Steuerfehler, Schwarzbau & Co.Die größten Skandale in Rhein-Berg
Rhein-Berg – Der Rheinisch-Bergische Kreis mit seinen abwechslungsreichen Landschaften ist für viele Urlauber ein beliebtes Reiseziel. Nicht zuletzt seine zentrale Lage vor den Toren der Rheinmetropole Kölns machen ihn hingegen auch für Einwohner attraktiv. Doch so gemütlich und ruhig es oft zugehen mag, Rhein-Berg ist um kleinere und auch größere Skandale nicht verlegen. Ob Steuerfehler in Millionenhöhe oder Dauerstreit um zusätzliche Einsatzfahrzeuge: Eine Übersicht, die nicht beansprucht, erschöpfend zu sein.
Overath entgehen Millionen wegen Steuerfehler
Mindestens eine Million Euro geht Overath vermutlich aufgrund von fehlerhaft ausgestellter Steuerbescheide. Bei den falschen Steuerbescheiden hat die Stadt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes von Februar 2009 zur Besteuerung von Spielautomaten offenbar jahrelang nicht berücksichtigt.
Das höchste deutsche Gericht hatte am 4. Februar 2009 entschieden, dass eine Besteuerung von Spielautomaten rein nach ihrer Stückzahl statt nach ihrem Ertrag verfassungswidrig ist. Die strikte Beachtung Karlsruher Richtersprüche im Verwaltungsalltag ist eigentlich eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit. Im Overath ist das im vorliegenden Fall aber zum Vorteil der Automatenaufsteller nicht geschehen.
Auch im benachbarten Kürten hat man offenbar versäumt, die Vergnügungssteuer anzupassen. Anders als für Overath wird der Verlust für Kürten aber nicht so gravierend ausfallen, da es schlicht und einfach viel weniger Spielapparate.
Rechtsstreit-Odyssee um Kürtener Schwarzbau
„Es ist einfach nicht gerecht, dieses Haus dem Erdboden gleich zu machen.“ Diese Haltung teilen viele Menschen: 12 700 Unterschriften deutschlandweit liegen schon vor. Das Fachwerkhaus soll laut Bewohnerin von der Witwe eines verfolgten jüdischen Bankiers in den Kriegswirren erbaut worden sein. Die Baugenehmigung ist nicht auffindbar, somit gilt das Gebäude als illegal. Das Haus nachträglich zu genehmigen ist aus Sicht der Behörden unmöglich, weil es im besonders geschützten Außenbereich steht.
Weil für das aus den späten 30er- beziehungsweise frühen 40er-Jahren stammende Haus eine Baugenehmigung fehlt, verlangt der Kreis einen Abbruch des Wohnhauses. Seit September 2013 liegt eine Abrissverfügung vor, vom Verwaltungsgericht bestätigt. Dagegen klagt Christa Liedtke.
Geschwisterpaar zerstört systematisch Wohnungen
Ein Geschwisterpaar als Mieter. Sie sahen freundlich aus und machten einen guten Eindruck. Doch die Freude dauerte nicht lange. Als die Schwestern ein Jahr später nach einer Räumungsklage wieder auszogen, glich die Wohnung an der Odenthaler Straße einem Trümmerfeld. Kurz danach begannen die Schwestern (49, 50), den Mietern eines Mehrfamilienhaus an der Kempener Straße das Leben schwer zu machen, bedrohten sogar einen Reporter mit einem Messer und sprühten ihm Pfefferspray ins Gesicht.
Die beiden Fälle haben kreisweit für Aufsehen gesorgt. Vor dem Amtsgericht Bensberg wurden die beiden Schwestern – begleitet von einem großen Medienrummel – schließlich angeklagt: beide wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung, die Ältere dazu noch wegen zweifacher gefährlicher Körperverletzung. Gegen beide Frauen erließ Richterin Birgit Brandes Strafbefehle: vier Monate Freiheitsstrafe für die Jüngere, acht Monate für die Ältere.
Dauerstreit um Einsatzfahrzeuge
Ein am Ende tödlicher Notfall, der sich im Juni in Refrath ereignete, hat die knappe Ausstattung des Rettungsdienstes im Kreis mit Notärzten deutlich gemacht. Ein alter Mann lag in seiner Wohnung, doch waren alle „bodengebundenen Rettungsmittel“ in Bergisch Gladbach zu dieser Zeit bereits im Einsatz. Da weder ein Notarztwagen frei noch ein Rettungswagen in der Nähe war, entsandte die Leitstelle eine Löschfahrzeugbesatzung von der Feuerwache Nord als Ersthelfer und setzte zudem einen Rettungshubschrauber in Marsch.
Seither steht die Frage im Raum, wie es um den Rettungsdienst im Kreis aussieht und warum das dritte Notarztfahrzeug für Bergisch Gladbach sowie für die Nachbarkommunen Odenthal, Kürten, Overath und Rösrath erst zum Jahreswechsel kommen soll, obwohl die Indienststellung bereits im Sommer 2011 im Rettungsbedarfsplan gefordert wurde.
Fehlerhafte Bußgeldverfahren in Bergisch Gladbach
Eine Autofahrerin ist in Bergisch Gladbach geblitzt worden und hat gegen das gegen sie verhängte Bußgeld Einspruch erhoben. Mit Erfolg. Nun muss die Stadt sein Verfahren mit Temposündern umstellen. Das Bußgeldverfahren ist fehlerhaft.
Zum Hintergrund: Ein von der Stadt beauftragtes Unternehmen stellt der Kommune mobile Radarmessfahrzeuge mit Kameras für Geschwindigkeitsmessungen zur Verfügung. Die bei den Messungen anfallenden Daten werden gesichert. Anschließend werden die Fotos in ein anderes Datenformat umgesetzt. In diesem Arbeitsgang werden auch Beifahrer in den Fahrzeugen unkenntlich gemacht. Im Anschluss werden die so veränderten Dateien an die Stadtverwaltung zurückgeschickt. Aufgrund der so veränderten Fotos werden dann die Bußgeldbescheide ausgestellt.
Genau hier liegt juristisch gesehen der Fehler: Die Auswertung von Ermittlungsergebnissen sei eine hoheitliche Aufgabe, und die Verwaltung müsse jederzeit die Kontrolle über die Daten haben, begründete die Richterin am Amtsgericht ihre Entscheidung, das Verfahren der Stadt gegen die Autofahrerin einzustellen.