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Architektur des AufbruchsDie Stadthäuser in Bergisch Gladbach stehen für den Wiederaufbau

Lesezeit 3 Minuten
Eines der beiden Stadthäuser in Bergisch Gladbach: Architektur der 50er Jahre.

Verkannt oder geschätzt? Die Architektur der 50er Jahre ist in Bergisch Gladbach in der Diskussion.

Experten informierten mit Vorträgen über Wert und Bedeutung der Häuser. Denkmalschützer befürchten ihren baldigen Abbruch.

Der Denkmalschutz ist in den 1950er Jahren angekommen und damit auch mittendrin in der Diskussion um Wert und Erhalt oder Aufgabe und Abriss von architektonischen Beispielen aus der Nachkriegszeit. Exemplarisch stehen dafür die beiden Stadthäuser an der Gohrsmühle, nahe der Villa Zanders.

Ihre unsicheren Zukunftsaussichten hat der Bergische Geschichtsverein, Abteilung Rhein-Berg, zum Anlass genommen, die Gebäude im September als Denkmale des Monats zu benenne. Nun folgte die Informations- und Diskussionsveranstaltung „Denkmalschutz in unserer Stadt. Architektur der 50er Jahre im Rheinland“, zu der der Vorsitzende Lothar Eschbach die Gäste im Kunstmuseum Villa Zanders, vis à vis der Stadthäuser, begrüßte.

Die Stadthäuser in Bergisch Gladbach stehen für einen Neuanfang

„Die Stadthäuser sind wichtige Identifikationsorte und stehen für den demokratischen Neuanfang der Bundesrepublik Deutschland“, erklärte Prof. Stefanie Lieb, Architekturwissenschaftlerin der Universität Köln, die Bedeutung der Nachkriegszeit für die Architekturgeschichte. 50er Jahre Bauten seien von funktionalem und ästhetischem Wert, Zeugnisse einer Ära, in der Gesellschaft und Architektur nach den Erfahrungen der nationalsozialistischen Zeit humanisiert und demokratisiert werden sollten.

Die Vernichtung von baulichen Zeugnissen der 50er Jahre führe bei nachfolgenden Generationen zu einer Dokumentationslücke in der Architektur. Es lohne sich daher, so Lieb, die Stadthäuser noch einmal neu anzuschauen, ihre baulichen Werte neu zu entdecken und nach neuen Nutzungen zu suchen. Büros seien in der zentralen Lage der Stadthäuser ebenso möglich wie der Umbau zu Mehrgenerationenprojekten oder Sozialwohnungen.

Denkmalschützer befürchten den Abriss der Häuser

Dass die Nutzung stets Sinn machen müsse, betonte auch Ragna Migenda, Beigeordneter der Stadt, in seinem Grußwort und hob gleichzeitig den Wert des Denkmalschutzes hervor. Da die Stadt einen Ratsbeschluss gefasst hat, die Büros in den Stadthäusern künftig aufzugeben und in das ehemalige AOK-Gebäude an der Bensberger Straße umzuziehen, sehen Denkmalschützer allerdings die Gefahr, dass die Stadthäuser abgerissen werden könnten. Ein von der Stadt in Auftrag gegebenes Gutachten hatte die Sanierungsbedürftigkeit der Gebäude konstatiert.

Ein Treppenhaus, dass sicn wie eine Spirale nach oben windet.

Kunst oder Treppenhaus? Die Stadthäuser zeigen typische Merkmale der 50er Jahre Architektur.

Der Architekt Dr. Norbert Stannek widersprach der Ansicht, die Stadthäuser sein marode. Er hob vielmehr ihre baulichen Qualitäten hervor: „So etwas kann heute kaum noch jemand herstellen“, sagte er mit Blick auf den Haupteingang des Finanzamtes, mit den Originaltüren und Fenstereinfassungen.

Auch der Boden aus bunten Steinplatten sei nach 70 Jahren noch makellos, die kunstvoll geschwungenen Treppenhäuser aus regionalem Naturwerkstoff ebenso bemerkenswert wie das wiederentdeckte und inzwischen denkmalgeschützte Wandgemälde von Eberhard Schlotter. „Die Fassaden beider Stadthäuser weisen auch nach 70 Jahren keine Mängel auf, keine Hohlräume, keine Fugenausbrüche, keine Fehlstellen“, so Stannek. Der innere Aufbau des Stahlbeton-Skelettbaus erlaube die problemlose Entfernung von Zwischenwänden und somit viel Freiheit der Raumgestaltung im Falle eine zukünftigen Umnutzung.