Mit einer klaren Mehrheit von 45:20 Stimmen hat der Kreistag des Rheinisch-Bergischen Kreises den Haushalt für 2024 beschlossen. Dafür waren außer dem Landrat CDU, Grüne, Freie Wähler und Linke.
KreistagBunte Mehrheit verabschiedet rheinisch-bergischen Kreishaushalt
Völlig überschattet von dem Disput um die Zukunft der Kreisdirektoren-Stelle und ihres Inhabers Dr. Erik Werdel (CDU) hat der Kreistag am Donnerstagabend den Haushaltsplan für 2024 beschlossen. Er tat dies in einer äußerst bunten Konstellation: Für den Etat stimmten neben CDU, Grünen und Landrat Stephan Santelmann (CDU) auch die Freien Wähler und die Linke; dagegen votierten SPD, FDP und AfD, sodass die Pressestelle der Kreisverwaltung das Stimmenverhältnis anderntags auf Nachfrage mit 45:20 angab.
Nur eine indirekte Rolle bei der Abschlussrunde im Kreistag spielte der Protest der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und ihrer Kämmerer. Anders als in früheren Jahren waren die kommunalen Amtsträger nicht persönlich in den Sitzungssaal des Kreistages gekommen, sondern hatten ihren Anwalt sprechen lassen. Das Schriftstück, in dem der Potsdamer Rechtsgelehrte Professor Dr. Mathias Dombert den Düsseldorfer Anwälten des Kreises auf acht Seiten die Nöte der Kommunen beschreibt, lag als Sitzungsvorlage für die Kreistagsberatungen bei, und zwar sehr gut verpackt: Es steckte, natürlich digital, in einer 92-seitigen digitalen Ergänzungsvorlage zum Haushaltsplan.
Wohl dem, der in dem gut abgeschirmten Großen Kreissaal Zugang zu einem funktionierenden WLAN oder Telefonnetz oder sich die Unterlagen vorher heruntergeladen hatte.
Ihre Haushaltsreden spulten die Vertreterinnen und Vertreter der einzelnen Fraktionen routiniert ab. Vergnügungssteuerpflichtig sind diese politischen Bekenntnisse im Allgemeinen weder für die Sprechenden noch für die Zuhörenden — mit einer Ausnahme, nämlich FDP-Mann Dr. Alexander Engel.
Der bezog sich in seinen einleitenden Worten um die der Haushaltsaussprache vorausgegangene Rolle rückwärts von CDU und Grünen in Sachen Kreisdirektoren-Posten und sagte: „Zweieinhalb Jahre bin ich davon ausgegangen, dass wir im Kreis ein Führungs- und Managementproblem in der Verwaltungsspitze haben. Seit einigen Monaten zeichnet sich aber ab, dass auch die Koalitionsfraktionen von CDU und Grünen von diesem Problem infiziert worden sind.“ Die beiden Fraktionen agierten zunehmend führungs- und planlos, „Entscheidungen fußen zunehmend nur noch auf machtpolitischen und ideologischen Erwägungen“.
Als erster Haushaltsredner hatte zunächst Johannes Dünner, an diesem Abend noch CDU-Fraktionschef, für das während der Beratungen modifizierte Zahlenwerk von Kreiskämmerer Klaus Eckl geworben und den Haushaltsentwurf vom Rübezahlwald in Heidkamp vor allem gegen die Kritik aus den Rathäusern verteidigt. Ausführlich ging er auf verschiedene Schreiben des Potsdamer Rechtsgelehrten, den (späten) Zeitpunkt ihres Eingangs und den Umgang der Kreisebene damit ein, um schließlich zu versichern: „Den Kreistagsmitgliedern sind die Sorgen und Nöte der Kommunen sowie die Tatsache, dass ihnen das ‚Wasser bis zum Hals‘ steht, im Detail bekannt.“
Die grüne Koalitionspartnerin Ursula Ehren warb nach Dünner dafür, den Kreis zu „gestalten, ohne ihn nur zu verwalten“. Die Politikerin widmete sich insbesondere den Feldern Mobilität, Bus und Bahn, Klimaschutz, Soziales und Katastrophenschutz. Ehren: „Investitionen in den Klimaschutz sind nicht das Verfolgen grüner Ideologien, das haben inzwischen (fast) alle erkannt.“
