Es ist ein abgeschiedenes Paradies. Aber unter Architekturfreunden ist Berringhausen weithin bekannt.
BerringhausenDas bergische Idyll in Burscheid
Von oben sehen die Straßen aus wie ein Pferd mit Flügeln. Berringhausen hat nur einen Straßennamen, eben Berringhausen. Deshalb verzweigt sich diese eine Straße einige Male. Endstation ist an einer Pumpstation der Technischen Werke Burscheid. Unter den drei Kanaldeckeln dort rauscht es mächtig. Dabei ist es doch ein ausnahmsweise trockener, echter Sommertag. Der ist wie gemacht für einen Ausflug an den Nordrand des Burscheider Stadtgebiets.
Wer durch die Ortschaft spaziert, fällt sofort auf. Anfängliches Misstrauen verschwindet nach ein paar Worten und der Offenbarung, wer man ist und was man will in Berringhausen. Die Rede ist sodann vom „Architekten-Dorf“, von Gabor Schneider, der Berringhausen einen neuen Ortsrand verschafft hat. Neun Häuser hat der Sohn von Erich Schneider-Wessling über die Jahre errichtet. Alle in Holzbauweise, alle mit dem Ziel, so ökologisch wie möglich zu bauen – Stand Anfang des Jahrtausends. Das „freio-Dorf“ war immer wieder Ziel von Bau-Aficionados, die sich am „Tag der Architektur“ in dem Burscheider Idyll einfanden.
Die „Villa Kunterbunt“ ist preisgekrönt
Eines der Häuser, die „Villa Kunterbunt“, wurde 2010 mit dem Architekturpreis Bergisch Land ausgezeichnet. Hervorgehoben wurde nicht nur ihre „ungewöhnliche gestalterische und räumliche Vielfalt“ und die Ökologie: Die Holzskelett-Konstruktion mit ebenfalls hölzernem Ständerwerk sorgt außerdem dafür, dass dieser Bau sehr leicht zu verwandeln ist. Ohne großen Aufwand lässt sich aus einem Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung etwas anderes machen. Die große Frage, wie man ein Gebäude an die sich verändernden Bedürfnisse im Lauf eines Lebens anpasst: Hier ist sie beantwortet. Wer sich etwa vorstellt, wie viele alte Leute in viel zu großen Häusern wohnen, muss das besonders schätzen. Es ist ja kein Geheimnis, dass ein Teil der Wohnungsnot gerade auch im Rheinland daraus resultiert, dass der Wohnraum nicht passend verteilt ist.
Als das freio-Dorf in Berringhausen konzipiert wurde, ging es auch darum, auf sehr kleinem Raum viel Platz zu schaffen. Das Grundstück ist gerade mal 2100 Quadratmeter groß. Aber wegen guter Ausnutzung und dem Gemeinschaftsgarten ist sehr viel möglich dort. Der liegt im Zentrum des Ensembles. Und jedes Haus ist auf diesen grünen Bereich hin ausgerichtet. Große Fenster, die „das Innere mit dem Äußeren“ vermählen, lobte die Jury der Architektenkammer.
Viele Hinweise für motorisierte Besucher in Berringhausen
Wer so wohnt, denkt auch an die Kinder. Gleich am Ortseingang sind detaillierte Hinweise für Autofahrer angepinnt. Die Grundregel: „Es wird um erhöhte Aufmerksamkeit gebeten, da sich zu jeder Zeit spielende Kinder auf den Straßen in Beringhausen aufhalten können.“ Die Regeln sagen dann, wo man sein Gefährt abstellen sollte – in den engen Gassen jedenfalls nicht. Und dass man wegen spielender Kinder bitte nicht mehr als Schritt-Tempo aufnehmen sollte, solange man im Auto sitzt.
Aber Berringhausen ist nicht nur das freio-Dorf. In einem Garten steht Eisbär Oska als Skulptur; nebenan warnt ein Schild „Vorsicht Hund“. Ein paar Meter weiter sieht man, dass auch eine 33-Kilo-Gasflasche zum Kunstobjekt werden kann, wenn sie nur richtig ergänzt wird.
Schließlich ist Berringhausen auch Sitz der Organisation Soziale Dienstleistungen Becker, die sich um Jugendliche kümmert, die genau das brauchen. Auch dafür bietet der idyllisch gelegene Ort das richtige Drumherum. Man braucht ja nur ein paar Schritte zu gehen, schn steht man Auge in Auge mit lauter Kühen auf der Weide. Ein kleiner Schwenk nach links, und von Berringhausen ist nichts mehr zu sehen. Stattdessen Wiesen, Obstbäume in hügeliger Landschaft.
Die Serie
In unserer Serie „Unterwegs in …“ werfen unsere Autorinnen und Autoren mit einem Dartpfeil auf die Landkarten von Leverkusen, Leichlingen und Burscheid. Dort, wo der Pfeil einschlägt, verbringen eine gewisse Zeit und schreiben darüber.