SchicksalsschlägeBergisch Gladbacher bekommt mildes Urteil für Unfallflucht und Trunkenheit

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Zwei beschädigte Autos nach einem Auffahrunfall an einer Kreuzung (Symbolfoto).

Zwei beschädigte Autos nach einem Auffahrunfall an einer Kreuzung (Symbolfoto).

Ein Schicksalsschlag nach dem anderen: Ein Bergisch Gladbacher Trunkenheitsfahrer findet verständnisvolle Zeugen und eine milde Richterin.

„Alles gut! Pass auf dich auf!“: Es war ein Prozess, wie man ihn selten erlebt, ein Prozess, in dem gleich mehrere Beteiligte menschliche Größe bewiesen. Angeklagt war ein 37-jähriger Autofahrer, der am 28. April vergangenen Jahres in Kürten und Wipperfürth erstens ohne Führerschein Auto gefahren sein soll, der zweitens dabei einen Unfall verursacht und geflüchtet sein soll, und der drittens 1,61 Promille intus gehabt haben soll.

Zu seinem Prozess am Bergisch Gladbacher Amtsgericht erschien der Angeklagte Peter G. (Namen geändert) ohne Rechtsbeistand, aber mit dem klaren Willen, reinen Tisch zu machen. Das war allerdings dann gar nicht so einfach, weil er das, was ihm von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen wurde, zwar keineswegs bestritt, sich aber auch nicht mehr daran erinnern konnte. In der Konsequenz mussten Richterin und Staatsanwältin jede Menge Zeuginnen und Zeugen befragen: die Unfallgegnerin, eine Augenzeugin, Polizeibeamte, Arbeitskollegen ...

Vater stirbt, Streit ums Erbe, Freundin  weg

Direkt zu Beginn seines Prozesses hatte sich der gebürtige Gladbacher erklärt: Wie er als eigentlich bodenständig wirkender junger Mann in die tiefste Krise seines Lebens geschlittert war. Erst sei sein Vater gestorben, dann habe es Erbschaftsstreitigkeiten gegeben. Er sei mit seiner langjährigen Lebensgefährtin nach Skandinavien gefahren, doch die Frau habe ihn sitzenlassen und das Auto mitgenommen.

Zurück in Deutschland sei er völlig down gewesen, habe Alkohol und Ecstasy konsumiert und in gewisser Weise auf einen Unfall gehofft. Er fand zwar Arbeit bei einem wohlmeinenden Chef im Garten- und Landschaftsbau, aber dennoch eskalierte die Situation immer mehr.

Gladbacher zerstört Heckscheibe mit seinem Kopf

Am Unfalltag setzte er mit dem Sprinter des Chefs auf der L 286 in Richtung Wipperfürth erst zum Überholen an und fuhr dann dem Wagen einer vor ihm fahrenden Frau, der 44-jährigen Pizzeria-Mitarbeiterin Giulia T., hinten rein. „Ich sah ihn im Rückspiegel und dachte noch: ‚Mach das jetzt nicht, was du jetzt vorhast‘“, erinnerte sich die Frau als Zeugin, doch da war der Unfall schon passiert.

Peter G. fuhr weiter, konnte an einer Einsatzstelle seines Arbeitgebers gestellt werden. Bis es so weit war, hatte er allerdings schon die Heckscheibe des Fahrzeugs mit seinem Kopf eingeschlagen. Die Polizeibeamten vor Ort brachten ihn umgehend in die Entzugsklinik nach Marienheide, wo er fünf Wochen blieb. Inzwischen sei er auf dem Weg der Besserung, er strebe jetzt eine Arbeit in der Altenpflege an.

Gladbacher entschuldigt sich bei allen Zeugen

Bei jeder und jedem einzelnen der Zeuginnen und Zeugen entschuldigte sich Peter G. ausdrücklich für das, was er ihnen zugemutet habe, die meisten nahmen wie Giulia T. die Entschuldigung ausdrücklich an.

Angesichts der besonderen Umstände des Falls forderte die Staatsanwältin eine Verurteilung wegen Unfallflucht und fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr im Zustand verminderter Schuldfähigkeit. Richterin Miriam Kuschel verhängte die vorgeschlagene Geldstrafe in Höhe von 750 Euro (50 Tagessätze zu 15 Euro). Angeklagter und Anklägerin nahmen das Urteil an, womit es sofort rechtskräftig wurde.