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Firmenzentrale in BurscheidIn manchen Johnson-Controls-Werken geht die Angst um

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Burscheid – Der Unterschied könnte größer kaum sein: 100 Millionen Euro hat Johnson Controls gerade in das Batteriewerk in Hannover gesteckt. In manchen Werken der bald selbstständigen Auto-Sparte geht dagegen die Angst um: In Solingen, Bochum und im Hessischen fürchten die Belegschaften, Personalabbau oder gar die Schließung des Werks. Adient, so der neue Name der Sitz-Sparte, steht unter anderem für Dynamik. Welcher Art sie sein wird, darüber herrscht Unsicherheit.

Leiden unter Opel

Am größten ist sie in Bochum. Dort bauten einst rund 750 Beschäftigte Autositze. Vornehmlich für das nahe Opel-Werk. Je weniger Autos dort produziert wurden, desto mehr Jobs fielen auch bei Johnson Controls weg. Seit Opel in Bochum Geschichte ist, sieht es für den Sitz-Hersteller noch finsterer aus. Ende 2014 endete der letzte Liefervertrag mit Opel. Für den Zafira. In der Konsequenz verloren 123 Johnson-Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz. Gegen Abfindungen.

Jetzt sind noch 400 Menschen beschäftigt. Sie fertigen das Gestühl für den Ford Fiesta, der in Köln gebaut wird. Doch dieser Vertrag läuft nach Aussagen des JC-Betriebsrates Ende 2017 aus. Einen Anschluss-Kontrakt gebe es nicht. Vielmehr den Beschluss, das Werk bereits in gut einem Jahr dicht zu machen. Auf Aussagen aus der Europa-Zentrale in Burscheid warte man aber bisher vergeblich, sagt Michael Munsch, Vorsitzender des Betriebsrats. „Die Unruhe ist groß.“

Denn in Bochum geht’s um alles. Das Durchschnittsalter der Belegschaft ist 47 Jahre; viele haben Facharbeiter-Briefe aus anderen Branchen, viele haben gar keine Ausbildung. Unter diesen Umständen in Bochum einen neuen Job zu finden, ist schwierig. Allein von den Opelanern haben viele noch nichts. Um in diesem Konkurrenzkampf zu bestehen, fordert der JC-Betriebsrat eine Transfer-Gesellschaft und höhere Abfindungen als bei den Kollegen, die zuletzt gehen mussten. Dazu schweigt der Arbeitgeber, aber bald soll es Gespräche geben.

Im hessischen Dautphe ist der Gesprächsfaden zwischen Betriebsrat und Werksleitung nie abgerissen. Allerdings musste dafür voriges Jahr ein Mediator ins Werk bei Marburg geschickt werden. Und vor einem Monat war der Justizpalast in Gießen Ort des Dialogs. Dort versuchte eine Arbeitsrichterin, zwischen Arbeitnehmern und Geschäftsführung zu vermitteln. Mit mäßigem Erfolg.

Geklagt hatte der Betriebsrat. Dessen Mitglieder seien von der Belegschaft bedroht worden. Wegen Falschaussagen der Werksleitung über das Mediationsverfahren, heißt es. Die habe behauptet, der Betriebsrat wolle nicht mehr reden. In Wahrheit „hat der Arbeitgeber die Verhandlungen einseitig für gescheitert erklärt“, so Carmen Thomä, Vorsitzende des Betriebsrats im Werk Friedensdorf.

Die Themen waren schwierig: Die JC-Filiale schrumpft schnell. In besten Zeiten bot das Werk 1400 Menschen Arbeit. Inzwischen sind es 750, und die nächste Entlassungswelle ist schon angekündigt: 500 Beschäftigte sollen bleiben.

Wie man in der Belegschaft die Zukunftsaussichten bewertet, zeigen diese Zahlen: Planmäßig sollten bis Ende vorigen Jahres noch 900 Menschen im Werk Friedensdorf arbeiten. Es gingen 150 mehr. Nach dem Motto: Rette sich, wer kann. Denn es gibt keine Aussagen zur Zukunft des Werks: Aus den Gesprächen zwischen Werksleiter Jörg Plaum und dem Betriebsrat drang nichts nach außen. Spruchreifes gibt es auch nicht. Wann es ein Szenario für die Zukunft gibt, mit dem Geschäftsleitung und Betriebsrat leben können, ist ungewiss. Nach Aussage von Ulrich Andrée wird die Lage nochmals analysiert. Sobald es Ergebnisse gibt, werde man wieder auf den Betriebsrat zugehen, so der Sprecher in der Europa-Zentrale von Johnson Controls.