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Gastro in LeichlingenIm „Schicksaal“ sind die Portionen nichts für den kleinen Hunger

Lesezeit 7 Minuten
Schicksaal Timo+Mandy

Die Gastwirte Timo Hermes und Mandy Rack vor dem „Schicksaal" an der Mittelstraße in Leichlingen.

Leichlingen – Wer in Leichlingen Schnitzel mag, kennt das „Schicksaal“. Dafür ist die Gaststätte im Fachwerkhaus an der Mittelstraße bekannt. Warnung: Die Portionen sind nichts für den kleinen Hunger, der Teller ist dort immer sehr voll (man kann ihn aber auch halbieren). Timo Hermes betreibt die bergische Wirtschaft seit 18 Jahren. Mit seiner Lebensgefährtin Mandy Rack bedient er Gäste an 50 bis 60 Plätzen im Biergarten im Hof, 100 Stühle gibt es drinnen, wo an kalten Tagen ein Kaminofen knistert, neben der Theke und im Gewölbekeller. Der 51-jährige Leichlinger ist gelernter Werkzeugmacher und hat einst bei Frese gearbeitet. Er ist aber schon lange Gastwirt, hat früher eine Gaststätte in Solingen und das Brauhaus am Leichlinger Bahnhof betrieben. Die Nähe zu Gastronomie und Fleischerei liegt in der Familie, seine Onkel haben die Metzgereien Rosenstock und Gerling in Opladen und Leichlingen betrieben.

Wie kam es zum Namen Ihrer Gaststätte?

Der ist schon unter meinen Vorgängern entstanden, die das Lokal von Willy Specht gepachtet hatten. Das war die Zeit dieser Wortwitze für Lokalitäten. Den Namen haben wir beibehalten, den zu ändern hätte nichts gebracht, das wäre immer das „Schicksaal" geblieben, so wie ja auch bei anderen Lokalitäten wie zum Beispiel beim Grammophon, das hieß ja zwischendurch auch mal Klimperkasten, aber ist immer das Grammophon geblieben. Ich denke, so wäre das hier auch gewesen.

Schicksaal Biergarten

Der Biergarten liegt im Hinterhof des Fachwerkhauses.

Wie alt ist die Wirtschaft?

Ich glaube, der Toilettentrakt mit der Küche ist 1959 geändert worden, so dass es dann eine Gaststätte sein konnte oder eine Bierschwemme. Und verschiedene Erweiterungen hat es dann über die Jahre erfahren, wie zum Beispiel jetzt auch den Biergarten, den gibt es seit 2005.

Und wie alt ist das Haus?

Das weiß man beim Bauamt auch nicht. Die Geschichte ist mehr oder minder im Dunkeln, ich denke, das muss vor 1870/1850 gewesen sein. Wir haben nur bei den Umbaumaßnahmen, wo wir alles komplett auf links gedreht haben, halt gesehen, wie mache Handwerksarten gemacht wurden und das dann den Epochen zugeordnet.

Was kommt bei Ihnen auf den Teller und ins Glas?

Wir sind brauhausmäßig angelehnt und das meiste, was bei uns geht, sind Schnitzel und Kölsch.

Was ist denn das beliebteste Schnitzel auf der Karte?

Eine Renner-und-Penner-Liste habe ich keine. Irgendwann sagst du dir: Das Zwiebel-Schnitzel kannst du von der Karte nehmen – und genau an dem Abend laufen dann zehn Stück! Und dann sagt man immer: Heute ist es warm, da geht nichts Überbackenes – und dann hast du nicht genug Käse! Das ist immer ungewiss. So einen richtigen Penner haben wir auch nicht. Auch wenn wir einen Bayerischen Abend machen, verkaufen wir zu 60 Prozent Schnitzel (lacht). Wenn wir Haxen-Abend machen, ist es wirklich so, dass die Leute sagen: Wenn wir keine Schnitzel haben, gehen wir wieder! Das ist also jetzt hier drin. Mehr geht auch nicht. Ich bin auf Schnitzel eingeschossen und könnte nicht anfangen, zwischendurch ein bisschen Chi Chi zu machen. Ich könnte es in der Küche auch nicht mehr anders leisten, die ist ja nicht besonders groß, ich kann mich so mit Ach und Krach darin bewegen.

Was ist das Besondere an der Gaststätte?

Ich denke, das ist mit den Jahren gewachsen. Wir konnten nicht die Konzepte der Vorgänger weiterführen, weil die überholt waren und die meiste Zeit sind die hier ja auch pleite gegangen. Beim Irmchen war das früher eine Schankwirtschaft mit Senftöpfchen und Käseschnittchen im Regal, wie das früher noch ging. Und danach war es mehr oder minder eine Studentenkneipe, wo halt in den 80er/90er-Jahren jeder ‘ne Kneipe aufmachen konnte. Nicht, dass das bei jedem Bestand gehabt hätte, aber hier war damals ja eine kultige Kneipe – ich glaube die schlimmsten Tage waren „Sekt 'ne Mark“ montagsabends, da tat einem dienstags immer der Kopf weh. Das war aber nicht zu meiner Zeit als Wirt, sondern da war ich selbst noch Gast hier.

