Die Säge ist eine der charakteristischen Waffen des Horrorgenres – so auch vor gut 700 Jahren, wie der „Der zersägte Ritter“ zeigt.
Burscheider SagenWie Ritter Bruno und seine Lieben dem Holzsägen-Massaker zum Opfer fielen
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Burscheid-Bellinghausen, ein Dorf mit viel altem Fachwerk
Copyright: Ralf Krieger
Dass die Burscheider Sagen, wie es ihre Erzählerin Marie-Luise Mettlach formulierte, „nicht ohne“ sind, war bereits bei der Geschichte von „Herm mit dem Stummel“ und Ritter Heribert nachzuvollziehen. Deutlich weniger blutrünstig ist, wie es der Titel bereits verrät, die Sage „Der zersägte Ritter“ allerdings auch nicht. Wie es der Volksmund über die vergangenen Jahrhunderte weitergegeben haben soll, klärt sie über den Ursprung der kleinen Ortschaft Bellinghausen südlich von Hilgen auf.
„Ein dunkler Hohlweg führte einst vom Dünweg hinab ins Tal und dann wieder hinauf zu einer Burg, die am Waldrande auf einer leichten Anhöhe stand. Hoch ragte der zinnenbewehrte Wohnturm, und über den Burggraben spannte sich eine Zugbrücke. Burghausen hieß die Burg, und ihre Bewohner waren die „Edlen von Burghausen“. Mit diesen Worten beginnt die im 14. Jahrhundert spielende Sage, welche vom Ritter Bruno handelt, der wegen seiner Rechtschaffenheit sowie der von ihm ausgehenden Verfolgung und Bestrafung jeglichen Unrechts auch „der Richtermann“ genannt wurde.“
Horrorfilmsetting Burscheid-Bellinghausen
So soll er sich vorgenommen haben, dem räuberischen Treiben zweier gefürchteter Brüder namens „Zappen“ Einhalt zu gebieten, die plündernd und Feuer legend durch das Bergische Land zogen: Dem „Richtermann“ gelang es, einen der beiden Unholde samt seiner Miträuber zu fangen und hängen zu lassen, was den verbliebenen Bruder jedoch dazu antrieb, die Überfälle mit noch „größerer Grausamkeit“ fortzusetzen, schreibt Mettlach. Ebenso grausam sollte die Rache für seinen getöteten Bruder an Bruno von Burghausen aussehen.
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Burscheid-Bellinghausen: Wo die Burg aus der Sage stand, weiß heute niemand mehr.
Copyright: Ralf Krieger
Die folgenden Schilderungen könnten genauso gut aus dem Drehbuch für einen im Mittelalter spielenden Horrorfilm stammen: „In einer stürmischen Herbstnacht“, wie es heißt, soll „Zappen“ „mit seinen Kumpanen“ in die Burg der „Edlen von Burghausen“ eingedrungen sein, „nachdem die Zugbrücke wie von Teufelshand niedergegangen war“. „Sie gelangten in die Schlafzimmer und ermordeten die Schlafenden aufs Grausamste; auch Frauen und Kinder wurden nicht verschont“, gibt Mettlach den Volksmund wieder. Für Ritter Bruno soll sich der Rächer aber eine besonders barbarische Form der Ermordung überlegt haben.
Ritter Bruno wurde bei lebendigem Leibe zersägt
Nachdem der verhasste „Richtermann“ hatte mit ansehen müssen, wie seine Frau, seine Kinder und das „Gesinde“ abgeschlachtet wurden, habe „Zappen“ seine Gesellen aufgefordert, „Bruno zu entkleiden und zu fesseln und ihn dann mit einer hölzernen Säge, die er eigens für diesen Zweck hatte herstellen lassen, langsam bei lebendigem Leibe zu zersägen.“ Selbst die „rauhen Gesellen, die sonst vor keiner Schandtat zurückschreckten“, sollen Skrupel gehabt haben, eine solche Tat auszuführen, folgten aber schließlich der Aufforderung, weil „Zappen“ ihnen mit dem Tod drohte.
„Hohnlachend stand Zappen dabei und hörte kaum den Fluch, den der so grausam Mißhandelte ausstieß, bevor er starb“, schildert Mettlach die Reaktion des offenbar sadistisch veranlagten Räubers. Nachdem er und seine Helfershelfer die Burg geplündert hatten, steckten sie diese in Brand. Die Nachricht über die Mordnacht habe sich „wie ein Lauffeuer“ verbreitet, was schlussendlich dazu führte, dass die Frevler allesamt verfolgt, gefangen genommen und hingerichtet wurden.
Obgleich die Burg wieder aufgebaut wurde, mieden sie sogar Tiere, weil der Fluch des zersägten Ritters auf ihr lastete und nächtliche Poltergeister mit „Gewimmer und Stöhnen“ durch das Gemäuer spukten. Nach und nach verfiel deshalb die ehemalige Residenz der „Edlen von Burghausen“. Laut Mettlach weiß heutzutage niemand mehr, wo genau die Burg stand.
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Burscheid Bellinghausen: Der Wanderweg führt hinunter ins Eigfgenbachtal.
Copyright: Ralf Krieger
Bekannt und beliebt ist hingegen der „Eifgen-Höhenweg“, auf welchem gerade an den Wochenenden viele Spaziergänger an dem beschaulichen, im Burscheider Platt als „Burrekus(s)en“ bezeichneten Bellinghausen vorbei wandern - nichts ahnend, was sich hier einst zugetragen haben soll.
Die Serie
In der Serie „Burscheider Sagen“ stellt unser Autor drei abenteuerliche, skurrile und auch blutrünstige Geschichten vor, deren Überlieferungen die Mitgründerin des Kulturverein Burscheid, Marie-Luise Mettlach, zusammengetragen sowie in ihrem Buch „Herm mit dem Stummel“ nacherzählt hat.