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„Leben mit der Baustelle“„Katastrophe“ – Zorn und Ärger über Baustelle in Overath wächst

Lesezeit 4 Minuten
Baustelle-Heiligenhaus-Reportage Leben mit der Baustelle

Baustelle-Heiligenhaus-Reportage Leben mit der Baustelle

Der Umbau der Bensberger Straße in Overath zieht immer mehr den Unmut der ansässigen Händler auf sich.

Die Autoschlange steht und steht und steht, der Caterpillar mit den Betonplatten auf der Schaufel hat erst einmal keine Chance, als Linksabbieger vom St.-Rochus-Platzaus der Seitenstraße mit dem Materiallager in Richtung Baustelle zu gelangen. Kaum kommt die Autokolonne vor der Baustellenampel zum Stehen, kommt eine ebenso lange Schlange aus Richtung Overath und passiert die große Baustelle am Kreisverkehr in Overath. Der erste Bauabschnitt für den umfangreichen Umbau der Bensberger Straße ist schon ein stockender, denn der Verkehr muss sich irgendwie auf einer Spur durch den viel befahrenen Heiligenhauser Kreisel winden.

Es sind erst wenige Wochen, seit Beginn der Sommerferien, dass die Großbaustelle in Heiligenhaus eingerichtet wurde, aber die Geduld und das Verständnis nicht nur der Autofahrer, sondern auch der Anwohner und Geschäftsinhaber ist bereits reichlich strapaziert. „Eine Katastrophe“ ist der Begriff, den man von allen Betroffenen zu hören bekommt, auch wenn sie wissen, dass am Umbau der Bensberger Straße kein Weg vorbei führt.

„Eine Katastrophe“: Ansässige Läden klagen über die Baustelle in Overath

„Katastrophe“, sagen beispielsweise die Mitarbeiter des örtlichen Netto-Marktes, denen die Kunden wegbleiben. Viele Ältere hätten im Netto eingekauft, doch nun scheuen sie den Weg durch den Baustellen-Kreisverkehr — und bleiben weg oder kaufen woanders. Trotz eines Zehn-Prozent-Rabatts auf alle Waren sei der Umsatzrückgang deutlich zu spüren.

„Eine Katastrophe!“, finden auch Helga und Helmut Daubenbüchel, deren Geschäft für Geschenkartikel, Zeitungen und Zigaretten genau an der Baustellenampel auf der Bensberger Straße liegt. „Man kann nicht halten, nicht parken — es ist nix mehr los bei uns im Laden“, klagt sie.

Helmut und Helga Daubenbüchel vom Geschenkeladen Heiligenhaus

Helmut und Helga Daubenbüchel vom Geschenkeladen Heiligenhaus.

Ihre Kundschaft speise sich aus dem Durchgangsverkehr, sie und ihr Mann hätten immer viel Ware draußen für spontane Käufer, doch nun komme kaum noch jemand ins Geschäft. „Man kann nicht halten, nicht parken“, sagt Helmut Daubenbüchel, „unseren einzigen Parkplatz hat man uns weggenommen.“ Glücklicherweise betreibe man den Laden im eigenen Haus, sagt das Paar. „Wenn wir hier noch Miete zahlen müssten, sähe es ganz schlecht aus.“

Gastwirtin empört über Verdrängung der Parkplätze

Michaela Heimann, die gleich gegenüber ihr Cafe hat, ist ähnlich frustriert und sagt trocken: „Ich hab gleich die Öffnungszeiten aus der Corona-Zeit gelassen.“ Die Gastwirtin ist empört, dass wegen der Baustelle in Heiligenhaus derart viele Parkplätze wegfallen müssen: „Den Berg runter ist doch das Klärwerk, da passen locker vier Lkw hin.“

Stattdessen werde den Geschäftsleuten das Leben so schwer gemacht, obwohl auch sie selbst bei der Stadt Overath Alternativlösungen angeregt habe. „Gerade habe ich eine Trauerfeier mit 80 Personen abgesagt“, beklagt die Wirtin: „Ich muss den Leuten sagen, dass sie nirgends parken können, so ehrlich muss man sein.“

Umsatzverluste deutlich zu spüren

Pia Breidenstein, die mit ihrem Dekorations- und Schreibwarengeschäft ganz in der Nähe des Heiligenhauser Kreisel residiert, hat bereits eine kreative Idee, wie sie die spürbaren Umsatzverluste ausgleichen könnte: „Ich denke daran, ins Schaufenster eine 'Folie mit der Telefonnummer des Geschäfts anzubringen. Dann können die Kunden, die an der Ampel stehen und etwas bei mir sehen, das ihnen gefällt, einfach anrufen und wissen, dass das fragliche Teil noch da ist und reserviert werden kann.“

Pia Breidenstein

Pia Breidenstein, Inhaberin eines Dekorationsgeschäftes.

Auch bei Breidenstein ist der Umsatz deutlich zurückgegangen. „Überdies“, ärgert sich die Geschäftsfrau, „sind die Bauleute auch noch verspätet: Der Teil Baustelle direkt am Kreisel sollte in den sechs Wochen Sommerferien erledigt werden.“ Ihre Öffnungszeiten werde sie aber nicht ändern, sagt Breidenstein, die Kunden verließen sich darauf. Aber auch sie stöhnt über die Belastungen: „Erst die Großbaustelle, als die Hauptstraße nach Overath runter geteert wurde, dann die Corona-Jahre und jetzt die neue Großbaustelle, ein Jahr lang.“

Einige Anwohner sind erzürnt darüber, dass der Verkehr der Buslinie 420 in Richtung Bensberg über die Haltestelle Heiligenhhaus-Kotten abgewickelt werden solle, auch der Schülerverkehr. Overaths Bürgermeister Christoph Nicodemus sagt, man sei noch in Abstimmungsgesprächen mit der RVK, die Linienführung der Busse sei noch unklar. Nun hoffen erstmal alle Heiligenhauser, dass wenigstens das Stadtfest am ersten Augustwochenende zünftig gefeiert werden kann.


In Zahlen

800 Meter etwa umfasst der Bereich der L 136, der Bensberger Straße, in dem bis Juni 2024 neu asphaltiert wird und auf einer Seite ein Rad-/Gehweg und auf der anderen ein Gehweg errichtet werden. Am Sonntag, 23. und Sonntag, 30. Juli, wird die Bensberger Straße zwischen Kreisverkehr und Ortsausgang Richtung Steinenbrück voll gesperrt. (jer)