OdenthalStein-Sammlung des Altenberger Klosters liegt ungeschützt auf der Wiese
Odenthal – Das einzige „24-Stunden-Museum“ in Odenthal, wie die Lapidarien bei ihrer Einweihung vor vielen Jahren stolz genannt wurden, ist Geschichte. Vor zwei Tagen wurden die großen Glaskuben mit der historischen Steinsammlung im Innenhof des Küchenhofes vollständig zerlegt. Die darin ausgestellten steinernen Relikte aus der mittelalterlichen Baugeschichte von Dom und Kloster Altenberg herausgenommen.
Mit dem Tieflader wurden die sogenannten Spolien, die schweren Säulenkapitelle, Abschlusssteine und Fensterbögen auf die Wiese unweit der Orangerie gebracht und hier abgeladen.
Zisterzienserforscher ist entsetzt
Nicht nur Dr. Norbert Orthen, Zisterzienserforscher und Altenbergkenner, ist entsetzt über diese Entwicklung. Seit Jahren war ergebnislos nach einem neuen Standort für die historisch bedeutsamen Steine gesucht worden, die sich im Eigentum des Landes Nordrhein-Westfalen und des Erzbistums Köln befinden. Etliche Vorschläge für die Steinmetzarbeiten aus dem Mittelalter hatten auf dem Tisch gelegen, aber nie zu einem konkreten Ergebnis geführt.
Den Stein für die Standortsuche ins Rollen gebracht hatte der Besitzwechsel des historischen Küchenhofes. Er war 35 Jahre lang in Erbpacht an den Aktionskreis Altenberg vergeben gewesen. Vor rund drei Jahren hatte Hubertus Prinz zu Sayn-Wittgenstein den Küchenhof wieder als Eigentümer übernommen. Damit „erbte“ der neue Besitzer allerdings auch die Lapidarien, die zwischenzeitlich hier als touristische Sehenswürdigkeit errichtet worden waren.
Die Sammlung behindert die Gastronomie im Küchenhof
Da sie der neuen gastronomischen Nutzung des Hofes im Wege standen, hatte von Wittgenstein seither um Entfernung der nicht gerade kleinen, jeweils rund sieben mal sieben Meter messenden Ausstellungsvitrinen gebeten.
Seither war nicht nur von Restaurierung, sondern auch von Zwischenlagerung der Steine in Containern die Rede. Engagierte Altenberger machten Vorschläge, die Lapidarien am Altenberger Dom oder am Haus Altenberg unterzubringen. Zwischenzeitlich überschwemmte das Juli-Hochwasser 2021 die Kästen.
Bauamtsleiter nicht informiert
Auch die Gemeinde verhandelte mit Land und Bistum und hatte ein Grundstück am Carl-Mostert-Weg im Blick, um die wertvollen Zeugnisse weiterhin öffentlich zeigen zu können. Von der jetzigen Entwicklung zeigte sich Bauamtsleiter Koch überrascht: „Vom Abbau der Lapidarien weiß ich nichts.“
„Wir haben zwei Jahre lang verhandelt, jetzt ist unsere Geduld am Ende“, erklärte Sema Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein, warum sie die Lapidarien in Abstimmung mit dem Erzbistum nun von ihrem Grundstück entfernen ließ. Man benötige den Platz für die Veranstaltungsgastronomie. Schon am 20. Mai sei hier ein großes Fest geplant, der Innenhof dürfe dann nicht mehr blockiert sein. Mit dem Abbruch seien für sie Kosten in Höhe von 16.000 Euro verbunden, die nötigen Pflasterarbeiten im Hof nicht eingerechnet.
Viele Lösungsversuche scheiterten
Für die Steine hätte sich Sema von Wittgenstein eine bessere Lösung vorstellen können, als den jetzigen Befreiungsschlag: „Wir hätten gerne mitgearbeitet, denn es sind wunderschöne Stücke“, meint sie. Aber jeder Vorschlag, etwa die Spolien in kleinen Vitrinen am Rande des Küchenhofes oder auf der Wiese der Orangerie unterzubringen, sei regelmäßig „von irgendwelchen Behörden niedergebügelt“ worden.
„Die Sache ist noch nicht verloren“, hofft Cathrin Riquier, Geschäftsführerin des Altenberger Dom-Vereins. Trotzdem blutet ihr das Herz beim Anblick der Säulenkapitelle und anderer wunderbarer mittelalterlicher Steinmetzarbeiten, die bei Ausgrabungen und Instandsetzungen im und am Dom gesichert worden waren und jetzt völlig ungeschützt auf der Wiese liegen. „Ich habe meine Magisterarbeit über diese Steine geschrieben“, erklärt sie.
Land und Bistum als Eigentümer sind gefragt
„Steine, um die uns jedes Museum, das mittelalterliche Baukunst zeigt, beneiden würde“, so Domführerin Petra Janke. Riquier könnte sich die Spolien auch hinter Glas im Inneren des Doms vorstellen. Jetzt seien die Eigentümer, Land und Bistum, gefragt.
Der Grundstückseigentümer habe um Entfernung der Lapidarien gebeten, erklärte das Bistum auf Nachfrage. Gemeinsam mit dem Land als Miteigentümer der Lapidarien habe man sich daher entschieden, die Steine an anderer Stelle in Altenberg zu deponieren. Sollten Gemeinde und Landesbehörde zustimmen, werde man die Steine hinter der Orangerie lagern, hieß es.
Bis mit dem „federführenden Erzbistum eine langfristige Lösung gefunden“ sei, würden die Steinfragmente in Holzkisten eingelagert“, erklärte Dennis Heidel, Sprecher der Bezirksregierung. Dem widersprach Uwe Koch: „Mit uns als Unterer Denkmalbehörde wird es keine Holzkisten am Dom geben.“