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Erster SeniorenberichtWas ältere Menschen in Burscheid brauchen

Lesezeit 5 Minuten
Senioren im Burscheider Tri-Café.

Ein nützliches Angebot: Im Tri-Café in Burscheid lernen ältere Menschen mit dem Smartphone umzugehen.

32 Fragen wurden beantwortet. Das Datenmaterial gibt viele Hinweise darauf, wie die Stadt mit ihren vielen Älteren umgehen sollte.

In Burscheid sollte mehr für ältere Leute getan werden. Das legt der erste Seniorenbericht nahe, den eine der Autorinnen des 392 Seiten starken Werks am Dienstagabend im Sozial- und Schulausschuss vorgestellt hat. Annika Möller empfiehlt, im Rathaus eine Person mit dem Thema zu befassen. Dort sollte eine Seniorenplanung gemacht werden, auf der alles andere aufbaut.

Dass Seniorenarbeit immer wichtiger wird, zeigen die derzeitigen Zahlen – und die der Zukunft noch mehr: In Burscheid waren Ende 2022 genau 3991 Personen älter als 65 und 1213 jenseits der 80 Jahre alt. Das entspricht einem Anteil von 21 Prozent bei den Menschen über 65 und sechs Prozent über 80. Diese Anteile werden sich weiter erhöhen: 2030 auf 28 und sieben Prozent. 2040 und 2049 fallen die Anteile vor allem bei den Personen über 80 deutlich höher aus. Sie steigen über zehn auf 13 Prozent.

Der Altersschnitt im gesamten Rheinisch-Bergischen Kreis liegt noch ein bisschen höher: 2022 – Zahlen aus diesem Jahr bilden die Datenbasis für den Bericht – waren 68.338 Personen älter als 65 und 23792 älter als 80 Jahre. Der Anteil beträgt kreisweit 24, beziehungsweise acht Prozent. Projektionen zeigen für 2030 Anteile von 28 Prozent an Über-65-Jährigen und weiterhin acht Prozent über 80. Im Jahr 2040 dürfte der Höchststand an Personen über 65 erreicht sein: Ihr Anteil wird dann bei 30 Prozent liegen und auch 2049 noch so hoch sein. Die Gruppe der Menschen über 80 wird hingegen weiter steigen: von zehn Prozent im Jahr 2040 auf 13 Prozent im Jahr 2049.

Der Rheinisch-Bergische Kreis ist einer der ältesten im Land

Dass der Rheinisch-Bergische Kreis „einer der ältesten im Land ist“, wie Annika Möller hervorhob, zeigt sich am Altenquotient: 0,42 heißt, dass auf 100 Haushalte 42 kommen, in denen Personen über 64 Jahre leben. Landesweit liegt dieser Quotient bei 0,36. Dass Alter im Kreis nicht gleichzusetzen ist mit Altersarmut, zeigt der Anteil von Haushalten, die Grundsicherung beziehen: Pro 100 Personen sind das im Kreis 3,1 Prozent, der Landesschnitt liegt bei 4,5 Prozent.

Burscheid liegt bei allen Werten darunter, Leichlingen allerdings ist im Schnitt älter als der Kreis: 25 Prozent waren am 31. Dezember 2022 mindestens 65 Jahre alt, neun Prozent über 80. Das entspricht fast 7000 Menschen über 65 und gut zweieinhalbtausend über 80. Die Anteile werden bis auf 31 Prozent bei den Personen über 65 und auf 15 Prozent für die Über-80-Jährigen steigen. Leichlingens Altenquotient liegt derzeit mit 0,43 knapp über dem Kreis, aber Grundsicherung ist für Leichlinger Seniorinnen und Senioren kein großes Thema: Zweieinhalb Prozent waren auf zusätzliche Leistungen vom Amt angewiesen, in Burscheid sind es mit 2,9 Prozent schon einige mehr.

Brigitte Adams, Klaus Nierhoff, Helga Coen und Klaus Becker vom Burscheider Seniorenbeirat

Der Seniorenbeirat wurde im vorige Herbst neu gewählt. Zu den Mitgliedern zählen Brigitte Adams und Klaus Nierhoff (hinten), Helga Coen und Klaus Becker (vorn)

Abseits der Statistik zeigt die Auswertung der Fragebögen recht genau, wo man etwas tun sollte für die Älteren. Die Datenbasis sei verhältnismäßig sehr gut, berichtete Möller im Rathaus: In Burscheid habe man 773 ältere Personen angeschrieben, von ihnen hätten 301 den mit 32 Punkten sehr ausführlichen Fragebogen beantwortet. Es hätten aber mehr Frauen als Männer geantwortet. Was die finanzielle Situation angeht, ist die Selbsteinschätzung danach in der Regel positiv: 22,6 Prozent bezeichneten ihre Lage als „sehr gut“, 48,6 Prozent als „gut“. 16,2 Prozent beobachteten, dass sie „genau hinkommen“, ungefähr jeder Zehnte sieht im Alter: „Ich muss mich einschränken.“ 2,6 Prozent hätten angegeben, dass sie sich sogar „sehr stark einschränken“ müssen.

Einsam fühlen sich gar nicht so viele

Dass ein Seniorenbericht Erkenntnisse über das Problem Einsamkeit vermitteln muss, liegt auf der Hand. Möller bezweifelt aber, dass die Angaben wirklich genau so zutreffen. Sie geht davon aus, dass die Sache beschönigt wird, denn 45 Prozent der Befragten erklärten, dass sie sich „nie“ einsam fühlten. 30 Prozent seien „selten“ einsam, 19 Prozent „manchmal“ und nur sechs Prozent „oft“. In eine ähnliche Richtung deuten indes die Antworten auf diese Frage: „Wünschen Sie sich mehr soziale Kontakte?“ Das bejahten 29 Prozent der Seniorinnen und Senioren, 71 Prozent verneinten das. Einen anderen Fingerzeig könnten die Antworten auf die Frage geben, warum man nicht zu Veranstaltungen geht: Für 38 Prozent war der Grund, dass man sich „nicht allein“ in Gesellschaft begeben will.

Ehrenamtliches Engagement ist in einer alternden Gesellschaft besonders wichtig: Ein Viertel der Burscheiderinnen und Burscheider, die auf Fragen zu diesem Thema antworteten, sind schon ehrenamtlich tätig. Mit „Nein“ antworteten 32 Prozent, vier Prozent bekundeten Interesse, wissen aber nicht, wo und wie sie sich einbringen können. Die Folgerung daraus ist: Burscheid sollte eine Person benennen, die das Ehrenamt koordiniert. In Cosima Mai ist die wohl schon gefunden: Die Seniorenberaterin stellte im Ausschuss das neue Konzept vor. Zum Thema Ehrenamt sagte sie: „Wer sich engagieren will, braucht vielleicht eine gute Idee.“ Mai, die ihr Büro im Rathaus hat und telefonisch unter 02174 67 03 70 erreichbar ist, hat mit Sicherheit welche.

Nicht freiwillig, sondern pflichtig ist Pflege: 25 Prozent der Burscheiderinnen und Burscheider über 65 Jahre pflegt einen Angehörigen; bei den Über-80-Jährigen sind es immer noch 19 Prozent. Für Annika Möller, die Mit-Autorin des ersten Seniorenberichts für den Rheinisch-Bergischen Kreis bestätigt das die Beobachtung: Ältere Familien sind „der größte Pflegedienst Deutschlands“. Entsprechend viele Ressourcen in der Beratung nimmt das Thema Pflege ein: Das sollte man trennen, ist Möllers Rat. In Burscheid arbeitet man auch daran.