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Ein wenig wie bei „Wer wird Millionär?“Neue Abstimmungseräte im Rat Leichlingen

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Ampelfarben für Ja- und Nein-Sager: Bürgermeister Frank Steffes im Ratssaal mit dem neuen Abstimmungsgerät.

Leichlingen – Sieht aus wie ein Handy, hat aber nur drei Tasten, heißt „Reply Interact Mini“ und kennen Besucher von Fernseh-Liveshows vielleicht von Studio-Umfragen im Publikum: Die Rede ist vom neuen digitalen Abstimmungsgerät, das in der Ratssitzung am vergangenen Donnerstag seine Premiere erlebte und an alle Politiker verteilt wurde.

Der Funksender ersetzt die Hand, die Volksvertreter bisher heben mussten, wenn es zum Schwure kam. Wer mit Ja abstimmen will, drückt von nun an den grünen Knopf, Nein-Sager den roten und wer sich einer Meinung enthalten will, nimmt die gelbe Taste. „Ähnlich wie bei »Wer wird Millionär?«„ erklärte Ann-Kristin Gröne, die junge Schriftführerin vom Bürgermeister-Büro der Stadtverwaltung, den meist älteren Kommunalparlamentariern schmunzelnd die neue Technik.

Ohne Handzeichen

„Vergangen sind die Tage, an denen die Rats- und Ausschussmitglieder ihre Stimme mittels Handzeichen abgegeben haben,“ freut sich die Verwaltung, dass die zeitgemäße Technik endlich auch in Leichlingen Einzug gehalten hat. In anderen Kommunen ist sie schließlich schon seit vielen Jahren Standard.

„Immer wieder gab es Unstimmigkeiten, weil Hände nur halb gehoben wurden, übersehen oder auch gar nicht gehoben wurden,“ blicken Bürgermeister und Protokollanten auf zeitraubende Zählmanöver zurück: „Das ist nun vorbei. Mit den neuen Abstimmungsgeräten werden die Stimmen direkt digital erfasst und auf die beiden Leinwände im Ratssaal geworfen.“

Das neue Spielzeug machte allen Spaß. Ganz so einfach, wie das beim Publikums-Joker in „Wer wird Millionär?“ aussieht, scheint die Ampel aber doch nicht zu sein. Da das einlaufende Voting wie beim Eurovision Song Contest für alle sichtbar live auf der Leinwand verfolgt werden konnte, war genau zu beobachten, wer sich vertippt hatte und korrigieren musste, wer den Knopf nicht getroffen oder die Sende-Taste vergessen und auch, wer die Abstimmung verpennt hatte und ermahnt werden musste – es waren zur allgemeinen Erheiterung fast immer die selben Bummler.

Die neue Abstimmungsanlage hat sich aber schon beim ersten Einsatz bewährt. Sie liefert schnellere und eindeutige Ergebnisse und beschleunigt vor allem namentliche (nicht geheime) Abstimmungen. Sie sei „ein weiterer Schritt für mehr Transparenz und Rechtssicherheit in den Rats- und Ausschuss-Sitzungen“, erklärt die Verwaltung. Auf der Leinwand ist für Zuschauer nur kurz zu sehen, wer wie abgestimmt hat. Denn die Einblendung wird wieder gelöscht, sobald das Endergebnis notiert worden ist. Aber künftig ist an der abweichenden Farbe für einen Moment genau zu sehen, wenn jemand aus der Fraktionsdisziplin ausschert und sich eine eigene Meinung erlaubt, was selten genug vorkommt. Mit den Handzeichen war das bisher für Beobachter nicht immer gut auszumachen.

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Zudem erlauben die Geräte von nun an kein Schludern mehr. Jeder muss sich bekennen. In der Vergangenheit hatte sich hingegen die stillschweigende Übereinkunft eingeschliffen, dass bei unstrittigen einstimmigen Entscheidungen über Formsachen eine müde Hand auch schon einmal auf der Tischplatte liegen bleiben durfte und trotzdem als Ja gezählt wurde. Bleibt ein Feld in der Liste weiß, sieht der Apparat künftig hingegen Rot und verweigert ein Endergebnis.

„Das ist heute der Beginn der digitalen Ratsarbeit“, freute sich Bürgermeister Frank Steffes, der schon lange an der Modernisierung der Kommunalpolitik arbeitet. Vor der Inbetriebnahme der Geräte musste die Geschäftsordnung des Rates geändert werden. Digitalisiert wurde nicht nur das Voting-Verfahren. An alle Ratsmitglieder wurden am Donnerstag auch iPads verteilt, die jedes Ratsmitglied zur Verfügung gestellt bekommt, um die Papierflut im Rathaus einzudämmen. Statt schriftlicher Beratungsvorlagen lesen die Leichlinger Politikerinnen und Politiker ihre elektronischen Unterlagen nun auf dem Bildschirm.

Nachhilfe-Unterricht

Auch Einladungen, Anträge und Pläne werden fortan grundsätzlich per E-Mail verschickt und nicht mehr mit der Post oder gar mit Boten zugestellt, was es früher in eiligen Fällen auch gab. Wer sich daran noch nicht gewöhnen kann, muss diese Ausnahme anmelden oder sich alles selbst ausdrucken. Und wer sich mit dem Laptop und dem Ratsinformationssystem auf der Homepage der Stadt noch nicht gut genug auskennt, für den laufen im Rathaus in den Ferien bereits Nachhilfestunden.

Live-Stream wird es nicht geben

Einen Live-Stream aus öffentlichen Ratssitzungen wird es in Leichlingen weiterhin nicht geben. Der Stadtrat hat beschlossen, auf die Direktübertragung seiner Debatten auf der städtischen Homepage vorerst zu verzichten. Schon seit Anfang 2018 beschäftigen sich Politiker und Verwaltung mit der Frage. Der hohe datenschutzrechtliche und fünfstellige finanzielle Aufwand, die aufwendige Technik, die erforderlich wäre, und die fragwürdige Qualität der Aufnahmen die aus juristischen Gründen nur stark eingeschränkt möglich wären, hat den Ausschlag dafür gegeben, das Rats-TV nicht einzuführen.

Probleme: Wenn ein Ratsmitglied oder Mitarbeiter der Verwaltung seine Zustimmung verweigert, müssten seine Wortmeldungen und Bilder ausgeblendet werden. Zuschauer im Hintergrund dürften nicht gezeigt werden, wenn sie dem nicht schriftlich zugestimmt hätten. Alle Pausen würden Live-Übertragung und Lauf der Debatte unterbrechen. Der Ratssaal müsste technisch stark aufgerüstet werden. Und: Die Qualität der Videos aus Sitzungen anderer Kommunen, die sich Verwaltung und Rat angeschaut haben, rechtfertigen den Aufwand für einen so beschränkten Live-Stream nach Ansicht der Blütenstädter eher nicht. (hgb)