DenkmalpflegeJetzt ist der Waatsack dran

Das Wirtshaus „Am Waatsack“ noch ohne die heutige Schieferverkleidung. Dahinter ist der Viktoria-Saal mit seinem charakterisitschen Stufengiebel zu erkennen, der für den Wirt Vieten so wichtig war, dass er den ganzen Gasthof gleich danach benannte.
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Bergisch Gladbach – Für den Waatsack wird es eng: Obwohl die Tische des Restaurants Taco Mex, das in dem urigen, knapp 220 Jahre alten Baudenkmal Tortillas, Burritos und Cocktails anbietet, fast allabendlich gut besetzt sind, scheinen die Tage des Fachwerkhauses gezählt.
Beschlüsse, die seinen Abriss zum Ziel haben, liegen zwar bisher nicht vor, aber mit der Schließung des benachbarten Viktoria-Centers läuft der Countdown für den Abbruch des dreisäligen Lichtspieltheaters: Die Spezialimmobilie ist nach dem Rückzug des Kinobetreibers Helmut Brunotte nicht mehr verwertbar, die Besitzerfamilie muss sich von dem Objekt trennen und vom Waatsack gleich mit.
Verkauf setzt drei Beschlüsse voraus
Der Kinobau ist aus dem ehemaligen Veranstaltungs- und Festsaal des Gasthofs hervorgegangen und beide bilden bis heute eine gemeinsame Liegenschaft, sind auch baulich verbunden.
Gestern bestätigte die Stadtverwaltung, dass sie in Kaufverhandlungen mit der Familie steht. „Es müssen allerdings noch einige Voraussetzungen geschaffen werden, damit es zu dem Abschluss kommen kann“, erläuterte Stadtsprecher Martin Rölen. Zum einen müsse ein Beschluss über die künftige Verkehrslösung an der Einmündung der Odenthaler Straße in die Hauptstraße vom zuständigen Ausschuss und dem Rat getroffen werden: Der Beschluss, der ohne Abriss des Waatsacks nicht auskommt, ist die T-Kreuzung mit Linksabbiegerspur aus Richtung Hebborn nach Herrenstrunden, die von der Verwaltung favorisiert wird. Zwar wäre die Aufweitung der Odenthaler Straße auch zu Lasten eines Streifens des Parks des rechts anliegenden Kulturhauses Zanders zu machen, doch dessen Eigentümer Hans Wolfgang Zanders hat diese Variante bisher kategorisch zurückgewiesen. Alternativ ist auch ein Kreisverkehr im Gespräch, der sogar nach den Vorstellungen des Architekten Hardy Wittrock und des ehemaligen Planungsamts-Chefs Günter Klatt so verschoben werden könnte, dass der Standort des Waatsacks unangetastet bliebe. Diese Lösung wäre aber teurer wegen des höheren Flächenverbrauchs. Die zweite Voraussetzung betrifft den Finanzierungsvorbehalt: Bislang sind für den Kauf von Waatsack und Kino keine Mittel in den Haushalt eingestellt. Diese Finanzierung muss sichergestellt werden, wahrscheinlich aber erst im Haushaltsjahr 2014. Drittens muss der Kaufbeschluss im Verwaltungsrat des Stadtentwicklungsbetriebs getroffen werden.
Unklar ist auch das weitere Schicksal des Fachwerkhauses bei einem Verkauf. Um denkbaren Protesten etwa durch den Geschichtsverein und ande Heimatfreunde zuvorzukommen, wird von Bürgermeister und Politik gerne das Schlagwort „Dislozierung“ benutzt, also das Versetzen des Hauses, was bei einem Fachwerkbau grundsätzlich möglich ist. „Wir prüfen das momentan“, erklärt Rölen. Allerdings muss der Denkmalschutz zustimmen.
Wiederverwendet werden die Balken des Fachwerkständers, je nach Zustand auch nur teilweise, sowie weitere Bauelemente wie Türen, Fenster Schlagläden, soweit antiquarisch. Ob eine Dislozierung wirtschaftlich sinnvoll ist, hängt davon ab, wieviel Material überhaupt wiederverwendet werden kann. Um das zu bewerten, hat der städtische Denkmalschutzbeauftragte einen Ortstermin vereinbart, der noch im Januar stattfindet.
Es muss aber auch die obere Denkmalbehörde einwilligen, deren Gebietsreferent gerade gewechselt hat. Vorgänger Dr. Andreas Stürmer war nach seiner Aussage nie offiziell auf das Thema angesprochen worden. Dennoch gab er seinen Standpunkt dazu preis: „Eine Einwilligung kommt nur in Frage, wenn sich die Verkehrsprobleme an der Ecke auf keine andere Weise lösen lassen.“
Freilich lässt sich das Problem auch anders angehen: Wenn ein Denkmal unbequem geworden ist, verfallen Eigentümer bisweilen auf die Strategie, es leerstehen zu lassen und die Bauunterhaltung einzuschränken bis zum Äußersten. Irgendwann muss dann auch der Denkmalschutz die Ruine aufgeben. Die Stadt kann sich solch rabiater Methode jedoch schwerlich bedienen und muss daher unbedingt vor dem Kauf sicherstellen, dass sie das Denkmal anschließend los wird.
Offen ist jedoch auch noch die Frage, wohin mit dem Waatsack: Für eine Dislozierung an Ort und Stelle (also eine Verschiebung nach hinten) muss weiterer Grunderwerb getätigt werden. Der Umzug in das Freilichtmuseum Lindlar als Alternative setzt voraus, dass die Denkmalssubstanz ausreicht. Das kann nur die nähere Begutachtung ergeben.