PremiereGladbacher Theatermacher bringt Liebesgeschichte der Eltern auf die Bühne

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Eine Liebe in schwierigen Zeiten: Pius und Helene Haun.

Bergisch Gladbach – In die Geschichte seiner Eltern, die sich 1939 kurz nach Beginn des Zweiten Weltkriegs kennenlernten, hat sich der Bergisch Gladbacher Theatermacher Heinz-D. Haun in den letzten Jahren vertieft. Schon 1995 verstarb sein Vater Pius, 2003 seine Mutter Helene, doch die von ihnen hinterlassenen Briefe und andere Unterlagen blieben zunächst ungenutzt. Bis sich der Sohn schließlich doch der Familiengeschichte annahm und in den „Materialschatz“ eintauchte.

In den Briefen dokumentiert sei „eine höchst dramatische Geschichte“, stellte er fest: Denn Krieg und Kriegsgefangenschaft sorgten dafür, dass sich die jungen Liebenden Pius und Helene in den ersten zehn Jahren ihrer Beziehung nur recht wenig zu Gesicht bekamen. Bis Pius 1949 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen wurde.

Stoff für die Bühne

„Das darf man nicht in der Versenkung verschwunden sein lassen“, sagt Heinz-D. Haun zu den in den Briefen überlieferten Erlebnissen. Für ihn als Theatermann lag es nahe, den Stoff für die Bühne zu verarbeiten. Er entwickelte ein „szenisches Hörspiel“, das Ende November im Theas-Theater Premiere feiert.

Neben Originaltexten der Eltern und Erzählerkommentar gehören zu dem Programm auch vier Lieder, die Haun auf Grundlage des Materials geschrieben hat und vorträgt. Cellist Holger Faust-Peters trägt Instrumentalmusik bei – Haun hat sie aus dramaturgischen Gründen eingebaut. Und dann gibt es noch Texteinspielungen, die Stephan Kunz, Gerd J. Pohl und Raimund Funke auf Band gesprochen haben.

„Die Innenseite des Glücks“

Das lässt eine abwechslungsreiche Collage erwarten, in der Historisches und Persönliches verwoben sind. Vor diesem Hintergrund weist auch der Stadtverband Kultur auf das besondere Theaterprojekt hin – durch die Übergabe seines Staffelstabes an Haun.

„Die Innenseite des Glücks“ hat dieser das Programm genannt. Dieser Titel stammt von seinem Vater, der aufschrieb: „Nie wieder wird es wie heute sein. Nur wenn Du ganz in den Augenblick hineingehst, dann erlebst Du die Innenseite des Glücks.“

Ein Brief wie eine Devotionalie

Das hat den Sohn wirklich berührt, der Zettel mit diesen Sätzen ist für ihn eine „Devotionalie“. Durch die Briefe, die er verarbeitet, wird die Liebe der Eltern anschaulich, doch das Persönliche passt durchaus auf die Bühne: „Ich stelle meine Eltern nicht bloß“, betont Haun.

Nach der ersten Begegnung der Eltern im November 1939 auf einem Ball in Leverkusen-Rheindorf, bei der es offenbar „gewaltig gefunkt hat“, wie der Sohn sagt, dauerte es drei Jahre bis zur Hochzeit 1942.

Opfer und Täter

Der junge Sanitäts-Soldat Pius war zu dieser Zeit am Krieg der Deutschen Wehrmacht in der Sowjetunion beteiligt. In der Nähe von Babrujsk im heutigen Belarus verübte seine Einheit „schwerste Kriegsverbrechen“, wie Haun feststellt. Dass der junge Pius sich immer wieder dem Tod nahe fühlte, zeigt unter anderem ein Brief an seine Eltern, der sich wie eine Art Testament liest.

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Heinz-D. Haun mit den Schriftstücken seiner Eltern. Ihre Erlebnisse verarbeitete er zu einem szenischen Hörspiel.

Historischen Stoff und persönliche Geschichte macht Haun im Theater durch Bild-Projektionen anschaulich: Neben Familienbildern zeigt er Material des Bundesarchivs und einer Geschichtswerkstatt in Minsk. Dass der Soldat Pius nicht nur Opfer war, sondern auch Täter, blendet sein Sohn nicht aus: „Die Nazi-Ideologie hat bei ihm gegriffen“, stellt Haun fest. Als entlastend empfand er Belege, dass der Vater zumindest nicht NSDAP-Mitglied war.

Szenisches Hörspiel im Theas-Theater

Angesichts des heutigen Kriegs in der Ukraine wirken die Erlebnisse des Soldaten Pius noch bewegender: „Gestern wurde ein Mädchen auf dem Marktplatz aufgehängt, weil es einen Soldaten ins Haus geholt und mit einer Handgranate beworfen hatte“, berichtet er in einem Brief.

Ein andermal schreibt er an sein „innigst geliebtes Lenchen“ voller Sehnsucht: „Wie schön wird es einmal sein, das Leben zu genießen. Wenn wir verheiratet sind, eine nette und gemütliche Wohnung haben, dann wollen wir zufrieden und glücklich sein. Ich kann mir nichts Schöneres denken.“

Das szenische Hörspiel „Die Innenseite des Glücks“ ist am Samstag, 26. November, 20 Uhr, und am Sonntag, 27. November, 18 Uhr, im Theas-Theater in Bergisch Gladbach zu sehen. Karten zu 18 Euro, ermäßigt zwölf Euro gibt es online.

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