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KreisverwaltungRhein-Bergs Landrat Santelmann fordert 91 neue Stellen

Lesezeit 4 Minuten
Das rheinisch-bergische Kreishaus am Rübezahlwald in Bergisch Gladbach im Abendlicht.

Das rheinisch-bergische Kreishaus am Rübezahlwald in Bergisch Gladbach

Der Landrat des Rheinisch-Bergischen Kreises fordert überraschend 91 neue Stellen für die Kreisverwaltung.

Der Stellenplanentwurf, den Landrat und Kämmerer im Oktober in den Kreistag eingebracht haben, liest sich moderat: 352 Beamten- und 543 andere Stellen sind da für 2023 ausgewiesen, macht zusammen 895, zehn mehr als 2022. Doch das gilt nicht mehr.

Wenige Tage vor den Beratungen in den Fraktionen hat die Verwaltungsspitze ordentlich nachgelegt und fordert neben den zehn bekannten 81 weitere Stellen. Die Politiker im Personalausschuss reagierten irritiert – zum einen, weil die Verwaltungsspitze damit so spät um die Ecke gekommen sei, zum anderen, weil die einzelnen Begründungen ziemlich bis extrem dürftig seien.

Man wirft hier die Themen, die gerade diskutiert werden, in den Raum. Wer will denn etwas gegen Katastrophenschutz sagen?
Gerhard Zorn, SPD-Fraktionschef

Definitiv beschlossen wurde zunächst noch nichts, es zeichnet sich aber ab, dass der Stellenplan Mitte Dezember zusammen mit dem Haushalt zwar im Grundsatz beschlossen wird, die Stellen aber einen Sperrvermerk erhalten. Diesen sollen die aktuell übergangenen Fachausschüsse im Einzelfall aufheben. Zudem soll die Kreisverwaltung bis zu den Fraktionsklausuren der schwarz-grünen Koalitionsparteien am Wochenende die Begründungen ordentlich nacharbeiten.

Die Verwaltungsvorlage KT-10/0240 liest sich interessant: „Die Anforderungen an die öffentliche Verwaltung, damit auch an die Kreisverwaltung des Rheinisch-Bergischen Kreises, sind enorm angestiegen“, erläutern Landrat Stephan Santelmann und Co. die Lage. Darum habe es ja in den vergangenen Jahren neue Stellen gegeben: 58 im Jahre 2020, 43 im Jahre 2021 und 20 im Jahre 2022.

Es ist ein Hilferuf der Verwaltung, um deutlich zu machen: Wir haben riesige Bedarfe und müssen uns zukunftsfähig aufstellen.
Wolfgang Büscher, CDU-Kreistagsabgeordneter

Nun jedoch erforderten „dauerhafte Mehrarbeit und Überstunden in Verbindung mit den Folgen der allgemeinen Personalkrise, belegt durch eine dauerhaft hohe Zahl an unbesetzten Stellen und Personalfluktuation“, weitere „mutige und kluge Entscheidungen“.

Die Verwaltungsspitze habe „nach kritischer Prüfung einen Mehrbedarf von 80,78 Stellen erkannt“. Es folgt eine klare Ansage: „Sofern die notwendigen zusätzlichen Stellen nicht zur Verfügung stehen, werden Aufgaben durch die Verwaltungsspitze priorisiert.“

In einer Tabelle listet die Verwaltung die zusätzlichen Bedarfe für verschiedene Aufgabenblöcke auf: Katastrophenschutz und Rettungsdienst 9,5 Stellen mehr, Ausländerrecht vier, Soziales, Pflege, Inklusion 13,6; Klimaschutz drei und so weiter.

Grünen-Fraktionschef Roland Rickes sagte in der Sitzung, eine solche Stellenmehrung bedürfe eines „sinnvollen Nachvollzugs, was da passiert“. Seine Fraktion vertraue zwar der Kreisverwaltung, wolle die Stellen aber einem Sperrvermerk unterwerfen.

Sozialdemokrat Klaus-Georg Wey bekundete, dass die SPD „gut begründeten Bedarfen durchaus ihre Zustimmung erteilen könne“, aber die konkrete Vorlage sei „erklärungs-, ergänzungs- und begründungsbedürftig“. Die Verwaltung müsse etwa erklären, wozu neuneinhalb neue Katastrophenschützer benötigt würden: „Sollen die Alarmsirenen in Schuss gebracht oder soll das Hochwasser beobachtet werden?“

Rhein-Berg: Verwaltung kann Informationsdefizit nachvollziehen

Mittelfristig, so Wey weiter, entstünden zehn Millionen Euro Personalmehrkosten. Auch sei nicht klar, ob das alte Kreishaus in Gronau weiter in Betrieb bleiben müsse. SPD-Fraktionschef Gerhard Zorn ergänzte: „So viele Stellen mit so wenig Papier habe ich in mehr als 25 Jahren Mitgliedschaft im Kreistag noch nicht gesehen.“ Zorn: „Man wirft hier die Themen, die gerade diskutiert werden, in den Raum. Wer will denn etwas gegen Katastrophenschutz sagen?“ Und er erinnerte: „Wir müssen uns doch auch bei den Kommunen rechtfertigen.“ Dem schloss sich Peter Oberhäuser für die Freien Wähler an.

Christdemokrat Wolfgang Büscher, früher lange Amtsleiter in Köln, sprach von einer „ungewöhnlichen Vorlage“. Seine Interpretation: „Es ist ein Hilferuf der Verwaltung, um deutlich zu machen: Wir haben riesige Bedarfe und müssen uns zukunftsfähig aufstellen.“ Die CDU bemängele, dass die Fachausschüsse inhaltlich nicht beteiligt worden seien. Ohnehin seien 70 Stellen im Kreishaus unbesetzt. Addiere man die zu den 90 neuen, wären ab Anfang 2023 rund 20 Prozent aller Stellen beim Kreis vakant – eine Entwicklung, die sich mit der Verrentung der Babyboomer noch verschärfen werde.

Für die Kreisverwaltung bekundete Kämmerer Klaus Eckl, dass er das zusätzliche Informationsbedürfnis nachvollziehen könne. „Wir hätten das von vorneherein machen können, das wären dann aber seitenlange Anlagen gewesen.“ Eine Aufbereitung für die Fachausschüsse könne er aber unterstützen.


Die Begründung der Kreisverwaltung, warum es im Bereich Katastrophenschutz, Rettungsdienst 9,5 neue Stellen geben soll: „Die verschiedenen Krisen der jüngsten Vergangenheit zeigen einen verstärkten Bedarf, die Katastrophenschutzplanung zu intensivieren. Im Rettungsdienst sind das Qualitätsmanagement und die Fortbildung zu stärken.“ Und zum Bereich „Querschnitt“ (9,85 Stellen): „Im Querschnitt werden Dienstleistungen für die gesamte Verwaltung erbracht. Die zunehmende Anzahl an Mitarbeitenden führt zu steigendem Arbeitsanfall im Personalbereich, der IT und den Zentralen Diensten. Hinzukommen Anforderungen aus der Umsetzung des OZG (Onlinezugangsgesetz, Red.).“