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Hacker-AngriffDas Burscheider Rathaus soll Schritt für Schritt wieder ans Netz gehen

Lesezeit 3 Minuten
Das Rathaus in Burscheid

Ab Dienstag, 2. Januar, soll das Bürgerbüro im Burscheider Rathaus wieder öffnen. Ohne Termin sollte man aber nicht kommen.

Die Attacke auf Südwestfalen-IT macht sich auch zwei Monate danach noch deutlich bemerkbar.

Der Bürgermeister ist nach wie vor sehr beeindruckt: „Man stellt es sich nicht so schlimm vor, wie es ist“, sagte Dirk Runge jetzt. Der Hacker-Angriff auf Südwestfalen-IT (SIT) in der Nacht auf den 30. Oktober hat 103 Städte und Gemeinden weitgehend lahmgelegt. Nicht nur der Kontakt mit den Bürgern ist abgerissen, auch innerhalb der Stadt- und Kreisverwaltungen ging von jetzt auf gleich nichts mehr, weil alle Verbindungen zum SIT-Rechenzentrum in Hemer gekappt werden mussten. Nach eigener Darstellung ist SIT Opfer einer „der größten Angriffe auf die öffentliche Verwaltung, die es in Deutschland bisher gab“. Insider schreiben die Ransomware-Attacke der auf so etwas spezialisierten, osteuropäischen Gruppe Akira zu.

Burscheid hat, wie alle anderen Kommunen, inzwischen immerhin wieder eine Notfallseite am Netz. Sie wird kontinuierlich aktualisiert, damit die Bürger wissen, was wieder geht – und was nicht. Grundsätzlich geht es mit einem Basisbetrieb los. Sichergestellt wurde aber die Auszahlung von Sozialleistungen wie Grundsicherung, Wohngeld, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und Hilfe zum Lebensunterhalt für den Dezember. Für Januar soll dies ebenfalls gelten.

Zulassung noch nicht in Burscheid

Einschränkungen gibt es nach wie vor bei der Kraftfahrzeug-Zulassung. Nachdem die wochenlang im gesamten Rheinisch-Bergischen Kreis nicht möglich war, geht das zwar im Prinzip wieder. Allerdings nur in Bergisch Gladbach und in Wermelskirchen, nicht im Burscheider Servicebüro. Wer einen Termin in der Zulassungsstelle braucht, kann ihn auf der Internetseite des Kreises unter dem Stichwort „Zulassung“ buchen. Wer nach dem Cyber-Angriff auf eine der Nachbarstädte, etwa Leverkusen, ausgewichen ist, sollte sich lieber noch gedulden: Sie „werden gebeten, die Ummeldung auf den Rheinisch-Bergischen Kreis erst im kommenden Jahr in Angriff zu nehmen“, heißt es in Burscheid.

Ab Dienstag, 2. Januar, soll das Burscheider Bürgerbüro wieder öffnen. Auch hier bittet die Stadtverwaltung darum, zuvor einen Termin zu vereinbaren. Dabei ist auch zu sehen, was wieder möglich ist im Rathaus. Der Bürgermeister weiß, dass seit Ende Oktober viel aufgelaufen ist im Meldeamt. Das muss erst einmal abgearbeitet werden.

Noch eingeschränkt sind auch die Leistungen im Amt für Sicherheit, Ordnung, Soziales und Feuerwehr; außerdem „ist mit einer verzögerten Bearbeitungsdauer zu rechnen“, heißt es bei der Stadt. Die Stadtbücherei Burscheid ist im Normalbetrieb, die Bergische Onleihe funktioniert, wenn man einen gültigen Bibliotheksausweis hat, „weitere digitale Services stehen nicht zur Verfügung“, so die Stadtverwaltung. Das Bauamt ist weitgehend wieder am Netz, allerdings können Bauakten nur im Rathaus eingesehen werden, und ein Versand von Kopien per E-Mail ist nicht möglich.

So sieht Ende 2023 die Notfallseite der Stadt Burscheid aus.

Noch immer muss sich Burscheid mit einer Notfallseite behelfen. Dort sind die möglichen Dienstleistungen des Rathauses aufgeführt.

Nach Auskunft von SIT-Verbandsvorstand Theo Melcher gibt es mehrere Gründe dafür, dass es so lange dauert, die Folgen des Cyber-Angriffs zu verarbeiten. „Die Komplexität der Wiederherstellung ist größer als nach den ersten fachlichen Einschätzungen erwartet“. Zum einen seien die Sicherheitsanforderungen „noch einmal deutlich erhöht“ worden. Darüber hinaus sei der parallele Aufbau der ineinandergreifenden IT-Systeme „viel komplizierter als ursprünglich angenommen“. Diese Faktoren zwängen „zu besonderer Sorgfalt und einem schrittweisen Vorgehen – es gilt das Prinzip Sicherheit vor Geschwindigkeit“, betont Melcher. Insgesamt stehe die Südwestfalen-IT „vor einer beispiellosen Herausforderung“.

Wo und in welchen Schritten die Systeme wieder hochfahren, werde jede Woche in Konferenzen mit den SIT-Leuten besprochen, berichtete Bürgermeister Runge. Dass der Burscheider Haushalt später als geplant aufgestellt werden kann, gehört zu den internen Folgen des Hacker-Angriffs. Insgesamt spricht Runge von „immensen Einschränkungen“ für alle. Wann es damit vorbei ist, sei „leider noch gar nicht absehbar“.