Der Name des von den Nationalsozialisten vereinnahmten Dichters verschwinde längst hinter der Abkürzung, heißt es.
EMA-SchuleBurscheid hat kein Problem mit Ernst Moritz Arndt
So würde das heute niemand mehr formulieren. Aber im Sommer 1957 war der SPD-Antrag im Sound der Zeit. Die Fraktion sprach sich dafür aus, die neue Grundschule in Hilgen mit einem Namen zu versehen, „den sie mit Stolz tragen kann“; den des „deutschen Freiheitsdichters Ernst Moritz Arndt“. Dessen „Hauptbedeutung liegt in der leidenschaftlichen Hingabe an das deutsche Volk, seiner charaktervollen Männlichkeit und seinem sittlichen Vorbild.“ Widerspruch erhob sich nicht, im Hauptausschuss wurden am 9. Juli 1957 acht Ja-Stimmen und eine Enthaltung protokolliert. Das zeigen die Aufzeichnungen, die Burscheids Stadtarchivar Norbert Bangert zusammengestellt hat.
Denn seit einem guten Jahr ist die Benennung der Hilgener Grundschule nach Ernst Moritz Arndt wieder in der Diskussion, nach einem Bürgerantrag von Sabine Wurmbach, Michael Schwarz und Christian Mikus. Das Trio verwies auf antisemitische und allgemein fremdenfeindliche Arndt-Äußerungen sowie die Vereinnahmung des 1796 geborenen und 1860 in Bonn gestorbenen Dichters durch die Nationalsozialisten. Ihnen galt Arndt als Vordenker. Als Beleg dient Wurmbach, Schwarz und Mikus die Umbenennung der Universität in Greifswald im Jahr 1933. 2018 wurde sie rückgängig gemacht.
Vorbild Remscheid?
Auch das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium in Remscheid heißt nicht mehr so. Aber bis zur Umbenennung in Emma-Herwegh-Gymnasium vergingen rund drei Jahrzehnte; eine Kommission hatte sich zuvor detailliert mit dem Namenspatron Arndt auseinander gesetzt.
Wurmbach, Schwarz und Mikus fragen mit Blick auf die Hilgener Grundschule: „Was sollen Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren eigentlich noch anfangen mit einer historischen Persönlichkeit, die in unserem Land keinerlei Bedeutung mehr hat, und zwar nicht, weil sie historisch ist, sondern weil sie zur Moderne nichts beizutragen hat, Hass verbreitet und zudem im historischen Gedächtnis (zu Recht) in Vergessenheit geraten ist?“ Die Benennung nach einer anderen Person, die sie möglicherweise anregt, sich mit dieser zu beschäftigen oder „sich gar an ihr zu orientieren“ würde dem pädagogischen Anspruch viel besser gerecht, argumentieren sie.
Die Abkürzung überlagert den Namen
Diese Ambition war aber weder in der Schulkonferenz noch im Schulausschuss mehrheitsfähig. In der Schule setze man darauf, dass der Name Ernst Moritz Arndt im Alltag nicht mehr verwendet, sondern durch die Abkürzung „EMA“ ersetzt werde, schreibt die Stadtverwaltung. Das Kürzel sei längst so eingeführt, dass es nicht durch einen anderen Namen ersetzt werden sollte. Denkbar wäre allenfalls, eine andere Person zu finden, deren Namen ebenfalls mit den Initialen E, M und A abgekürzt wird. Was schwierig werden dürfte, wie das Beispiel des Remscheider Gymnasiums zeigt: Das wird mit Blick auf Emma Herwegh inzwischen mit „EMMA“ abgekürzt.
Solchen Mühen will man sich in Burscheid nicht unterziehen: Die Stadtverwaltung setzt auf eine Hinweistafel an der Hilgener Grundschule, auf der Namenspatron Ernst Moritz Arndt kritisch eingeordnet wird. Diesen leichten Weg wollen auch die Politiker gehen: Bei nur einer Gegenstimme wurde der Antrag, die Schule umzubenennen, am Dienstag abgelehnt.