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Lebendiges Rhein-BergDie Schmetterlingsart „Russischer Bär“ ist auf dem Vormarsch

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Der Schmetterling „Russischer Bär“ heißt auch „Spanische Flagge“.

Der Schmetterling „Russischer Bär“ heißt auch „Spanische Flagge“ - und hat eine interessante Verteidigungsstrategie.

In der Serie „Lebendiges Rhein-Berg“ stellen wir die Tierwelt im Bergischen vor: diesmal einen Schmetterling.

Hinter den synonym verwendbaren Bezeichnungen Russischer Bär und Spanische Flagge ist hier weder die russische Nationalallegorie noch die Fahne des beliebten Reiselandes auf der Iberischen Halbinsel gemeint, sondern es verbirgt sich dahinter der Name der Schmetterlingsart Euplagia quadripunctaria aus der Familie der Eulenfalter (Erebidae).

Bei Schmetterlingen ist es durchaus üblich, sich bei der Namensgebung an Begriffen aus anderen Bereichen zu bedienen, worauf schon im Artikel über den Kaisermantel hingewiesen wurde.

Der Russische Bär hat eine Vorliebe für Wasserdost

Mit seinem ausgeprägten Rüssel saugt der Russische Bär den Nektar aus Blüten, wobei eine deutliche Vorliebe für die des Wasserdostes (Eupatorium cannabium) vorliegt. Dabei werden auch toxische Pflanzenstoffe aufgenommen, die sich im Körper des Falters anlagern. Die Spanische Flagge wird dadurch zunehmend giftig für Fressfeinde. Und damit hält der Falter nicht hinterm Berg.

In Ruhestellung ist er eher unscheinbar, denn die dunklen Vorderflügel mit den gelblichen Streifen überdecken die überwiegend orangeroten Hinterflügel. Droht jedoch eine Gefahr, lässt der Schmetterling seine auffällige Warntracht aufblitzen, wobei er seine volle Spannweite von bis zu 58 mm entfalten kann und dem potenziellen Fressfeind einen Schreck einjagt. Dieses Verhalten wird in der Biologie als Aposematismus bezeichnet.

Der Russische Bär verlässt sich primär auf seine Tarnung

Der Russische Bär verlässt sich demnach primär auf seine Tarnung. Fühlt er sich bedroht, geht er zum Gegenteil über. Wird er dennoch von einem übermütigen Jäger erbeutet, kommt seine Toxizität zum Einsatz, die dem Fressfeind einen Denkzettel verpasst. Das kommt immerhin seinen Artgenossen oder Nachkommen zu Gute, da der Angreifer in der Regel eine Aversion gegenüber dem aposematisch gefärbten Falter entwickelt.

Darüber, wie Aposematismus in der Evolution entstanden ist, gehen die Expertenmeinungen auseinander. Nehmen wir an, durch eine Mutation tritt eine Warnfärbung erstmals bei einem Individuum aus einer x-beliebigen Population wie zum Beispiel den Feuersalamandern auf. Dadurch würde sich das Risiko, erbeutet zu werden, im Vergleich zu den weiterhin getarnten Artgenossen eigentlich erhöhen.

Angriff auf den Russischen Bären würde Konsequenzen haben

Also wäre das ein evolutionärer Nachteil und würde seltener vererbt werden. Eine mögliche Erklärung ist, dass sich bei den entsprechenden Arten zuerst die Ungenießbarkeit oder Wehrhaftigkeit ausbildet hat. Und erst als unter den Beutegreifern bekannt wurde, dass die Art wehrhaft/ungenießbar ist, kam zusätzlich die Warnfärbungen dazu, um gleich klarzustellen, dass ein Angriff Konsequenzen hat.

Es gibt übrigens auch Mitläufer, die einem Angreifer gar nichts entgegen zu setzen haben, aber trotzdem eine Warnfärbung tragen. Man bezeichnet das als Mimikry.

Raupen sind polyphag und fressen verschiedene Pflanzen

Wie bei allen Schmetterlingen ist auch beim Russischen Bär das zweite Entwicklungsstadium die Raupe. Diese ist nachtaktiv und hält sich tagsüber einzeln und versteckt auf. Die Raupen sind polyphag, sie fressen verschiedene Pflanzen. Die fertigen Falter schlüpfen im Sommer und bevorzugen als Lebensraum ein halboffenes Gelände, wie sie es etwa in Steinbrüchen, an Fließgewässern auf Brachen und in Tälern finden.

Der Russische Bär kommt nachts nur selten an eine Lichtquelle geflogen aber in manchen Jahren können in einigen Gebietet hunderte Exemplare dieser Bärenspinnerart bei sonniger Witterung gleichzeitig beobachtet werden. Für das Bergische Land ist dieses Phänomen allerdings nicht bekannt.

Russischer Bär hat eine positive Bestandsentwicklung

Obwohl der Russische Bär in der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie der EU im Anhang II aufgeführt wird, was in der Regel nur jenen Arten „von gemeinschaftlichem Interesse“ zuteilwurde, „für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen“, weist die Art vielerorts eine positive Bestandsentwicklung auf. Stand der Russische Bär 2010 in der Roten Liste für das Bergische Land noch auf der Vorwarnliste, gilt er mittlerweile als ungefährdet. Gegenwärtig zeigt der Russische Bär jedenfalls an seiner nördlichen Verbreitungsgrenze, die ungefähr im Bereich des Bergischen Landes liegt, eine deutliche Ausbreitungstendenz in Richtung Norden.

Nichts in der Natur ist statisch. Arten machen was sie wollen bzw. was sie können. Am Beispiel des Russischen Bären sieht man, wie sich Grenzen in der Natur ganz natürlich verschieben.