Streit um marode ToilettenGladbacher Schulleiterin im Interview zu Solidarbeitrag
- Die Toiletten am Berufskolleg Bergisch Gladbach waren in marodem Zustand und wurden für 210.000 Euro sarniert.
- Um die Kosten zu decken, hat die Schule ein Toilettengeld von 25 Euro pro Schuljahr eingeführt.
- Der Vorschlag stößt weiterhin auf massive Kritik – Kollegsleiterin Katharina Blum erklärt ihre Position.
Bergisch Gladbach – So ein Schultag ist lang. Da ist es unvermeidlich, dass ein Schüler auf die Toilette gehen muss. Doch für viele Schüler ist diese Vorstellung ein Graus, denn der Zustand der Schulklos ist oft miserabel. Am Berufskolleg Bergisch Gladbach sollte sich nach dem Bau einer neuen Toilettenanlage für 210.000 Euro eine Kleinigkeit ändern.
Die Schule sammelte Toilettengeld ein, um eine Reinigungsfirma mit der durchgehenden Betreuung und Reinigung beauftragen zu können. Doch das System scheiterte nach zwei Wochen. Über die Gründe sprach Uta Böker mit Schulleiterin Katharina Blum.
Schülervertretung und Schulkonferenz des Berufskollegs hatten vor, eine Pauschale für die Pflege der neuen Toilettenanlage einzuführen. 25 Euro pro Schuljahr für Schüler von Vollzeitbildungsgängen oder 15 Euro für Teilnehmer von Teilzeitbildungsgängen. Warum?
Blum: Die alten Toiletten waren unhygienisch, mindestens 30 Jahre alt, beschmiert, verdreckt und, wie ich finde, in einem grenzwertigen Zustand. Wir wollten dem ausdrücklichen Wunsch der Schüler und Elternpflegschaft gerecht werden, dass die neuen Toiletten sauber bleiben und vor Kritzeleien und Beschädigungen geschützt werden. Die Not mancher Schüler in der Vergangenheit war so groß, dass sie mit Geschäften von gegenüber ein Obolus von zehn Euro in der Woche ausgehandelt haben, um dort zur Toilette gehen zu können.
Und deshalb entstand die Idee, Toilettenpersonal einzusetzen?
Genau, wir haben nach Lösungen gesucht, wie der Neubauzustand dieser Anlage erhalten werden kann. Die Idee war, eine Servicekraft zu beauftragen, die darauf achtet, dass kein Vandalismus stattfindet und alles sauber bleibt.
Trotz der Akzeptanz der Schulkonferenz ist das Bezahl-Modell nach zwei Wochen gescheitert. Hat die Bezirksregierung ihr Okay nicht gegeben?
Nein. Mit der Bezirksregierung war das alles abgesprochen. Keiner wäre am Toilettengang gehindert worden. Keiner wäre von der neuen Toilette weggeschickt worden. Niemand hätte gesagt, Du hast nicht bezahlt, deshalb musst Du auf eine andere, unsanierte Toilette im Haus gehen.
Zur Person
Katharina Blum (56) ist seit August 2016 Schulleiterin des Berufskollegs Bergisch Gladbach für Ernährung, Hauswirtschaft, Gestaltung, Technik sowie Sozial- und Gesundheitswesen. Träger ist der Berufsschulverband Bergisch Gladbach, Rösrath, Overath, Odenthal und Kürten. Über 2400 Schüler besuchen die Einrichtung an der Bensberger Straße in Heidkamp. Katharina Blum wohnt derzeit noch in Köln und zieht demnächst nach Bensberg. (ub)
Woran ist das Projekt dann gescheitert?
Es kehrt einfach keine Ruhe ein. Ich bekomme von Eltern E-Mails mit Beschwerden, teilweise auch von einzelnen Schülern. Mein Schülersprecher ist jetzt auch noch angegangen worden. Da habe ich die Reißleine gezogen.
