AboAbonnieren

Nach heftigen AusschreitungenVoiswinkeler Karnevalszug wird auf Freitag verschoben

Lesezeit 3 Minuten

In Voiswinkel versuchen die Organisatoren, den Traditionszug im Karneval zu retten. Alle Versuche, die Randalierer in den Griff zu bekommen, sind bislang gescheitert.

Odenthal-Voiswinkel – Züge haben nicht selten Verspätung; in Voiswinkel geht es dabei allerdings nicht um Minuten, sondern gleich um einen ganzen Tag. Der Voiswinkeler Karnevalszug, der traditionell an Weiberfastnacht durch den Ort führt, soll in der kommenden Session erstmals am Freitag starten. Das hat die Interessengemeinschaft Voiswinkeler Karnevalsfreunde (IVK) jetzt, mitten im Sommer, entschieden.

Schweren Herzens, denn es ist der Bruch mit einer alten Tradition: Seit 1972 schlängelt sich der bunte Zug am ersten Tag des Straßenkarnevals durch den Ort; im vergangenen Februar mit rund 23 Gruppen und Musikkapellen und zehn Festwagen nicht der kleinste karnevalistische Umzug im Rheinisch-Bergischen Kreis. „Wir brechen mit einer Tradition, um eine wichtigere zu erhalten“, erläutert Achim Bosch, Präsident der IVK, den ungewöhnlichen Schritt. „Denn wir wollen den Karnevalszug als Familienzug retten.“

In den vergangenen Jahren hatten heftige Ausschreitungen dazu geführt, dass das Image des Voiswinkeler Zuges immer stärker gelitten hatte. So hatte in diesem Februar die Polizei schon gegen 16 Uhr, also nach knapp zwei Stunden, eine erschreckende Bilanz gezogen: Ein versuchter Raub am Kiosk an der St. Engelbert-Straße, drei Ingewahrsamnahmen, vier Platzverweise und drei Sturzbetrunkene, die zur Ausnüchterung auf die Wache oder von ihren Eltern abgeholt werden mussten.

„Wir möchten nicht, dass die Anwohner Angst vor dem Zug haben“, sagt Bosch. Besonders ein wenige hundert Meter langes Stück an der St. Engelbert-Straße war immer weniger zu kontrollieren.

„Wir haben es mit zusätzlichen Ordnern versucht und mit Zäunen, mit Glasverbot und sogar den Zugweg verlegt“, so der neue Geschäftsführer Ralf Merkenich, mit Blick auf die Grundschule, vor der es oft besonders lebhaft zuging. Viele Veränderungen – aber das Problem blieb.

Karnevalisten mit neuem Vorstand

Die Interessengemeinschaft Voiswinkeler Karnevalsfreunde (IVK) hat einen neuen Vorstand gewählt. Viele Mitglieder wurden im Amt bestätigt; Stefan Wingensiefen, Guido Koch und Quirin Nießen hatten sich allerdings nicht zur Wiederwahl gestellt. Wingensiefen war bisher für den Wagenbau zuständig, Koch amtierte als Hallenwart. Mit Quirin Nießen verliert der Verein nicht nur den Geschäftsführer, sondern auch einen seiner Sitzungspräsidenten.

Der neue Vorstand: Achim Bosch (Präsident), Ralf Merkenich (Geschäftsführer), Marcel Riotte (Literat), Helmut Meyer (Zugleiter), Volker Zebandt (1. Kassierer). Peter Schmidt (Ehrenpräsident), Alexander Stoll (2. Kassierer), Roland Fliegen (Senatspräsident), Bernd Wenzke (Hallenbau), Marc van de Meerendonk (Nachwuchsarbeit), Peter Gebauer (Catering) und Yannick Kunz (PR-Arbeit). (spe)

„Weil uns das Risiko einfach zu groß geworden ist, haben wir gemeinsam mit der Gemeinde nach einer Lösung gesucht“, berichtet Bosch. Da noch stärkere Sicherheitsmaßnahmen kaum möglich schienen und das Damoklesschwert der Zugabsage über dem Veranstalter hing, entschloss man sich – zunächst probeweise für die nächste Session – zur Terminänderung. Denn der Voiswinkeler Zug läuft bisher am ersten Tag des Straßenkarnevals, an Weiberfastnacht, wenn außer in Kürten-Bechen noch kein weiterer Zug unterwegs ist.

So nutzen offenbar viele Jugendliche, auch aus Nachbarorten, die Voiswinkeler Veranstaltung, um direkt nach der Schule mit dem Bollerwagen zum Zug zu ziehen – noch unverbraucht und ungeschwächt von den Karnevalstagen. „Wir liegen hier sehr zentral“, erklärt sich Bosch das Phänomen.

Karnevalseuphorie möglicherweise verflogen

Mit der Verlegung von Donnerstag, 28. Februar, auf Freitag, 1. März, hofft man nun eine Lücke im Kalender gefunden zu haben, an dem keine Konkurrenz herrscht, die erste grenzenlose Karnevalseuphorie aber möglicherweise durch den Vortag schon etwas verflogen ist und alles in etwas ruhigeren Bahnen abläuft. Dann hätte der Familienzug wieder eine Chance, glaubt auch Yannick Kunz vom Karnevalsverein: „80 Prozent ist purer Familienkarneval, aber die restliche Minderheit bestimmt das Image.“

Alle anderen karnevalistischen Termine in Voiswinkel sollen wie bisher bestehen bleiben. Die Änderung biete auch Chancen, meint die IVK: Künftig müsse niemand mehr nach dem Rathaussturm in aller Eile zum Zug hetzen.