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Mainacht in Rhein-BergDie Suche nach dem schönsten Baum

Lesezeit 3 Minuten

Der Baum muss auch zum Auto passen: Heiko Schmitz hat einen gefunden.

Rhein-Berg – Eine Mainacht, wie sie früher war! Darauf freuten sich wohl alle, die am Samstagabend mit einem Maibaum um die Gunst ihrer Dame buhlten. Schon vom Vormittag an war reger Betrieb auf dem Gelände von Revierförster Jürgen Greißner in Rösrath, wo für die Herren die Option bestand, sich einen bereits geschlagenen Baum aufs oder ins Auto zu packen oder ihn zuvor mit eigenem Blut und Schweiß abzusägen – bekannterweise ist die Liebe ja bei jedem von individueller Intensität.

Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause nahmen viele das Angebot bei Förster Greißner an. Überall zwischen den Weihnachtsbaumkulturen stapften meist junge Männer und hielten Ausschau nach der schönsten Birke, manche waren alleine gekommen, andere mit Papa oder der tatkräftigen Unterstützung eines Kumpels.

Wenn's dem Pionierbaum an den Stamm geht

„Die Birke ist eine Pionierbaumart, deren Same fliegt und die sich dann den Platz zum Aussamen sucht“, erklärt der Revierförster. Auf diesem Boden musste also nichts extra gepflanzt werden. Nach fünf bis zehn Jahren sind Birken bereit, als Maibaum zu dienen. Vis-à-vis dem Forsthaus standen ebenfalls eine ganze Menge Bäume, die extra gepflanzt worden sind.

Förster Jürgen Greißner (l.) bietet an seinem Forsthaus bei Rösrath-Forsbach Bäume zum Selberschlagen an – und hilft bei der Auswahl.

Die Kriterien der Kunden seien vielseitig, wichtig sei aber eigentlich nur, dass ein Maibaum gut belaubt sei und sich die Käufer vorher Gedanken machten, wo er angebracht werden solle, so Greißner. „Am Einfamilienhaus ist es super, bei einer Mietwohnung sollte man vorher messen, damit er nicht auf den Balkon der Nachbarn ragt und diese stört“, erklärt er grinsend. Und natürlich sei bei der Auswahl auch das Transportfahrzeug zu berücksichtigen. Greißner hat schon einiges gesehen, seit er den Maibaumverkauf betreibt. „Die meisten wollen einen Baum, der möglichst groß ist, und merken dann aber: Der passt ja gar nicht ins Auto!“, weiß seine Frau Brigitte.

Eine abgestorbene Tanne gab's auch schonmal umsonst

Es gibt wohl nichts, was die beiden nicht erlebt haben. „Es gibt zum Beispiel einen älteren Mann, der kommt seit Jahren. Irgendwann haben wir ihn mal gefragt, denn üblicherweise sind es doch die Jungen, die Maibäume stellen. Dann hat er verraten, dass er für seine Frau ist, deren Grab er damit schmückt“, so die Frau des Försters betroffen. Einmal war eine Gruppe vor Ort, die Interesse an einer abgestorbenen Tanne bekundete, um sie einer jungen Dame als Schandtanne zu stellen. „Ich habe den Jungs den Baum so mitgegeben“, erinnert sich Greißner lachend. Und einmal wollte ein Kunde seinen Baum nach Kerpen transportieren. „Lange Wege sind schwierig und nach Kerpen geht es über mehrere Autobahnen – davon habe ich ihm dann abgeraten, schließlich habe ich als Förster bei so was auch etwas Mitverantwortung“, sagt er.

Der passende Baumschmuck gehört natürlich auch an den hülzernen Liebesbeweis.

Auf eigene Faust irgendwo selbst Maibäume zu schlagen, ist übrigens verboten. Ob selbst sägen oder nur auswählen, ist hingegen beim Maibaumverkauf der Greißners Geschmacksache und somit jedem freigestellt. Manche haben es eilig, manche machen sich nicht gerne die Hände schmutzig und freuen sich, dass sie bei Greißner die Wahl haben. Und auch den Schmuck gibt es zu erwerben: farbiges Markierungsband, viel besser als Krepp, denn es ist sowohl reiß- als auch wasserfest.

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Das Ehepaar ist sich einig: Das gute Wetter sei praktisch – und dass die Mainacht auf einen Samstag falle. Ähnlich ist es im kommenden Jahr, denn dann ist der 1. Mai ein Montag, und auch Sonntage seien dankbare Tage für den Maibaumverkauf, so die Greißners. Übernächstes Jahr wird es dann wieder richtig spannend, denn im Schaltjahr sind die Frauen mit dem Maibaumsetzen an der Reihe. „Die sind emsiger und an einem Wochentag können wir dann sogar den doppelten Andrang erwarten“, sagt Brigitte Greißner.