Können Sie verstehen, dass der Gedanke einer Zweiklassengesellschaft auftaucht?
Das haben Eltern behauptet. Ich halte das für eine böswillige Unterstellung. Wenn dieses Berufskolleg für irgendetwas steht, dann dafür, dass wir uns um jede und jeden hier kümmern. Der Punkt ist, dass wir die Schüler anleiten wollten, eine Toilette sauber zu halten, damit ein Toilettengang nicht zu einem ekligen Ereignis wird.
Wie lange haben Sie das Projekt vorbereitet?
Das hat ein dreiviertel Jahr gedauert: Bis wir Erkundigungen einzogen haben, auch bei anderen Schulen, die Bezahlmodelle haben oder mal hatten. Als Schule dürfen wir ja nicht als Arbeitgeber auftreten. Und wir haben auch gar keine rechtliche Grundlage dafür, eine Toilettengebühr zu erheben. Das war auch nie unser Ansinnen.
Worum geht es dann?
Wir wollten im Sinne der Solidarität gemeinschaftlich für den Erhalt der neuen Anlage Sorge tragen. Im Grunde handelt es sich ja um Pfennigbeträge. Wenn man das mal hochrechnet. Bei 220 Schultagen kommt man auf einen Betrag von 0,11 Cent am Tag. Ich denke, das ist für Vollzeitschüler ein zumutbarer Betrag.
Sorgt der Schulträger denn nicht dafür, dass die Toiletten gereinigt werden?
Doch. Einmal am Tag und zwar nachmittags nach Schulende. Der Vorteil der ständig anwesenden Toilettenkraft war, dass sie hinter jedem Toilettengang sauber gemacht hat sowie zwischendurch Papier, Seife und Desinfektionsmittel aufgefüllt hat.
Das Regelwerk
Laut Erlass des Schulministerium NRW aus dem Jahr 2009 darf „die Nutzung von Toilettenanlagen an öffentlichen Schulen nicht von der Einrichtung einer Gebühr abhängig gemacht werden.“ Erlaubt sei dagegen eine Finanzierung durch Fördervereine. Auch eine freiwillige Zahlung sei möglich, so wie es das Berufskolleg Bergisch Gladbach handhaben wollte.
Andere Schulen in Rhein-Berg haben Regelungen eingeführt, um Vandalismus zu verhindern. Ein Beispiel ist das Albertus-Magnus-Gymnasium in Bensberg. Der Förderverein finanziert seit 2009 eine 450-Euro-Kraft als Aufsicht. Die Aufgabe besteht aber nicht darin, die WCs zu reinigen. Im Overather Schulzentrum wurde vor zehn Jahren vorübergehend durch eine freiwillige Umlage eine Extra-Reinigung finanziert. Die Klotüren standen aber allen Schülern offen. Amtsleiter Herbert Rijntjes: „Es gab keine »DeLuxe-Lösung«.“ (red)
Warum ist es so, dass offenbar eine Aufsicht nötig ist, damit Schüler sich benehmen?
Ich weiß es nicht. Das ist ja ein Problem, was es an allen Schulen gibt. Vielleicht ist es eine gewisse Unzufriedenheit oder ein Frust, der in allem Möglichen begründet sein kann. Vielleicht ist es auch Langeweile. Hier im Berufskolleg haben wir eine kürzere Verweildauer, vielleicht spielt das auch eine Rolle. Die Schüler bleiben in der Regel zwei bis drei Jahre. Und da entsteht keine richtige Identifikation wie das an den allgemeinbildenden Schulen üblich ist.
Was haben Sie aus der Sache gelernt?
Meine Erkenntnis ist, dass auch ein demokratisch erhobener Beschluss durch die entsprechenden Gremien kein Garant ist dafür, dass ein Projekt durchgeführt werden kann. Wir wollten nur darauf achten, dass die Investition in die neue teure Anlage erhalten bleibt. Ich befürchte, dass die Anlage ohne Aufsicht in ein paar Jahren so aussieht wie vorher.