Wer sind Ihre Gäste?

Ich habe ab 30 alles hier. Junge Leute gehen meiner Auffassung nach gar nicht weg oder höchstens auf Konzerte. Vielleicht 25 ist die Untergrenze. Das Theater, das hier früher vor der Türe war, das ist den Leuten ja auch schlecht zuzumuten gewesen. Damals wurde da nicht drauf geachtet.

Was gefällt Ihnen an Leichlingen, warum ist man hier Gastwirt?

Das kann man bald, wenn das so weitergeht mit der Pandemie und so, gar nicht mehr positiv beantworten. Aber gut, man ist ja damit verwachsen. Wohlfühlen ist ja eine Sache von: Wie läuft es insgesamt? Wir versuchen hier permanent am Ball zu bleiben, dass alles in Ordnung ist, dass alle Wände zu sind und alles repariert ist. Andere machen ein Loch in die Wand und hängen einen Rahmen drum und dann haben die ein Bild. Das Lommerzheim ist mir persönlich zu kaputt. Was in der Stadt so gebaut wird, das gefällt mir überhaupt nicht. Ich finde das zwar sehr traurig, aber das ist wohl der Zahn der Zeit, der da nagt. Wenn ich sehe, wie dunkel die Straßen alle werden, mit dem hoch bauen – das ist nicht mehr meine Zeit. Ich denke, die Leute, die damals hier gelebt haben, als das neue Rathaus beziehungsweise der „Globus" und die Tankstelle gebaut wurden, die werden auch gedacht haben: Mein Gott, was machen die da für'n Quatsch? Und so ist das heute auch. Auch hier im Viertel des alten Dorfs wird viel neu gebaut.

Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?

Irgendwann kann ich ja auch nicht mehr. Wenn ich noch zehn Jahre mache, dann habe ich genug Schnitzel geklopft, dann fallen mir ja die Arme ab. Wenn irgendetwas nicht mehr läuft, dann stellen wir das im laufenden Betrieb ab oder um. Mit Reservierungen klappt es besser seit Corona. Ich bin zufrieden. Wir machen ja auch gar nicht viel Werbung.

Am Sonntag, 11. September, haben wir ein Frühschoppen-Event mit Hähnchengrill zur Einführung des Landwehr-Perle-Schnaps, einem bis in die 30er-Jahre gebrannten Doppelkorn aus der Region. Für dessen Comeback ist Lars Burgwinkel von der Leichlinger Therapieburg Schirmherr und Kornmacher. Danach ist ja schon das Leichlinger Stadtfest und das Haxen-Wochenende zum Oktoberfest am 23./24. September.

Wie reagieren Sie auf die schwierige Phase mit Pandemie, Inflation und steigenden Einkaufspreisen? Was kann man dagegen tun als Wirt?

Nichts. Wir haben die Preise noch nicht angezogen. Ich weiß nicht genau, ob das der richtige Weg ist im Augenblick. Auf der anderen Seite ist es für uns ja auch nicht doll. Es ist ja überall zehn bis 20 Prozent draufgekommen, vom Sprit und vom Gas ganz zu schweigen. Dadurch, dass wir viel selber machen, geht es halt ans eigene Portemonnaie. Aber andere nehmen darauf keine Rücksicht, die ziehen das voll durch.

lch denke, wir müssen dem über kurz oder lang auch folgen. Aber schön ist es nicht. Ich habe früher immer gesagt: Man muss den Bierpreis so halten, dass, wenn einer, der von der Arbeit kommt und eine Runde am Tresen ausgibt, nicht dafür zwei Stunden am Tag gearbeitet haben muss. Auf der anderen Seite: Die zwei Stunden am Tag arbeiten gehen und dann in die Kneipe kommen, die gibt es sowieso nicht mehr.

Das „Schicksaal“ in Leichlingen, Mittelstraße 69, Telefon 02175 / 157297, ist dienstags bis samstags von 17.30 bis 22 Uhr geöffnet (Sonntag und Montag Ruhetag). Ein Jäger- oder Pfefferschnitzel mit Pommes Frites und Salat kostet 16,50 Euro, mit Spinat und Käse überbacken 17,50, ein Schweinerückensteak mit Zwiebel-Senf-Sauce 16,50 (kleinere Portionen zwei bis drei Euro weniger). Für Vegetarier gibt es Salatteller, Camembert und Hirtenkäse. Das Kölsch (0,2) kostet 1,60 Euro, es gibt zum gleichen Preis auch Altbier vom Fass. Ab 60 Personen kann man die Gaststätte für Veranstaltungen mieten.