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„Schule ohne Rassismus“Odenthaler Gymnasium setzt ein Zeichen gegen Diskriminierung

Lesezeit 3 Minuten
Schule-ohne-Rassismus: Schulzentrum-Odenthal

Jetzt darf das Schild an die Schulfassade: Das Odenthaler Gymnasium feiert die Zertifizierung als "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage".

95 Prozent der Schulgemeinschaft sprachen sich für die Selbstverpflichtung aus, aktiv gegen jede Form der Ausgrenzung vorzugehen.

„Nie wieder – ist jetzt“, sagt Frank Galilea an diesem 9. November, einem für Deutschland gleich in mehrfacher Hinsicht schicksalhaften Datum. Denn die Angst ist zurück in Deutschland. Angesichts des „aktuellen Entsetzens über die beschämenden Angriffe auf jüdische Einrichtungen“, so der Schulleiter des Odenthaler Gymnasiums, wolle man Flagge zeigen.

Und so ist es wohl kein Zufall, dass der Festakt zur gelungenen Zertifizierung als „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ an eben dem Tag stattfindet, an dem 1938 in Deutschland die Synagogen brannten. „Wir wollen offen Farbe bekennen gegen jede Art der Diskriminierung“, sagt Galilea, wo auch immer sie stattfinde.

95 Prozent votierten für die Schule ohne Rassismus

Impulsgeber für das Verfahren, sich für die Zertifizierung als Schule ohne Rassismus zu bewerben, waren der Historiker Prof. Götz-R. Tewes und die von ihm ins Leben gerufene AG gegen Rechtsextremismus. Sie organisierten das Bewerbungsverfahren für das Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ und die dafür nötigen Wahlen.

Die gesamte Schulgemeinschaft, Schüler und Schülerinnen, das pädagogische Team, Sekretärinnen und Hausmeister stimmten ab und sprachen sich mit einer Mehrheit von 95 Prozent für eine Schule gegen Rassismus aus, übertrafen damit die Mindestanforderung von 70 Prozent deutlich und belegen damit in Rhein-Berg einen Spitzenplatz.

Enkelin von Opfer der Nazis ist Patin des Projekts

Tewes hatte vor einigen Jahren auch ein Forschungsprojekt zur Untersuchung jüdischen Lebens in Odenthal geleitet, dessen augenfälligstes Ergebnis die Gedenktafel mit den Namen jüdischer Opfer vor dem Rathauseingang ist.

Einer der dort verewigten Namen ist der von Dr. Erich Deutsch, Arzt in Schildgen, ermordet 1944 im KZ Theresienstadt. Seine Enkelin Ursula Völkner ist Patin des Odenthaler Projektes "Schule ohne Rassismus". „Ich weiß, wozu Antisemitismus den Weg bereiten kann“, sagt die 78-Jährige mit Blick auf ihre Familiengeschichte. Dass 95 Prozent der Schulgemeinschaft am Odenthaler Gymnasium für die Schule ohne Rassismus gestimmt hätten, sei „Anlass zu Optimismus“.

"Wir entscheiden jeden Tag, auf welcher Seite wir stehen"

Der Morgen nach der Reichspogromnacht, die die Nazis die „Reichskristallnacht“ nannten, war für den Vater von Frank Schaffrath zunächst ein ganz normaler Morgen – bis drei Mitschüler des damals Vierzehnjährigen mitten im Unterricht der Schule verwiesen wurden – weil sie Juden waren. Auf dem Heimweg dann schreckliche Szenen: Menschen, die jüdische Geschäfte plünderten und SA-Männer, die Ladenbesitzer, wenn sie sich denn wehrten, brutal zusammenschlugen.

„Rassismus will keine Diskussion, keine Vielfalt. Rassismus will Hass und Gewalt“, so der zweite Pate des Projektes, Bürgermeister Robert Lennerts (parteilos). Es sei erschreckend, wie viele - auch junge - Menschen, diesen „Rattenfängern“ folgten. „Wegschauen, sich wegducken sind keine Antwort auf Rassismus“, gefährde die Demokratie, so Lennerts: „Wir entscheiden jeden Tag, bewusst oder unbewusst, im Handeln und Nichthandeln, auf welcher Seite wir stehen.“

Musikbeiträge der Schüler und Schülerinnen sowie selbstgedrehte Filmsequenzen zum Thema Mobbing und Ausgrenzung in Schule und Sport bildeten das Rahmenprogramm der Feier im Forum, bevor Barbara Grünjes-Zeilinger, Regionalkoordinatorin für „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ die Urkunde an das Gymnasium verlieh – kein Pokal für die Vitrine, sondern eine ständige Aufforderung zum Handeln.


Schule ohne Rassismus

Dem Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ gehören bundesweit 4.300 Schulen mit insgesamt rund zwei Millionen Schülern und Schülerinnen an. Die Beteiligten verpflichten sich zum Einsatz für die Menschenwürde und gegen jede Art von Diskriminierung.

Beraten werden die Einrichtungen von mehr als 100 Regionalkoordinatoren in 16 Landesverbänden. Schulen, die dem Netzwerk beitreten und die Selbstverpflichtung unterschreiben wollen, müssen alle Schulmitglieder darüber abstimmen lassen. Nur wenn mindestens 70 Prozent das Ziel unterstützen, hängt am Ende das schwarz-weiße Schild des Netzwerks am Gebäude. (spe)