprobieren.

Ich muss mich zusammenreißen, um meine Augen nicht zuzukneifen, als ich mit dem Bus um die Kurve fahre. Auf dem Betriebsbahnhof der Wupsi liegt eine höher gelegte Grünfläche, eingefasst von Steinen vor mir. Vom Fahrersitz sieht es so aus, als würde ich über die Einfassung fahren, wenn ich weiter aufs Gas drücke. Also bremse ich. Ich möchte diesen Bus auf keinen Fall beschädigen, die Reparaturen wären bestimmt sehr teuer. Zum Glück sitzt Fahrlehrer Martin Mainczyk neben mir, der hat sein eigenes Gas- und Bremspedal und kann zur Not eingreifen.

Er möchte geduzt und beim Vornamen genannt werden. Martin hält mich dazu an, weiterzufahren: „Das passt, keine Angst. Der Bus schwebt über das Hindernis“, sagt er. Ich sitze vor der Achse des Busses, anders als beim Auto. Deswegen kann ich länger geradeaus fahren, als ich es gewohnt bin. Die nächste Kurve an einem Gebäude vorbei soll ich ohne seine Anweisung nehmen und darauf achten, was ich in den Seitenspiegeln sehe. Um die Kurve komme ich schon besser, allerdings verstehe ich nicht so ganz, was ich in den Seitenspiegeln erkennen soll.

Den Blick beim Busfahren geradeaus halten

Es folgt ein Abschnitt, in dem ich zwischen zwei Bussen hindurchfahren soll. Sie stehen so nah aneinander, dass mein Bus gerade so durchpasst. Hier ist es ganz wichtig, nicht mehr zu lenken, sobald man einmal geradeaus fährt und sieht, dass die Abstände stimmen, erklärt Martin. Das ist gar nicht so leicht, denn die Abstände sehen sehr klein aus. Aus Reflex möchte ich gleich etwas gegenlenken.

Als wir an den Bussen vorbei sind, muss ich wieder abbiegen. Diesmal stehen Autos am Ende des Weges und ich habe das Gefühl, wenn ich noch einen Zentimeter weiterfahre, streife ich sie. „Ihr dürft auf keinen Fall nur auf den Boden schauen, schaut lieber hoch“, sagt Martin. Das ist leichter gesagt, als getan. In mir sträubt sich etwas, auf das Gaspedal zu treten, während es so aussieht, als würde ich mit den parkenden Autos zusammenstoßen. Doch ich stelle wieder fest: Martin hat recht und ich fahre ohne Zusammenstoß an den Autos vorbei.

Als wir am Ziel angekommen sind, bin ich erleichtert, dass noch alles heile ist. Ich glaube, ich habe mich nicht so gut angestellt, aber Spaß gemacht hat es trotzdem!

Frauen den Weg in Männerberufe eröffnen

Meine Mitfahrerinnen haben sich geschickter angestellt. Sonja Mitrovic hat den Dreh nach einer kurzen Anweisung sofort raus. Sie steuert uns über die Übungsstrecke, versteht das mit den Spiegeln sofort und Martin muss sie kaum berichtigen. „Ich habe meinen Beruf gefunden! Das war toll“, verkündet sie und lacht.

Mitrovic kommt aus einer Kraftfahrer-Familie und ist mit großen Fahrzeugen aufgewachsen, sagt sie. Deswegen ist sie heute auch bei dem Informationstag, den die Wupsi zusammen mit der Agentur für Arbeit extra für Frauen veranstaltet. „Wir wollen Ängste und Unsicherheiten abbauen. Hier können die Frauen gleich ausprobieren, ob der Beruf etwas für sie ist“, sagt Monika Lichy aus dem Standort Rhein-Berg.

So würden sie sich für „bessere Chancen für Frauen auch in Männerberufen“ einsetzen. Die Arbeit bei der Wupsi lasse sich auch gut mit der Familie unter einen Hut bringen. Busfahrerin Marina Bulitta erzählt aus ihrem Berufsalltag und kann das bestätigen.

Man braucht eine große Klappe, aber die habe ich zum Glück mitbekommen
Marina Bulitta, Busfahrerin

„Ich liebe meinen Job“, sagt sie. Sie komme aus einer Familie, in der fast alle LKW fahren. „Deswegen wollte ich das auch machen.“ Doch ihr Fahrlehrer hatte eine andere Idee: „Fahre lieber Bus, dann habe ich auch direkt Arbeit für dich.“ Also habe sie ihren Busführerschein gemacht und nach einem Zwischenstopp bei einem anderen Unternehmen, bei der Wupsi angefangen.

Eine Frau lächelt in die Kamera.

Aktion der Wupsi um Frauen als Busfahrerinnen anzuwerben

Hier kann sie hauptsächlich Frühschichten fahren, die zwar schon um 4.30 Uhr beginnen, dafür ist sie Mittags dann aber bei ihrer 13-jährigen Tochter. „Die Schichten fahre ich am liebsten, weil sie relativ entspannt sind. Die Fahrgäste sind auch noch müde und alle wollen ihre Ruhe haben“, sagt sie. Die Schichten zu den Hauptverkehrszeiten seien schon anstrengend. Da käme es auch mal vor, dass sie von Fahrgästen angemeckert werde, wenn der Bus zum Beispiel Verspätung hat. „Ich gehe dann immer offen auf die Gäste zu und erkläre, wie die Verspätung oder andere Umstände zustande kommen“, erklärt sie.

Dann hätten die meisten Menschen Verständnis. „Man braucht eine große Klappe, aber die habe ich zum Glück mitbekommen“, sagt sie und lacht. Sie habe auch schon eine potenziell gefährliche Situation erlebt: Im hinteren Teil eines Busses hätten sich zwei Männer geprügelt. In solchen Fällen würde sie sich sofort mit der Zentrale in Verbindung setzen, damit diese Hilfe ruft. Wenn es besonders schnell gehen muss, könne sie auch einen Notknopf drücken. „Als Frau wäre ich niemals dazwischen gegangen“, sagt sie. Aber die Hilfe kam schnell und sie habe die Türen offen stehen lassen, damit alle Gäste, die wollten, gehen konnten. „Ich habe zwar ein dickes Fell, aber das hat mich schon mitgenommen“, sagt sie.

Potenziellen Gefahrensituationen würde die Wupsi so gut es geht im Vorhinein entgegenwirken, zum Beispiel dadurch, dass Frauen keine Spätschichten, die um 22 Uhr beginnen, fahren sollen. Wenn sie das jedoch ausdrücklich möchten, könnten sie das natürlich trotzdem machen. Der Großteil der Zeit mache Bulitta der Job aber Spaß. Und das Arbeitsklima unter den Kollegen sei angenehm. „Die Männer freuen sich darüber, dass mehr Frauen in den Beruf kommen. Sie sind echt nett und helfen immer gerne“, berichtet sie. Ich merke ihr an, dass die Begeisterung für den Beruf echt ist. Eine ähnliche Begeisterung habe ich bei Sonja Mitrovic bemerkt. Sie wird sicher schon bald wieder hinter dem Steuer eines Busses sitzen und ihre Passagiere sicher ans Ziel bringen.