SPD-Fraktionschef Gerhard Zorn verteidigte trotz seiner Oppositionsrolle den Kreis ebenfalls gegen die Kritik aus den Rathäusern. Er wendete sich aber auch gegen das Ansinnen der ebenfalls oppositionellen FDP, die Kreisumlage zu senken. Zorn attestierte: „Das Verhältnis von Kommunen und Kreis ist nach dem Verfahren zum Stellenplan 2023 zerrüttet. Wir müssen zurück zum Gespräch!“ Zwar werde die SPD den Etat ablehnen, aber: „Die SPD dankt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für ihr großes Engagement und stimmt als äußeres Zeichen dem Stellenplan zu.“ Der schwarz-grünen Koalition warf Zorn vor, „in den sozialen Themen tatenlos“ zu sein und nur zu prüfen statt zu handeln. FDP-Chef Engel forderte einen „politischen und organisatorischen Neuanfang, um unsere Heimat optimal positionieren zu können.“
Freie Wähler, AfD und Linke zu den Finanzproblemen der Kommunen
Sebastian Weirauch, Fraktionsvorsitzender der AfD, verlangte in seiner Haushaltsrede: „In Anbetracht der großen Herausforderungen, vor denen der Rheinisch-Bergische Kreis steht, ist die Einforderung zusätzlicher Finanzen nicht ausreichend.“ Er sprach von einer „Migrationskrise“ und kritisierte die in seinen Augen fragwürdigen „energiepolitischen Subventionen“, wenn es etwa um die Förderung von Wasserstoff gehe.
Werner Conrad, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, sagte: „Den Kommunen ist es nicht oder nur sehr schwer möglich, strukturell ausgeglichene Haushalte zu erreichen.“ Im Verhältnis zu den Kommunen solle der Kreis die Reißleine ziehen, sich „wie vernünftige Menschen“ mit den Kommunen an einen Tisch setzen und eine gemeinsame Lösung finden. Der ländliche Raum sei im Vergleich zu den großen Städten deutlich unterfinanziert.
Für die die Linke forderte Vera Lorenz den Landrat und alle politischen Gremien im Kreis und in den Kommunen auf, „gemeinsam an einer besseren Finanzierung der Kommunen zu arbeiten“.
Satz der Kreisumlage wird nicht geändert
Ein paar Eckdaten zum Haushalt: Bei Aufwendungen von 502.268.511 Euro und Erträgen von 494.541.998 Euro plant der Rheinisch-Bergische Kreis mit einem Fehlbetrag von 7.726.513 Euro. Dieser Fehlbetrag wird aus der Ausgleichsrücklage gedeckt. Die Kreisumlage, die von den Kommunen an den Kreis gezahlt wird, beträgt 2024 bei einem unverändert gebliebenen Umlagesatz von 35,5 Prozentpunkten 176.398.087 Millionen Euro.
Der Antrag der FDP, sie zu senken, fand erwartungsgemäß keine Mehrheit; verschiedene Kreispolitiker wiesen darauf hin, dass der Kreis nach dem Testat der Gemeindeprüfungsanstalt bereits jetzt seine Städte und Gemeinden schone, wenn man die Zahlen mit denen anderer Kreise vergleiche.
Kreis benennt Gemeindeprüfungsanstalt als Entlastungszeugen
Die Kreisverwaltung selbst hat die GPA in diesem Zusammenhang wörtlich zitiert: „Auch unter Berücksichtigung der vorgenommenen Bereinigungen gehört der Rheinisch-Bergische Kreis zu dem Viertel der Kreise mit dem niedrigsten Umlagebedarf. Der Kreis belastet damit in einem vergleichsweisen geringen Umfang seine kreisangehörigen Kommunen mit der Kreisumlage. Dies ist umso erstaunlicher, da die SGB-Quote im Kreis mit 7,75 Prozent leicht oberhalb des Medians liegt.“
Der Höchstbetrag der Kredite, die für Investitionen in Anspruch genommen werden dürfen, wird auf 2.580.084 Euro festgesetzt. Für seine Verkehrsunternehmen bezahlt der Kreis 20.407.390 Euro Zuschuss.
Der Jugendhilfeumlagesatz wird von Burscheid, Kürten und Odenthal erhoben, da diese Kommunen über kein eigenes Jugendamt verfügen. Für sie ist das Kreisjugendamt zuständig. Zu dessen Finanzierung wird die Umlage auf eine Höhe von 33,72 Prozent (2023: 29,47 Prozent) festgelegt.