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Erst trainieren, dann desinfizierenWas in Fitnessstudios durch Corona wichtig wird

Lesezeit 3 Minuten

Auch mit 84 Jahren trainiert Horst Albrecht fast täglich im Fitness-Studio „Topfit“. Sport ist für ihn ein Grundbedürfnis.

  1. Die Phase der trainingsfreien Zeit ist zu Ende, Fitnesstudios dürfen wieder öffnen.
  2. Damit die Mitglieder trainieren können, müssen besondere Auflagen erfüllt werden.
  3. Die Umsetzung der Maßnahmen funktioniert. Auch wenn alles etwas ungewohnt sein dürfte.

Rhein-Berg – Zuerst ein paar Dehnübungen, dann Training an den Ringen und an der Schulter- und Brustmaschine. Seit Montag kann Horst Albrecht endlich wieder ins Fitness-Studio „Topfit“ in Bergisch Gladbach gehen. Und dort trainiert der 84-Jährige so manchen jüngeren Sportler gegen die Wand. „Ich habe mein ganzes Leben lang Sport gemacht. Für mich ist das ein Grundbedürfnis“, erzählt der Senior, der viele Jahre lang im Eiskunstlauf aktiv war und 2006 bei den Gay Games in Chicago sogar zwei Goldmedaillen gewann.

Dass die Fitness-Studios aufgrund der Corona-Pandemie so lange geschlossen werden mussten, war für den Senior schwer. „Ich habe stattdessen zuhause Dehnübungen gemacht und viel Gartenarbeit“, berichtet Albrecht, der sonst sechs Mal die Woche ins „Topfit“ kommt. Nun muss er sich vorerst auf drei Trainingstage in der Woche einschränken, denn die sind derzeit für die 1350 Mitglieder des „Topfit“ pro Woche vorgesehen.

Bis zu 40 Personen gleichzeitig

„Momentan liegt die Auslastung in unseren Studios zwischen 25 und 60 Prozent“, berichtet Geschäftsführer Ferdinand Linzenich, dessen Familie 11 Fitnessstudios mit insgesamt 19.000 Mitgliedern betreibt. Sieben bis zehn Quadratmeter hat das Team pro Mitglied eingeplant, 40 Personen können somit beispielsweise im „Topfit“ gleichzeitig trainieren. Viele Geräte mussten gesperrt werden, um den Sicherheitsabstand einhalten zu können.

Dass die konkreten Auflagen vom Land erst am Samstagmorgen feststanden, findet Linzenich zu knapp. Dennoch ist alles vorbereitet und die Mitglieder hätten sich bisher gut an die Regeln gehalten. „Mittags kommen jetzt die meisten. Zu unseren Stoßzeiten, wo es sonst besonders voll ist, ist es momentan tatsächlich am entspanntesten“, so Linzenich.

Viel Zeit durch Kurzarbeit

Auch am Mittwochmorgen ist es eher leer im „Topfit“, nur wenige trainieren an den Geräten. Neben Host Albrecht ist auch Rolf Metzler vorbeigekommen, um beim Zirkeltraining Muskeln aufzubauen. Der 55-Jährige arbeitet in Kurzarbeit und hat grade viel Zeit. Aus gesundheitlichen Gründen ist Sport für ihn wichtig ebenso wie die professionelle Anleitung durch die Trainer im Fitness-Studio.

Ein paar Geräte weiter möchte Anke Reisner-Korpilla dagegen nach der langen Zwangspause auf dem Crosstrainer möglichst viele Kalorien verbrennen. In „Alan’s Sportclub“ in Overath können die Mitglieder seit Montag über eine Handy-App online einchecken und so überprüfen, wie viele andere Mitglieder gerade im Club trainieren. Dadurch sollen unnötige Wartezeiten und Schlangen vor dem Fitness-Studio vermieden werden. „Momentan können bei uns 90 Mitglieder gleichzeitig trainieren“, berichtet Koray Yildirim, der im Overather Sportclub seine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann macht. Vor Corona konnten bis zu 150 Personen zusammenkommen.

Vorerst keine Trainer

Wer im Sportclub trainiert hat, muss die verwendeten Geräte desinfizieren. Auch das Sportclub-Team ist im ständigen Reinigungseinsatz. Handtücher und Getränke müssen selbst mitgebracht werden. Umkleidekabinen und Duschen bleiben zu. Besonders auf das individuelle Zirkeltraining wollten viele auch in Corona-Zeiten nicht verzichten. Die sonst übliche Betreuung durch Trainer muss aber vorerst ausfallen. „Wir betreten die Trainingsfläche nur, wenn es sein muss und dann mit Mundschutzmaske“, sagt Yildirim.

Verhalten ist die Resonanz der Mitglieder dagegen noch im Fitness-Zentrum in Refrath. „Wir mussten jedes zweite Gerät sperren“, berichtet Greta Schulze. 25 Leute können aktuell gleichzeitig trainieren – weniger als eigentlich möglich. „In den letzten Tagen waren nicht viele hier. Meist bis zu 15 Personen gleichzeitig“, berichtet Inhaber Frank Römling. Viele Mitglieder seien über 50 oder 60 Jahre alt und sehr vorsichtig. Dass sein Fitnessstudio acht Wochen geschlossen war, sei eine finanzielle Herausforderung.

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Ferdinand Linzenich spricht in seinen Fitness-Studios von einem sechsstelligen Verlust innerhalb der zweimonatigen Schließung. Um diesen Verlust wieder auszugleichen, brauche es sicher drei Jahre. Frank Römling hat die freie Zeit im Fitness-Zentrum in Refrath dennoch gut genutzt: „Wir haben renoviert und ordentlich geputzt. Ich glaube so sauber wie jetzt war es seit unserer Öffnung 1982 nicht mehr“, meint er und lacht.