Spektakuläre Anklage: Eine Overather Mutter soll ihrem Sohn Marihuana besorgt haben, um ihn vor schlechter Dealer-Ware zu schützen.
ProzessEltern empört – Mutter soll Marihuana gekauft haben, damit Sohn „gute Qualität“ raucht
Der Vorwurf klang beinahe unglaublich: Eine 45-jährige Hausfrau aus Overath soll ihren halbwüchsigen Sohn im April 2022 mit sieben Gramm Marihuana versorgt haben, um dafür zu sorgen, dass er nur „gute“ und keine „schlechte“ Qualität rauche. Angezeigt worden war die Frau von den empörten Müttern zweier Freunde des Sohnes aus dem nördlichen Rheinland-Pfalz.
Am Ende einer Gerichtsverhandlung mit fünf geladenen Zeugen entpuppte sich Mamas verbotener Marihuana-Rauch freilich als heiße Luft, und Schöffenrichterin Birgit Brandes verkündete auf Antrag von Staatsanwältin und Verteidigerin einen Freispruch für die Angeklagte.
Drogen-Verbrechen aus „mütterlicher Fürsorge“?
In ihrer Empörung über die jeweils andere Seite hatten sich die Overatherin Jasmin B. (Namen geändert) und die aus dem nördlichen Rheinland-Pfalz stammenden Zeuginnen der Anklage, Gebäudereinigerin Maria P. (36) und Pflegehelferin Karin K. (44), gegenseitig übertroffen. Maria P. und Karin K. sagten erst der Polizei und dann dem Gericht, die Overatherin habe sich in einem über Lautsprecher geführten Dreier-Telefonat dazu bekannt, ihren Sohn Peter und damit indirekt auch die Söhne der beiden anderen Frauen aus mütterlicher Fürsorge und zur Qualitätssicherung mit Marihuana versorgt zu haben.
Da die Abgabe von Drogen an Minderjährige ein Verbrechen ist, landete der Fall vor dem Bensberger Schöffengericht. Dort bestritt Jasmin B. die Vorwürfe höchst engagiert und wortreich: Genau umgekehrt sei es gewesen. Die Male, die ihr Sohn mit dem Zug zu Besuch nach Rheinland-Pfalz gefahren sei, sei er dort vom Bruder einer der beiden Frauen mit Drogen versorgt worden. Zuletzt sei er sogar im Supermarkt bekifft beim Klauen erwischt worden.
Sehr schlimm sei für sie gewesen, dass schließlich der Ladendetektiv bei ihr anrief; das um so mehr, als sie selbst seit ihrer ersten Schwangerschaft vor 15 Jahren mit Drogen absolut nichts mehr am Hut habe und gerne bereit sei, einen Drogentest zu machen. Ihr Telefon-Satz nach dem Motto „Besser Marihuana von Mama als von einem unbekannten Dealer“ sei nicht ernst gemeint gewesen, sie habe diese Worte vielmehr den beiden anderen Müttern wütend und überhaupt nicht ernst gemeint entgegengeschleudert.
Dagegen verwiesen die beiden Rheinland-Pfälzerinnen ihrerseits darauf, dass die Söhne sich wiederholt auch in Overath, also in der Obhut der Angeklagten, mit Drogen versorgt hätten. Nicht belastend für die Overatherin war, was die 16 und 17 Jahre alten Söhne der beiden Rheinland-Pfälzerinnen beizutragen hatten: Dass Jasmin B. ihrem Peter oder ihnen direkt Marihuana zugesteckt hätte, konnten sie nicht bezeugen.
Auf die Vernehmung des kiffenden Overather Jugendlichen verzichtete das Gericht nach einem Rechtsgespräch. Der noch nicht ganz Halbstarke muss sich demnächst vor dem Jugendgericht verantworten und hätte als Angeklagter und als Sohn gleich doppelt das Recht gehabt, die Aussage zu verweigern.
Den Freispruch des Schöffengerichts begründete Richterin Birgit Brandes kurz und prägnant. In Richtung der Overatherin sagte sie: „An diesem Fall kann man sehen, was für schlimme Folgen eine unbedachte Äußerung am Telefon haben kann. Das passiert Ihnen vermutlich nicht noch einmal.“ Jasmin B. stimmte der Richterin während der Urteilsbegründung spontan zu: „Never ever!“